Leichtbau auf dem Weg in die Großserie
- Pressemitteilung der Firma Fraunhofer Gesellschaft, 18.04.2012
Pressemitteilung vom: 18.04.2012 von der Firma Fraunhofer Gesellschaft aus München
Kurzfassung: Autos und Flugzeuge müssen abspecken – etwa indem möglichst viele Bauteile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff CFK gefertigt werden. Bisher wurden diese Bauteile per Hand hergestellt. Nun gibt es automatisierte Fertigungsverfahren, die ...
[Fraunhofer Gesellschaft - 18.04.2012] Leichtbau auf dem Weg in die Großserie
Autos und Flugzeuge müssen abspecken – etwa indem möglichst viele Bauteile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff CFK gefertigt werden. Bisher wurden diese Bauteile per Hand hergestellt. Nun gibt es automatisierte Fertigungsverfahren, die sich auch für Großserien im Automobilbau eignen.
Autobauer und Flugzeughersteller achten penibel auf das Gewicht ihrer Modelle: Je leichter sie sind, desto weniger Sprit verbrauchen sie und desto weniger Kohlendioxid pusten sie in die Luft. Speckt ein Wagen 100 Kilo ab, so lassen sich je nach Typ und Fahrweise zwischen 0,3 und 0,6 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer einsparen. Das entspricht pro Kilometer sieben bis zwölf Gramm weniger Kohlendioxid-Emissionen.
Neue Materialien, Fügetechniken und Leichtbaukonzepte sollen den Autos beim Abnehmen helfen. Besonders vielversprechend sind kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe, kurz CFK: Sie sind um 60 Prozent leichter als Stahl und etwa 30 Prozent leichter als Aluminium. Zudem rostet das Material nicht und kann in crashrelevanten Strukturen eingesetzt werden, also in Karosseriebauteilen. Ihre Stabilität erhalten die Materialien durch Kohlenstofffasern, die in die Kunststoffmatrix eingebettet sind. Die Fasern können je nach Anforderung in mehreren Lagen und verschiedenen Ausrichtungen übereinander gelegt werden. Bei Flugzeugen und Rennwagen der Formel 1 sind ein Großteil der Bauteile bereits aus CFK gefertigt. Bislang ist es allerdings noch recht aufwändig, die Bauteile aus dem verstärkten Kunststoff herzustellen – viele Arbeitsschritte müssen per Hand gemacht werden, bei den automatisch durchgeführten Schritten bedarf es oft manueller Nacharbeit. Einen großen Schritt vorwärts macht nun BMW mit dem neuen Modell I3, das 2013 vom Band rollen soll und dessen Karosserie nahezu komplett aus CFK besteht.
72 Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie unterstützende Organisationen aus der Region München-Augsburg-Ingolstadt haben sich in der Spitzenclusterinitiative MAI Carbon zusammengetan, um die kohlenfaserverstärkten Kunststoffe fit zu machen für die Serienreife. Das Cluster zählt zu den Gewinnern im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es wird mit 40 Millionen Euro vom BMBF gefördert, weitere 40 Millionen Euro stammen von der Industrie. Ein maßgeblicher Partner im Cluster ist neben Audi und BMW die Fraunhofer-Projektgruppe »Funktionsintegrierter Leichtbau«. Die Projektgruppe wurde 2009 als Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Augsburg gegründet. Sie wird vom Land Bayern gefördert und soll sich in den kommenden Jahren zu einem eigenständigen Institut entwickeln. »Unser Ziel ist es, die Herstellungskosten von CFK-Bauteilen in den fünf Jahren der Projektlaufzeit um 90 Prozent zu reduzieren. Das wollen wir vor allem über neue Herstellungsverfahren erreichen, die sich auch für Großserien eignen«, sagt Prof. Dr.-Ing. Klaus Drechsler, Leiter der Fraunhofer Projektgruppe und Inhaber des Lehrstuhls für Carbon Composites an der TU München. Zuvor arbeitete Drechsler einige Jahre bei Daimler-Chrysler, bevor er zum Stuttgarter Institut für Flugzeugbau wechselte.
Für die Automobilindustrie haben die Augsburger Forscher bereits ein neuartiges Herstellungsverfahren entwickelt. Dabei kombinieren sie die Flechtmaschine, die üblicherweise im Textilbereich verwendet wird, mit einer Pultrusionsanlage, die am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT weiterentwickelt wurde. Die Flechtmaschine bringt die trockenen Carbonfasern in die richtige Form, die Pultrusionsmaschine ummantelt sie mit Harz. Das Besondere: Während bisher alles per Hand erledigt werden musste – die Fasern in das Werkzeug legen, ausrichten und Harz einspritzen – laufen nun alle Schritte vollautomatisch. Bei der Handarbeit konnten die einzelnen Bauteile nur Schritt für Schritt in einer bestimmten Länge gefertigt werden. Die Kombinationsanlage dagegen fertigt die Bauteile kontinuierlich, rein theoretisch könnte sie also unendlich lange Teile herstellen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF, Entwicklungspartner sind Audi und die Maschinenbaufirma Voith.
