Zwei ERC-Grants gehen ins Deutsche Krebsforschungszentrum

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), 06.12.2011
Pressemitteilung vom: 06.12.2011 von der Firma Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) aus Heidelberg

Kurzfassung: Heidelberg - Gleich zwei Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erhalten einen der prestigeträchtigen ERC Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates. Ausgezeichnet wurde ein Projekt von Prof. Michael Boutros, der erstmals ...

[Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) - 06.12.2011] Zwei ERC-Grants gehen ins Deutsche Krebsforschungszentrum


Heidelberg - Gleich zwei Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erhalten einen der prestigeträchtigen ERC Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates. Ausgezeichnet wurde ein Projekt von Prof. Michael Boutros, der erstmals das Zusammenspiel aller Gene in den Zellen eines höheren Organismus darstellen will. Prof. Bruno Kyewski erhält die ERC-Förderung, um zu untersuchen, wie Immunzellen Toleranz gegen körpereigene Strukturen erlernen.

Der 2007 eingerichtete Europäische Forschungsrat fördert die grundlagenorientierte Forschung, um visionäre Projekte voranzutreiben und neue interdisziplinäre Wissensgebiete zu erschließen. Für herausragende, bereits etablierte Forscher schreibt der Rat jährlich die "ERC Advanced Grants" aus, über deren Vergabe in einem hoch kompetitiven Verfahren entschieden wird. "Es ist ein großartiger Erfolg für das Deutsche Krebsforschungszentrum, dass bei der diesjährigen Ausschreibungsrunde zwei unserer Wissenschaftler ausgewählt wurden", sagt Prof. Dr. Otmar D. Wiestler, der Vorstandsvorsitzende des DKFZ.

Einer der beiden Ausgezeichneten ist der Molekularbiologe Prof. Dr. Michael Boutros, dessen Abteilung sowohl im Deutschen Krebsforschungszentrum als auch an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg angesiedelt ist. Boutros will in dem vom ERC geförderten Projekt erstmalig eine genetische Interaktionskarte erstellen, um die Wechselwirkungen zwischen Genen grundlegend zu verstehen.

Ob bestimmte Genmutationen oder Genvarianten bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen, ist häufig schwer nachzuweisen: Verschiedene Gene können sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken, abschwächen oder sogar ganz neutralisieren. Daher hängt die Auswirkung einzelner Erbgutvarianten oft davon ab, ob auch andere Gene betroffen sind. Michael Boutros und Kollegen entwickelten eine Methode, um diese Kombinationseffekte aufzudecken. Mit der so genannten RNA-Interferenz schalteten sie Gene einzeln und in allen paarweisen Kombinationen aus. Indem die Forscher systematisch alle Wechselwirkungen zwischen wichtigen Genen katalogisieren, erhalten sie für jedes Gen eine detaillierte Liste von Interaktionspartnern, ähnlich einer Freundesliste in einem Facebook-Profil. Wenn Nutzer von Facebook die gleichen Freunde haben, kann man davon ausgehen, dass sie sich kennen - auch dann, wenn sie selbst nicht "Facebook-Freunde" sind. Übertragen auf
die Situation im Erbgut kann man durch den Vergleich ihrer Interaktionsprofile vorhersagen, welche Gene eine gemeinsame Funktion ausüben.

An Krebszellen und an Zellen der Fliege Drosophila wollen die Forscher diese Wechselwirkungen im gesamten Erbgut erfassen. Dabei interessieren sie sich besonders für das Zusammenspiel von Genen, die an zellulären Signalwegen beteiligt sind, denn die fehlerhafte Übertragung von Wachstumssignalen spielt eine wesentliche Rolle bei der Krebsentstehung. Der ERC fördert das Vorhaben über fünf Jahre mit rund 2,5 Millionen Euro.

Michael Boutros studierte Biologie und Biochemie in Aachen, Witten/Herdecke und New York. Anschließend forschte er am EMBL, an der Harvard Medical School und seit 2003 im Deutschen Krebsforschungszentrum, wo er die Abteilung Signalwege und funktionelle Genomik leitet.

Der Immunologe Prof. Dr. Bruno Kyewski untersucht die grundlegende Eigenschaft des Immunsystems, die Fähigkeit, zwischen Fremd und Selbst zu unterscheiden. Ist diese Fähigkeit gestört, kommt es zu den so genannten Autoimmunerkrankungen. Die Toleranz gegenüber körpereigenen Proteinen erlernen die T-Zellen des Immunsystems in der Thymusdrüse. Einen zentralen Aspekt der Toleranzentstehung konnte Kyewski in den letzten Jahren aufklären: Körperzellen bilden normalerweise nur solche Proteine, die sie für ihre jeweiligen Aufgaben brauchen. Die Zellen des Thymusepithels jedoch, so fand Kyewski heraus, bilden zusätzlich eine Vielzahl an Eiweißen, die sie selbst nicht benötigen und von denen man bislang annahm, dass sie ausschließlich in anderen Körperzellen gebildet werden. Mit diesem molekularen Trick kann das Thymusepithel den Immunzellen ein enormes Spektrum an körpereigenen Proteinen präsentieren.

Bereits bei vier Autoimmunerkrankungen zeigten Kyewski und Kollegen, dass die Toleranzentwicklung gestört ist, wenn ein bestimmtes Körpereiweiß im Thymus nicht ausreichend präsentiert wird. Den ERC-Grant von 2 Millionen Euro über fünf Jahre erhält der Immunologe, um diese ungewöhnliche Eigenschaft der Thymusepithelzellen genauer zu untersuchen. Er will verstehen, wie die Bildung von gewebefremden Körpereiweißen im Thymus reguliert ist. Mindestens 10 bis 20 Prozent aller Gene des menschlichen Erbguts werden von den Thymusepithelzellen abgelesen und in Proteine übersetzt. Jede einzelne dieser Zellen hat daran aber nur einen Anteil von etwa ein bis drei Prozent. Woher "weiß" eine Thymusepithelzelle also, für welche Proteine sie verantwortlich ist? Steckt ein bestimmtes Muster dahinter oder ist dies dem Zufall überlassen? Diese Fragen sind auch für die Krebsforschung von großem Interesse, denn auc
h die Toleranz gegenüber Tumorantigenen erlernen die Immunzellen durch das Thymusepithel.

Bruno Kyewski studierte Humanmedizin in Bonn und Zürich. Anschließend forschte er am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg und an der Stanford University, USA. Seit 1984 arbeitet er im Deutschen Krebsforschungszentrum, wo er seit 2004 die Abteilung Entwicklungsimmunologie leitet.


Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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