Vorschriften zur Legehennenhaltung verfassungswidrig
- Pressemitteilung der Firma Bundesverfassungsgericht, 02.12.2010
Pressemitteilung vom: 02.12.2010 von der Firma Bundesverfassungsgericht aus Karlsruhe
Kurzfassung: Auf den Normenkontrollantrag der Landesregierung Rheinland-Pfalz hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 die Regelung zur Kleingruppenhaltung von Legehennen (§ 13b TierSchNutztV) für mit dem ...
[Bundesverfassungsgericht - 02.12.2010] Vorschriften zur Legehennenhaltung verfassungswidrig
Auf den Normenkontrollantrag der Landesregierung Rheinland-Pfalz hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 die Regelung zur Kleingruppenhaltung von Legehennen (§ 13b TierSchNutztV) für mit dem Grund¬gesetz unvereinbar erklärt. Ebenfalls für unvereinbar erklärt wurden die zugehörigen Über¬gangsregelungen (§ 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der zur Prüfung gestellten Fassung, zwischenzeitlich § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV). Eine Neuregelung muss bis zum 31. März 2012 erfolgen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1999 die Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987 für nichtig erklärt, weil es die Flächenvorgaben für die in dieser Verordnung vorgesehene konventionelle Käfighaltung für unvereinbar mit den Anforderungen des Tierschutzgesetzes erachtete; zudem sah es das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verletzt (BVerfGE 101, 1).
Zur Schließung der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entstandenen Regelungslücke und zur Umsetzung einer kurz nach dem Urteil erlassenen EG-Richt¬linie (Richtlinie 1999/74/EG) wurde im Februar 2002 die Tierschutz-Nutztierhaltungs¬verordnung um Bestimmungen für das Halten von Legehennen ergänzt. Mit dieser Ergänzung wurde die konventionelle Käfighaltung abgeschafft. Auch sogenannte "ausgestaltete Käfige" nach der Richtlinie 1999/74/EG (größere Käfige, die zudem über eine bestimmte Ausstattung - Sitzstangen, Nest, Scharrfläche - verfügen mussten) wurden nicht zugelassen. Als Haltungsformen waren nur noch die Boden- und die Volièrenhaltung vorgesehen.
Aufgrund eines Maßgabebeschlusses des Bundesrates wurden die Haltungsanforderungen für Legehennen und die zugehörigen Übergangsfristen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 erneut geändert. Die Käfighaltung wurde wieder eingeführt, allerdings nicht mehr in Form der konventionellen Käfige, sondern in Form der sogenannten Kleingruppenhaltung (§ 13b TierSchNutztV), deren Anforderungen über die Mindestanforderungen nach der Richtlinie 1999/74/EG hinausgehen. Die Übergangsvorschriften wurden großzügiger ausgestaltet.
Gegen diese Bestimmungen - in einer inhaltlich unveränderten späteren Verordnungsfassung - richtet sich der Normenkontrollantrag, der das Verfahren des Zustandekommens der Vorschriften beanstandet und geltend macht, die vorgesehenen Haltungsbedingungen seien tierschutzwidrig.
Ursprünglich war vorgesehen gewesen, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur durch Einfügung von Bestimmungen zur Schweinehaltung zu ändern. Dieser Änderung stimmte der Bundesrat jedoch im April 2006 nur mit der Maßgabe zu, dass auch die genannten Bestimmungen zur Legehennenhaltung eingefügt würden. Der Text der geplanten Neuregelung in der Fassung des Maßgabebeschlusses des Bundesrates vom April 2006 wurde der Europäischen Kommission noch im April 2006 notifiziert. Das Kabinett nahm den Maßgabebeschluss des Bundesrates Anfang Mai 2006 zustimmend zur Kenntnis. Danach wurde die Tierschutzkommission beteiligt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften halten sich nicht im Rahmen der nach Art. 80 Abs. 1 GG erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, weil die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz (§ 16b TierSchG) erforderlichen Weise angehört wurde. Sieht das Gesetz für den Erlass einer Norm ein Anhörungserfordernis vor, so zielt es darauf, dass das Ergebnis der Anhörung als informatorische Grundlage in die Abwägungsentscheidung des Normgebers einfließt. Die Anhörung ist nicht ordnungsgemäß, wenn sie nur pro forma durchgeführt wird, ohne dass beim Normgeber noch die Möglichkeit oder Bereitschaft besteht, das Ergebnis in der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall wurde die Anhörung nicht beratungsoffen durchgeführt.
Bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission hatte das Kabinett den Maßgabebeschluss des Bundesrates vom April 2006 zustimmend zur Kenntnis genommen. Ebenfalls bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission war die Notifizierung an die Europäische Kommission erfolgt. Die Bundesregierung hat sich mit einem auf Staatssekretärsebene gefassten Beschluss vom Januar 2005, den sie im vorliegenden Verfahren vorgelegt hat, über wesentliche Modalitäten der Notifizierung verständigt. Üblich ist es danach, Verordnungsentwürfe erst nach den erforderlichen Anhörungen zu notifizieren und erst im Anschluss daran das Kabinett zu befassen. Ein Vorziehen der Notifizierung oder der Kabinettsbefassung vor die vorgesehenen Anhörungen ist dagegen für keinen Fall vorgesehen.
Wenn demgegenüber im vorliegenden Fall die Tierschutzkommission erst befasst wurde, nachdem der Verordnungsentwurf sowohl durch das Kabinett gegangen als auch der Europäischen Kommission notifiziert worden war, spricht dies dafür, dass der Verordnungsinhalt zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission bereits beschlossene Sache war.
Dies wird bestätigt und bekräftigt durch die besondere Lage, die mit dem Maßgabebeschluss des Bundesrates entstanden war. Die in § 65 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien normativ aufgenommene Praxis solcher Maßgabebeschlüsse ist verfassungsrechtlich als solche nicht zu beanstanden. Welche Grenzen des Sachzusammenhangs dabei gewahrt bleiben müssen und was die Konsequenzen einer Überschreitung dieser Grenzen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Beschluss zeigt, dass zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission die für eine Anhörung erforderliche inhaltliche Offenheit nicht mehr gegeben war. Das Verordnungsverfahren stand, nachdem die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof im Jahr 2005 wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt worden war, auch in zeitlicher Hinsicht unter Anpassungsdruck. Unter diesem Druck konnte das zuständige Ministerium sich dem Ansinnen des Bundesrates nicht entziehen. Dass das Verfahren infolgedessen unter dem Eindruck gestaltet war, man befinde sich unter einem faktischen Zwang, die Verordnung mit den vom Bundesrat gewünschten Inhalten zu erlassen, zeigt sich nicht nur darin, dass von den im Beschluss der Staatssekretäre vom Januar 2005 vorgesehenen Abfolgen von Anhörung, Notifizierung und Kabinettsbefassung abgewichen wurde, sondern auch darin, dass entgegen der Empfehlung dieses Beschlusses, zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen erst nach Ablauf der Stillhaltefrist des Notifizierungsverfahrens dem Bundesrat zuzuleiten, im vorliegenden Fall die Notifizierung im Anschluss an das Bundesratsverfahren erfolgte. Ein Maßgabebeschluss des Bundesrates führt nicht dazu, dass ein im Gesetz für den Erlass einer Rechtsverordnung vorgesehenes Anhörungserfordernis seine Geltung verliert. Vielmehr darf, wenn der Maßgabebeschluss wesentliche Änderungen vorsieht, die Verordnung mit den vorgesehenen Änderungen erst nach erneuter Anhörung erlassen werden. Auch der Zeitdruck, unter dem der Verordnungsgeber sich im Hinblick auf die notwendige Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben befand, kann eine solche Abweichung von den verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht rechtfertigen. Es ist Sache der zuständigen Normsetzungsorgane, notwendige Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien so frühzeitig einzuleiten, dass das nationale Rechtsetzungsverfahren gemäß den verfahrensrechtlichen Vorgaben des deutschen Rechts durchgeführt werden kann.
2. Mit dem Verstoß gegen das Anhörungserfordernis hat der Verordnungsgeber auch Art. 20a GG verletzt.
Art. 20a GG verpflichtet die staatliche Gewalt zum Schutz der Tiere. Als Belang von Verfassungsrang ist der Tierschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen. Den normsetzenden Organen, die dem Staatsziel Tierschutz mit geeigneten Vorschriften Rechnung zu tragen haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Hat allerdings der Gesetzgeber in Ausfüllung dieses Gestaltungsspielraums das Ermessen des Verordnungsgebers durch Verfahrensvorschriften beschränkt, die gerade das Zustandekommen materiell tierschutzgerechter Ergebnisse des Normsetzungsverfahrens fördern sollen und damit dem Staatsziel Tierschutz dienen, so ist nicht nur einfaches Recht, sondern zugleich Art. 20a GG verletzt, wenn nicht wie gesetzlich vorgegeben verfahren wird. Eine Verordnung, die unter Verstoß gegen das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erlassen wurde, verletzt danach zugleich Art. 20a GG.
