LINDNER-Interview für das "Hamburger Abendblatt (12.12.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 12.12.2011
Pressemitteilung vom: 12.12.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab dem "Hamburger Abendblatt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte KARSTEN KAMMHOLZ: Frage: Herr Lindner, verraten Sie uns, wie Sie Ihr Geld anlegen? LINDNER: Seit ich ...

[FDP - 12.12.2011] LINDNER-Interview für das "Hamburger Abendblatt" (12.12.2011)


Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab dem "Hamburger Abendblatt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte KARSTEN KAMMHOLZ:

Frage: Herr Lindner, verraten Sie uns, wie Sie Ihr Geld anlegen?

LINDNER: Seit ich Schüler bin, lege ich regelmäßig etwas zurück. Breit gestreut vom Sparbuch bis zu Aktien.

Frage: Haben Sie Angst um Ihr Erspartes?

LINDNER: Nein. Meine Sorge gilt der wirtschaftlichen Entwicklung und der Währungsunion insgesamt. Wir erleben die Geburtswehen eines neuen Europas. Mit schmerzhaften Lernprozessen.

Frage: Fast jeder zweite Deutsche fürchtet eine Inflation. Was raten Sie Bürgern, die Ihr Erspartes auf den Konten lagern?

LINDNER: Sorry, ich bin kein Anlageberater. Helmut Schmidt hat mal gesagt, Inflation sei eher auszuhalten als Arbeitslosigkeit. Wer so denkt, der bekommt beides. Deshalb kämpfen wir gegen Inflation, weil das eine schleichende Enteignung ist. Und wir sorgen für sichere Arbeitsplätze, indem wir die Steuererhöhungen für den Mittelstand verhindern, die aus der rot-grünen Umverteilungsküche aufgetischt werden sollen.

Frage: Stellen Sie die Ergebnisse des EU-Gipfels zufrieden?

LINDNER: In einigen Jahren wird man diese als Durchbruch zu einer Stabilitätsunion bewerten. Europa hat sich auf einen marktwirtschaftlichen Weg verständigt. Wettbewerbsfähigkeit und Entschuldung sind wichtiger als die alte Gefälligkeitspolitik. Die ersten Konturen dieser Stabilitätsunion sind also liberal und nicht sozialdemokratisch. Diesen europäischen Moment müssen wir nutzen, um weitere mutige Schritte in diese Richtung zu gehen.

Frage: Können Sie nachvollziehen, warum der britische Premier David Cameron da nicht mitzieht?

LINDNER: Die Selbstisolation der Briten ist bedauerlich. Wir sollten ihnen eine Tür zur Rückkehr offen halten. Camerons Rücksichtnahme auf die britische Finanzindustrie ist mir zu kurzfristig gedacht. Er müsste wissen, dass Reformen im Interesse eines weltweit stabilen Finanzsystems unerlässlich sind – auch für die Londoner City. Wir müssen weg vom Vollkasko-Kapitalismus, bei dem Banken sich gegen jedes eigene Risiko versichert und mehr auf Rating-Agenturen gehört haben als auf den gesunden Menschenverstand. Das hat die Krise verschärft. Das neue Leitbild sollte ein Verantwortungs-Kapitalismus sein, bei dem jeder für Entscheidungen einsteht.

Frage: Herr Lindner, sind FDP-Mitglieder von eher träger Natur?

LINDNER: Nein. Die haben in diesen Tagen eher einen besonderen Bekennermut.

Frage: Am Dienstag endet der FDP-Mitgliederentscheid über die Einführung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM. Weitaus weniger Mitglieder als erwartet beteiligen sich.

LINDNER: Die Nichtbeteiligung ist auch eine Entscheidung. Viele sehen offensichtlich keinen Bedarf, den Euro-Kurs der FDP zu korrigieren. Ich habe dafür Verständnis. Schließlich haben die Gipfelergebnisse die Strategie der Koalition bestätigt.

Frage: Das vom Bundesvorstand erhoffte pro-europäische Signal bleibt auch aus.

LINDNER: Wir haben uns auf unseren Bundesparteitagen und im Bundestag zu Europa bekannt, als die SPD sich im Bundestag nur enthalten hat. Entscheidend ist, dass die FDP diese Politik fortsetzt. Die chinesische Philosophie kennt den Grundsatz des Wu wei – Handeln durch Nichthandeln. So haben viele Mitglieder gedacht.

Frage: Parteien brauchen doch kein Wu wei, sondern die Fähigkeit zur Mobilisierung.

LINDNER: Das einzelne Mitglied kann durch die taktische Nichtbeteiligung weise handeln. Und die Partei hat in kurzer Zeit fast 200 Veranstaltungen gestemmt. Das ist ein Beleg unserer Kampagnenfähigkeit.

Frage: Sind Sie dem Initiator der Abstimmung Frank Schäffler eigentlich dankbar?

