Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
- Pressemitteilung der Firma Bundesgerichtshof (BGH), 07.02.2012
Pressemitteilung vom: 07.02.2012 von der Firma Bundesgerichtshof (BGH) aus Karlsruhe
Kurzfassung: Das Landgericht Augsburg hat den Angeklagten mit Urteil vom 8. April 2010 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen – insgesamt wurden mehr als 1,1 Mio. Euro hinterzogen – zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung ...
[Bundesgerichtshof (BGH) - 07.02.2012] Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
Das Landgericht Augsburg hat den Angeklagten mit Urteil vom 8. April 2010 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen – insgesamt wurden mehr als 1,1 Mio. Euro hinterzogen – zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof auf die mit dem Ziel höherer Bestrafung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
1. Der Angeklagte war im Jahr 2001 Mitgesellschafter und Geschäftsführer der P. GmbH. Diese und eine weitere Gesellschaft verkaufte er an die T. AG für 80 Mio. (damals noch) DM. Zusätzlich zum gezahlten Kaufpreis erhielt er Aktien der T. AG im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür, dass er der T. AG den Kauf auch der anderen Gesellschaftsanteile ermöglicht hatte. Dieses Aktienpaket deklarierte er in seiner Einkommensteuererklärung wahrheitswidrig als weiteres Kaufpreiselement. Dadurch erlangte er die günstigere Versteuerung nach dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren für Veräußerungserlöse, so dass für das Jahr 2002 Einkommensteuer in Höhe von mehr als 890.000 Euro verkürzt wurde.
2. Der Angeklagte war auch nach der Veräußerung weiter Geschäftsführer der P. GmbH, wofür ihm im Jahr 2006 auch Tantiemen in Höhe von mehr als 570.000 Euro zustanden. Um die dafür zu entrichtende Lohnsteuer zu hinterziehen, veranlasste er – als "Gegenleistung" für einen "Verzicht" auf die Tantiemen – deren "Schenkung" an seine Ehefrau und seine Kinder unter Fertigung falscher Unterlagen. Die an sich fällige Lohnsteuer wurde dadurch in Höhe von 240.000 Euro verkürzt.
Das Landgericht hat zwar in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr.1 AO) angenommen. Die Strafzumessung des Landgerichts weist aber durchgreifende Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf. Das Ausbleiben strafschärfender Umstände wurde mildernd berücksichtigt. Gewichtige Strafzumessungsgesichtspunkte, die die Strafkammer festgestellt hat (z.B. das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen) blieben bei der Strafzumessung außer Betracht. Die Urteilsgründe lassen besorgen, die Strafkammer habe sich rechtsfehlerhaft bei der Einzelstrafbildung maßgeblich von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen. Nach der gesetzgeberischen Wertung zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (von im Höchstmaß zwei Jahren) nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08; vgl. Pressemitteilung Nr. 221/08); solche hat das Landgericht hier nicht ausreichend dargetan.
Urteil vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11
LG Augsburg – Urteil vom 8. April 2011 – 2 KLs 501 Js 124133/07
Karlsruhe, den 7. Februar 2012
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Das Landgericht Augsburg hat den Angeklagten mit Urteil vom 8. April 2010 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen – insgesamt wurden mehr als 1,1 Mio. Euro hinterzogen – zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof auf die mit dem Ziel höherer Bestrafung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
1. Der Angeklagte war im Jahr 2001 Mitgesellschafter und Geschäftsführer der P. GmbH. Diese und eine weitere Gesellschaft verkaufte er an die T. AG für 80 Mio. (damals noch) DM. Zusätzlich zum gezahlten Kaufpreis erhielt er Aktien der T. AG im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür, dass er der T. AG den Kauf auch der anderen Gesellschaftsanteile ermöglicht hatte. Dieses Aktienpaket deklarierte er in seiner Einkommensteuererklärung wahrheitswidrig als weiteres Kaufpreiselement. Dadurch erlangte er die günstigere Versteuerung nach dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren für Veräußerungserlöse, so dass für das Jahr 2002 Einkommensteuer in Höhe von mehr als 890.000 Euro verkürzt wurde.
2. Der Angeklagte war auch nach der Veräußerung weiter Geschäftsführer der P. GmbH, wofür ihm im Jahr 2006 auch Tantiemen in Höhe von mehr als 570.000 Euro zustanden. Um die dafür zu entrichtende Lohnsteuer zu hinterziehen, veranlasste er – als "Gegenleistung" für einen "Verzicht" auf die Tantiemen – deren "Schenkung" an seine Ehefrau und seine Kinder unter Fertigung falscher Unterlagen. Die an sich fällige Lohnsteuer wurde dadurch in Höhe von 240.000 Euro verkürzt.
Das Landgericht hat zwar in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr.1 AO) angenommen. Die Strafzumessung des Landgerichts weist aber durchgreifende Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf. Das Ausbleiben strafschärfender Umstände wurde mildernd berücksichtigt. Gewichtige Strafzumessungsgesichtspunkte, die die Strafkammer festgestellt hat (z.B. das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen) blieben bei der Strafzumessung außer Betracht. Die Urteilsgründe lassen besorgen, die Strafkammer habe sich rechtsfehlerhaft bei der Einzelstrafbildung maßgeblich von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen. Nach der gesetzgeberischen Wertung zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (von im Höchstmaß zwei Jahren) nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08; vgl. Pressemitteilung Nr. 221/08); solche hat das Landgericht hier nicht ausreichend dargetan.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, d.h. der Zivil- und Strafrechtspflege, die in den unteren Instanzen von den zur Zuständigkeit der Länder gehörenden Amts-, Land- und Oberlandesgerichten ausgeübt wird.
Im Anschluss an die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 wurde am 1. Oktober 1950 der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingerichtet.
Der Bundesgerichtshof ist – bis auf wenige Ausnahmen – Revisionsgericht. Er hat vor allem die Sicherung der Rechtseinheit durch Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und die Fortbildung des Rechts zur Aufgabe.
Der Bundesgerichtshof ist in 12 Zivilsenate und fünf Strafsenate mit insgesamt 127 Richterinnen und Richtern aufgegliedert. Hinzu kommen acht Spezialsenate, nämlich die Senate für Landwirtschafts-, Anwalts-, Notar-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, der Kartellsenat und das Dienstgericht des Bundes.
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