Kontakt:
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
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Fax: 0721/9101-382
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Auf den Normenkontrollantrag der Landesregierung Rheinland-Pfalz hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 die Regelung zur Kleingruppenhaltung von Legehennen (§ 13b TierSchNutztV) für mit dem Grund¬gesetz unvereinbar erklärt. Ebenfalls für unvereinbar erklärt wurden die zugehörigen Über¬gangsregelungen (§ 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der zur Prüfung gestellten Fassung, zwischenzeitlich § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV). Eine Neuregelung muss bis zum 31. März 2012 erfolgen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1999 die Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987 für nichtig erklärt, weil es die Flächenvorgaben für die in dieser Verordnung vorgesehene konventionelle Käfighaltung für unvereinbar mit den Anforderungen des Tierschutzgesetzes erachtete; zudem sah es das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verletzt (BVerfGE 101, 1).
Zur Schließung der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entstandenen Regelungslücke und zur Umsetzung einer kurz nach dem Urteil erlassenen EG-Richt¬linie (Richtlinie 1999/74/EG) wurde im Februar 2002 die Tierschutz-Nutztierhaltungs¬verordnung um Bestimmungen für das Halten von Legehennen ergänzt. Mit dieser Ergänzung wurde die konventionelle Käfighaltung abgeschafft. Auch sogenannte "ausgestaltete Käfige" nach der Richtlinie 1999/74/EG (größere Käfige, die zudem über eine bestimmte Ausstattung - Sitzstangen, Nest, Scharrfläche - verfügen mussten) wurden nicht zugelassen. Als Haltungsformen waren nur noch die Boden- und die Volièrenhaltung vorgesehen.
Aufgrund eines Maßgabebeschlusses des Bundesrates wurden die Haltungsanforderungen für Legehennen und die zugehörigen Übergangsfristen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 erneut geändert. Die Käfighaltung wurde wieder eingeführt, allerdings nicht mehr in Form der konventionellen Käfige, sondern in Form der sogenannten Kleingruppenhaltung (§ 13b TierSchNutztV), deren Anforderungen über die Mindestanforderungen nach der Richtlinie 1999/74/EG hinausgehen. Die Übergangsvorschriften wurden großzügiger ausgestaltet.
Gegen diese Bestimmungen - in einer inhaltlich unveränderten späteren Verordnungsfassung - richtet sich der Normenkontrollantrag, der das Verfahren des Zustandekommens der Vorschriften beanstandet und geltend macht, die vorgesehenen Haltungsbedingungen seien tierschutzwidrig.
Ursprünglich war vorgesehen gewesen, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur durch Einfügung von Bestimmungen zur Schweinehaltung zu ändern. Dieser Änderung stimmte der Bundesrat jedoch im April 2006 nur mit der Maßgabe zu, dass auch die genannten Bestimmungen zur Legehennenhaltung eingefügt würden. Der Text der geplanten Neuregelung in der Fassung des Maßgabebeschlusses des Bundesrates vom April 2006 wurde der Europäischen Kommission noch im April 2006 notifiziert. Das Kabinett nahm den Maßgabebeschluss des Bundesrates Anfang Mai 2006 zustimmend zur Kenntnis. Danach wurde die Tierschutzkommission beteiligt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften halten sich nicht im Rahmen der nach Art. 80 Abs. 1 GG erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, weil die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz (§ 16b TierSchG) erforderlichen Weise angehört wurde. Sieht das Gesetz für den Erlass einer Norm ein Anhörungserfordernis vor, so zielt es darauf, dass das Ergebnis der Anhörung als informatorische Grundlage in die Abwägungsentscheidung des Normgebers einfließt. Die Anhörung ist nicht ordnungsgemäß, wenn sie nur pro forma durchgeführt wird, ohne dass beim Normgeber noch die Möglichkeit oder Bereitschaft besteht, das Ergebnis in der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall wurde die Anhörung nicht beratungsoffen durchgeführt.
Bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission hatte das Kabinett den Maßgabebeschluss des Bundesrates vom April 2006 zustimmend zur Kenntnis genommen. Ebenfalls bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission war die Notifizierung an die Europäische Kommission erfolgt. Die Bundesregierung hat sich mit einem auf Staatssekretärsebene gefassten Beschluss vom Januar 2005, den sie im vorliegenden Verfahren vorgelegt hat, über wesentliche Modalitäten der Notifizierung verständigt. Üblich ist es danach, Verordnungsentwürfe erst nach den erforderlichen Anhörungen zu notifizieren und erst im Anschluss daran das Kabinett zu befassen. Ein Vorziehen der Notifizierung oder der Kabinettsbefassung vor die vorgesehenen Anhörungen ist dagegen für keinen Fall vorgesehen.
