Alphabetisierungs- und Grundbildungstrategie braucht mehr Power

  • Pressemitteilung der Firma SPD-Bundestagsfraktion, 08.02.2012
Pressemitteilung vom: 08.02.2012 von der Firma SPD-Bundestagsfraktion aus Berlin

Kurzfassung: Anlässlich des öffentlichen Fachgesprächs zum Thema "Alphabetisierung" im Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung erklären der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPDBundestagsfraktion Ernst Dieter Rossmann und der ...

[SPD-Bundestagsfraktion - 08.02.2012] Alphabetisierungs- und Grundbildungstrategie braucht mehr Power


Anlässlich des öffentlichen Fachgesprächs zum Thema "Alphabetisierung" im Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung erklären der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPDBundestagsfraktion Ernst Dieter Rossmann und der zuständige Berichterstatter Oliver Kaczmarek:

Die Sachverständigen haben beim öffentlichen Fachgespräch noch einmal deutlich gemacht: Wenn wir die 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland nicht am Rande der Gesellschaft lassen wollen, brauchen wir mehr Engagement, Kooperation und finanziellen Einsatz.

Was bisher vorliegt, ist entschieden zu wenig.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb einen umfassenden Alpha-Pakt für Grundbildung. Bund, Länder und Kommunen sowie die Sozialpartner und die Bundesagentur für Arbeit müssen gemeinsam und entschlossen handeln, um Menschen mit unzureichender Grundbildung zu unterstützen. Allein der Bund soll dafür mittelfristig 50 Millionen Euro im Jahr bereitstellen, beginnend mit 25 Millionen Euro in 2012. Entsprechende Anträge hatte die SPD-Bundestagsfraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen gestellt.

Im Einzelnen fordern wir:
Gemeinsam mit den Ländern müssen in konkreten Schritten mindestens 100.000 Kursplätze bereit gestellt werden, damit die Betroffenen eine realistische Chance auf gesellschaftliche Teilhabe erhalten. Zur Zeit können nur rund 20.000 Menschen an Alphabetisierungskursen teilnehmen. Die Bundesregierung muss in ihrer Nationalen Strategie die Länder und damit auch die Kommunen in deren Alphabetisierungsarbeit tatkräftig finanziell unterstützen. Auch aus diesem Grund muss das unsinnige Kooperationsverbot endlich fallen. Die Bundesbildungsministerin sollte für eine langfristige finanzielle Unterstützung der wichtigsten Alphabetisierungsträger sorgen, damit sie ihre wertvolle Arbeit dauerhaft leisten können. Alphabetisierung und Grundbildung sind auch Aufgabe einer präventiven Beschäftigungsförderung. Wir fordern deshalb ein Umdenken bei der Bundesagentur für Arbeit, die sich aktiv in den Pakt für Alphabetisierung und Grundbildung einbringen muss. Denn Alphabetisierung ist nicht nur allgemeine Bildung, sondern dient der Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit und ist deshalb auch Teil der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Wir erwarten insbesondere auch von der Wirtschaft in diesem Zusammenhang ein besonderes Engagement. Denn angesichts des drohenden Fachkräftemangels kann es sich auch die Wirtschaft nicht leisten, dass aktuell 14,5 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter von wichtigen Arbeitsprozessen ausgeschlossen bleiben, weil sie kaum lesen und schreiben können. Notwendig ist auch eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne zur Motivation der Betroffenen und zur Sensibilisierung ihres Umfeldes. Schließlich fordern wir mehr Prävention durch den Ausbau der Leseförderung und mehr Investitionen in die Schulbildung, damit kein Jugendlicher die Schule ohne Abschluss beziehungsweise mit erheblichen Lernschwächen verlässt. Wenn Deutschland ernsthaft den Anspruch einer "Bildungsrepublik" hat, muss die Bekämpfung des Analphabetismus endlich und ernsthaft auf die bildungspolitische Agenda gesetzt werden. Das nächste Jahrzehnt muss im Zeichen einer nationalen Alphabetisierungsstrategie stehen.

Wir müssen durchgreifende Fortschritte erzielen wie es andere Staaten, zum Beispiel England oder Frankreich, bereits erfolgreich vorführen.

Alphabetisierung ist eine Gemeinschaftsaufgabe jenseits von politischen Ideologien und verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten. Wir dürfen die Probleme der 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten nicht länger verdrängen, nur weil die Menschen, die es betrifft, keine Lobby haben, um auf sich aufmerksam zu machen. Im Gegenteil: Das Tabu des Analphabetismus muss jetzt fallen und die Betroffenen müssen eine Chance bekommen, "Gesicht" zu zeigen und Unterstützung zu erhalten, in ihrem Interesse und im Interesse der Allgemeinheit.


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