LINDNER-Gastbeitrag für das "Handelsblatt

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 04.04.2012
Pressemitteilung vom: 04.04.2012 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Spitzenkandidat in NRW und designierte NRW-Landesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER schrieb für das "Handelsblatt" (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag: Raus aus den Schulden! Chinesische Kommentatoren haben vor einiger Zeit ...

[FDP - 04.04.2012] LINDNER-Gastbeitrag für das "Handelsblatt"


Berlin. Der FDP-Spitzenkandidat in NRW und designierte NRW-Landesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER schrieb für das "Handelsblatt" (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Raus aus den Schulden!

Chinesische Kommentatoren haben vor einiger Zeit die Verbindung von Kapitalismus und Demokratie in Zweifel gezogen: Im Westen würde die Politik immer neue Wohlfahrtsversprechen geben, um vor Wahlen Stimmen gleichsam zu kaufen, die danach am Kapitalmarkt über Schulden finanziert werden müssten. Dadurch hätten sich die Staaten des Westens in die Abhängigkeit der Finanzmärkte begeben. So inakzeptabel die in China praktizierte Trennung von Kapitalismus und Demokratie auch ist, so ist die Beobachtung dennoch nicht falsch. Das zeigt die steigende Staatsverschuldung.

Dabei hat sich längst ein Mentalitätswandel vollzogen. Immer mehr Menschen fordern die Politik auf, endlich die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Sie spüren, dass Wohlstand auf Pump ökonomisch riskant ist: Die Ökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart haben nachgewiesen, dass spätestens ab einer Schuldenquote von 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts das Wachstum ausgebremst wird. Deutschland liegt bei rund 80 Prozent. In dieser Lage wären steigende Zinsen ein Brandbeschleuniger. Auch ethisch ist diese Politik nicht länger vertretbar: Immer weniger Kinder erben immer höhere Schulden. Das legt kommende Generationen in finanzpolitische Ketten. Vom drohenden Handlungsverlust des Staates würden insbesondere sozial Schwache betroffen sein.

Nötig ist ein neues Denken. Die Politik muss sich selbst an Regeln binden. In Europa wird mit dem Fiskalvertag eine Stabilitätsunion begründet. Die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone verpflichten sich, Schuldenbremsen in ihre nationalen Verfassungen aufzunehmen. Das ist ein Erfolg deutscher Außen- und Europapolitik. Deutschlands Glaubwürdigkeit und die tatsächliche Durchsetzung einer Stabilitätspolitik in Europa werden aber beschädigt, wenn sich etwa das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen weigert, eine entsprechende Selbstbindung in der Landesverfassung zu verankern. Solange die Haushalte nicht ausgeglichen sind, muss die Entschuldung des Staates Vorrang haben vor neuen Staatsaufgaben – und auch vor an sich wünschenswerten Steuerentlastungen. Peer Steinbrück hat in diesem Zusammenhang dieser Tage sogar offensiv Steuererhöhungen gefordert, um die Haushalte zu sanieren. Hannelore Kraft setzt in Nordrhein-Westfalen auf eine "vorsorgende Sozialpolitik", die sie mit Schulden finanziert. In der Praxis kommt dann allerdings beides zusammen: höhere Steuern und höhere Schulden. Trotz wachsender Steuereinnahmen und trotz erhöhter Landessteuern hat Nordrhein-Westfalen zusätzlich Rekordschulden aufgenommen – zum Beispiel für über 2.000 neue Stellen im Öffentlichen Dienst, viele davon in der Umweltbürokratie. Statt fortlaufender Rufe nach Steuererhöhungen ist also vielmehr eine Debatte über die Reichweite von Staatstätigkeit nötig: Der öffentliche Sektor darf nicht schneller wachsen, als die Bürgerinnen und Bürger Wohlstand erwirtschaften können. Die Politik muss sich mit den heute verfügbaren Mitteln bescheiden – und in der Konsequenz den Aufgabenbestand des Staates prüfen und seine Aufgabenerfüllung effizienter machen. Der Abbau von Bürokratie entlastet den Staat und Private schließlich gleichermaßen.

Wachstumskräfte müssen aktiviert werden, damit der Staat aus seinen Schulden herauswachsen kann. Wieder das Beispiel Nordrhein-Westfalen: In Datteln wird vom grünen Umweltminister politisch die Inbetriebnahme eines der klimafreundlichsten Steinkohlenkraftwerke der Welt behindert. Ergebnis: Statt durch eine rentable Privatinvestition auch die Steuereinnahmen des Staates zu erhöhen, werden Abschreibungen und damit Steuerausfälle produziert. Und die schmutzigen Kraftwerke andernorts laufen weiter. Solche Blockaden müssen gelöst werden.

Die Grenzen der Handlungsfähigkeit des Staates im Blick zu behalten, ist ein liberales Traditionsthema – es hat für die FDP neue Aktualität. Wir haben in unseren "Wiesbadener Grundsätzen" bereits 1997 die heute im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse des Grundgesetzes vorgedacht. Nun kann aus der Idee der Schuldenbremse die Vision der Schuldenfreiheit werden. Es muss ein Ziel sein, durch eine wachsende Wirtschaft und einen bescheidenen Staat das eigentlich verpflichtende Maastricht Kriterium einer Schuldenquote von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wieder zu erreichen. Das ist keine Utopie: Bayern beginnt unter Mitverantwortung der FDP bereits mit der Tilgung von Altschulden. Zukunft kann besser mit gesparten Zinsen finanziert werden als mit neuen Schulden. Das ist das neue Denken.


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Über FDP:
Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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