LINDNER: Die Gelegenheit zu einer breiten Diskussion über Europa war willkommen. Aber ich kann Frank Schäffler sicher nicht dafür danken, dass er uns europapolitisch isolieren will. Er ist so etwas wie der David Cameron der FDP.

Frage: Immerhin hat er mehr innerparteiliche Demokratie eingefordert.

LINDNER: ...und als einzige Partei diskutieren wir ja auch vor Ort. Zur innerparteilichen Demokratie gehört aber auch Stil. Da hätte ich erwartet, dass sich Frank klarer von manchem seiner Unterstützer distanziert.

Frage: Wen meinen Sie?

LINDNER: Ich will ausdrücklich nicht alle seine Unterstützer kritisieren. Darunter sind aber manche, die sich als Glaubenskongregation des Liberalismus aufspielen. Er hat leider auch Europaskeptiker angezogen, die nicht zur FDP passen.

Frage: Was geschieht mit der Koalition, wenn sich der Schäffler-Antrag durchsetzt?

LINDNER: Das Grundgesetz kennt kein imperatives Mandat. Aber jeder Abgeordnete wird sich mit dem Votum auseinandersetzen.

Frage: Ihr Parteifreund Daniel Bahr kann sich nicht vorstellen, wie die Regierung bei einem Schäffler-Sieg noch weiterarbeiten soll.

LINDNER: Ein schlichtes Nein der Bundestagsfraktion zum ESM würde natürlich die Frage aufwerfen, ob die Liberalen sich ihrer Verantwortung in der Regierung bewusst sind. Aber wie gesagt, weder gibt es ein imperatives Mandat, noch erwarte ich dieses Ergebnis.

Frage: Wenn Sie auf 2011 zurückblicken, an welches liberale Erfolgserlebnis erinnern Sie sich?

LINDNER: Oh, wie viel Zeit haben wir?

Frage: Sie können von liberalen Erfolgen berichten?

LINDNER: Die rufe ich Ihnen gerne in Erinnerung. Wir haben Fortschritte beim Abbau der Neuverschuldung gemacht. Wir haben mit der Reduzierung der kalten Progression die Steuergerechtigkeit gestärkt. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die Internetzensur gestoppt. Guido Westerwelle hat den Weg für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung in Afghanistan 2014 geebnet. Wir haben eine kapitalgedeckte Vorsorge bei der Pflegeversicherung beschlossen. Und wir realisieren die Aussetzung der Wehrpflicht, wie wir sie seit dem Jahr 2000 angestrebt haben.

Frage: Die Niederlagen – vor allem bei den Wahlen – überwiegen. Haben Sie sich den Neuanfang nach Guido Westerwelle wirklich so vorgestellt?

LINDNER: Wir wussten doch, dass die neue Führung um Philipp Rösler und Rainer Brüderle mehr Zeit braucht, um verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Vertrauen verliert man im Galopp, es kehrt zu Fuß zurück.

Frage: Was ist das FDP-Projekt für 2012?

LINDNER: Die Neudurchsetzung der Soziale Marktwirtschaft. Inzwischen steht die FDP in der politischen Mitte ziemlich allein da. Das ist eine Gefahr für Deutschland – aber auch eine Chance für uns. Die CDU spricht vorwiegend über Mindestlohn und Frauenquote. Die SPD will die Menschen mit Steuern und höheren Rentenbeiträgen belasten. Die Grünen wollen überall Verbotsschilder. Die Piraten haben eine Umsonst-Mentalität: Rente von Geburt an für jeden. Alle Parteien drehen nach links, oder um bei den Piraten zu bleiben: auf hart Backbord. Wer sorgt sich noch darum, wie das alles erwirtschaftet wird? Welche Partei bleibt in der Mitte übrig? Wir.

Frage: Ein Projekt für die Koalition wird sein, den rot-grün dominierten Bundesrat von Steuerentlastungen zu überzeugen. Wie soll Ihnen das gelingen?

LINDNER: Bei der Beseitigung der kalten Progression geht es darum, heimliche Steuererhöhungen für die arbeitende Mitte zu verhindern – Rot und Grün stellen sich dem in den Weg. Auf diese Auseinandersetzung freue ich mich. Das wird eine Delikatesse.

Frage: Rot-Grün will doch auch Steuererhöhungen.

LINDNER: Bekannt ist, dass SPD und Grüne den Spitzensteuersatz anheben wollen. Gefährlich. Aber auch das heimliche Abkassieren von Gering- und Normalverdienern tolerieren sie. Das ist neu und widerspricht der Steuergerechtigkeit. Für Hartz-IV-Empfänger haben wir eine Orientierung an der Preisentwicklung vereinbart – mit Zustimmung von Rot-Grün. Aber die Leute, die von ihrem Selbstverdienten etwas an den Staat abgeben, sollen weiter unter der Inflation leiden? Diesen Verrat sollen SPD und Grüne ihren Wählern erklären.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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