Wenn demgegenüber im vorliegenden Fall die Tierschutzkommission erst befasst wurde, nachdem der Verordnungsentwurf sowohl durch das Kabinett gegangen als auch der Europäischen Kommission notifiziert worden war, spricht dies dafür, dass der Verordnungsinhalt zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission bereits beschlossene Sache war.
Dies wird bestätigt und bekräftigt durch die besondere Lage, die mit dem Maßgabebeschluss des Bundesrates entstanden war. Die in § 65 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien normativ aufgenommene Praxis solcher Maßgabebeschlüsse ist verfassungsrechtlich als solche nicht zu beanstanden. Welche Grenzen des Sachzusammenhangs dabei gewahrt bleiben müssen und was die Konsequenzen einer Überschreitung dieser Grenzen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Beschluss zeigt, dass zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission die für eine Anhörung erforderliche inhaltliche Offenheit nicht mehr gegeben war. Das Verordnungsverfahren stand, nachdem die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof im Jahr 2005 wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt worden war, auch in zeitlicher Hinsicht unter Anpassungsdruck. Unter diesem Druck konnte das zuständige Ministerium sich dem Ansinnen des Bundesrates nicht entziehen. Dass das Verfahren infolgedessen unter dem Eindruck gestaltet war, man befinde sich unter einem faktischen Zwang, die Verordnung mit den vom Bundesrat gewünschten Inhalten zu erlassen, zeigt sich nicht nur darin, dass von den im Beschluss der Staatssekretäre vom Januar 2005 vorgesehenen Abfolgen von Anhörung, Notifizierung und Kabinettsbefassung abgewichen wurde, sondern auch darin, dass entgegen der Empfehlung dieses Beschlusses, zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen erst nach Ablauf der Stillhaltefrist des Notifizierungsverfahrens dem Bundesrat zuzuleiten, im vorliegenden Fall die Notifizierung im Anschluss an das Bundesratsverfahren erfolgte. Ein Maßgabebeschluss des Bundesrates führt nicht dazu, dass ein im Gesetz für den Erlass einer Rechtsverordnung vorgesehenes Anhörungserfordernis seine Geltung verliert. Vielmehr darf, wenn der Maßgabebeschluss wesentliche Änderungen vorsieht, die Verordnung mit den vorgesehenen Änderungen erst nach erneuter Anhörung erlassen werden. Auch der Zeitdruck, unter dem der Verordnungsgeber sich im Hinblick auf die notwendige Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben befand, kann eine solche Abweichung von den verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht rechtfertigen. Es ist Sache der zuständigen Normsetzungsorgane, notwendige Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien so frühzeitig einzuleiten, dass das nationale Rechtsetzungsverfahren gemäß den verfahrensrechtlichen Vorgaben des deutschen Rechts durchgeführt werden kann.
2. Mit dem Verstoß gegen das Anhörungserfordernis hat der Verordnungsgeber auch Art. 20a GG verletzt.
Art. 20a GG verpflichtet die staatliche Gewalt zum Schutz der Tiere. Als Belang von Verfassungsrang ist der Tierschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen. Den normsetzenden Organen, die dem Staatsziel Tierschutz mit geeigneten Vorschriften Rechnung zu tragen haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Hat allerdings der Gesetzgeber in Ausfüllung dieses Gestaltungsspielraums das Ermessen des Verordnungsgebers durch Verfahrensvorschriften beschränkt, die gerade das Zustandekommen materiell tierschutzgerechter Ergebnisse des Normsetzungsverfahrens fördern sollen und damit dem Staatsziel Tierschutz dienen, so ist nicht nur einfaches Recht, sondern zugleich Art. 20a GG verletzt, wenn nicht wie gesetzlich vorgegeben verfahren wird. Eine Verordnung, die unter Verstoß gegen das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erlassen wurde, verletzt danach zugleich Art. 20a GG.
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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte.
Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Stellen verpflichtet. Kommt es dabei zum Streit, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtsprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden.
Die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts hat auch politische Wirkung. Das wird besonders deutlich, wenn das Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht ist aber kein politisches Organ. Sein Maßstab ist allein das Grundgesetz. Fragen der politischen Zweckmäßigkeit dürfen für das Gericht keine Rolle spielen. Es bestimmt nur den verfassungsrechtlichen Rahmen des politischen Entscheidungsspielraums. Die Begrenzung staatlicher Macht ist ein Kennzeichen des Rechtsstaats.
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