Auch für die Luftfahrindustrie hat die Fraunhofer Projektgruppe einiges zu bieten: So entwickeln die Forscher unter anderem ein vollautomatisches Fertigungsverfahren für große CFK-Bauteile, gemeinsam mit ihren Kollegen von Premium Aerotec und Eurocopter. Kern der Technologie ist ein Roboter mit einem Legekopf: Er greift die mit Harz ummantelten Carbonfasern und legt sie auf dem Werkzeug ab. Hier werden die Fasern dann ausgehärtet. Bisher wurde dieser Schritt per Hand gemacht – eine aufwändige Angelegenheit, bei der viel Verschnitt entsteht und die Qualität nicht immer optimal ist. Das automatisierte Verfahren eignet sich dagegen für Großserien und liefert gute und gleichbleibende Qualität. Zudem entsteht kein Verschnitt, es wird also jeder Millimeter der Fasern genutzt. Momentan arbeitet der Roboter Tag und Nacht im Augsburger Labor. Die Bauteile, die er herstellt, werden bei Airbus geprüft. »Das Verfahren hat gute Chancen, in die Serienfertigung des Verkehrsflugzeugbaus aufgenommen zu werden, die in etwa zwei Jahren startet«, freut sich Drechsler. Das Projekt wird vom BMWI im Rahmen von Luftfahrtforschungsprogrammen gefördert, das Projektvolumen beträgt weit über eine Million Euro.
Leiter Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Franz Miller
Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft
Hansastraße 27c
80686 München, Deutschland
Telefon +49 89 1205-1301
Fax +49 89 1205-7515
Dr. Stefan Tröster
Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal
Telefon +49 721 4640-392
Autos und Flugzeuge müssen abspecken – etwa indem möglichst viele Bauteile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff CFK gefertigt werden. Bisher wurden diese Bauteile per Hand hergestellt. Nun gibt es automatisierte Fertigungsverfahren, die sich auch für Großserien im Automobilbau eignen.
Autobauer und Flugzeughersteller achten penibel auf das Gewicht ihrer Modelle: Je leichter sie sind, desto weniger Sprit verbrauchen sie und desto weniger Kohlendioxid pusten sie in die Luft. Speckt ein Wagen 100 Kilo ab, so lassen sich je nach Typ und Fahrweise zwischen 0,3 und 0,6 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer einsparen. Das entspricht pro Kilometer sieben bis zwölf Gramm weniger Kohlendioxid-Emissionen.
Neue Materialien, Fügetechniken und Leichtbaukonzepte sollen den Autos beim Abnehmen helfen. Besonders vielversprechend sind kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe, kurz CFK: Sie sind um 60 Prozent leichter als Stahl und etwa 30 Prozent leichter als Aluminium. Zudem rostet das Material nicht und kann in crashrelevanten Strukturen eingesetzt werden, also in Karosseriebauteilen. Ihre Stabilität erhalten die Materialien durch Kohlenstofffasern, die in die Kunststoffmatrix eingebettet sind. Die Fasern können je nach Anforderung in mehreren Lagen und verschiedenen Ausrichtungen übereinander gelegt werden. Bei Flugzeugen und Rennwagen der Formel 1 sind ein Großteil der Bauteile bereits aus CFK gefertigt. Bislang ist es allerdings noch recht aufwändig, die Bauteile aus dem verstärkten Kunststoff herzustellen – viele Arbeitsschritte müssen per Hand gemacht werden, bei den automatisch durchgeführten Schritten bedarf es oft manueller Nacharbeit. Einen großen Schritt vorwärts macht nun BMW mit dem neuen Modell I3, das 2013 vom Band rollen soll und dessen Karosserie nahezu komplett aus CFK besteht.
72 Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie unterstützende Organisationen aus der Region München-Augsburg-Ingolstadt haben sich in der Spitzenclusterinitiative MAI Carbon zusammengetan, um die kohlenfaserverstärkten Kunststoffe fit zu machen für die Serienreife. Das Cluster zählt zu den Gewinnern im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es wird mit 40 Millionen Euro vom BMBF gefördert, weitere 40 Millionen Euro stammen von der Industrie. Ein maßgeblicher Partner im Cluster ist neben Audi und BMW die Fraunhofer-Projektgruppe »Funktionsintegrierter Leichtbau«. Die Projektgruppe wurde 2009 als Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Augsburg gegründet. Sie wird vom Land Bayern gefördert und soll sich in den kommenden Jahren zu einem eigenständigen Institut entwickeln. »Unser Ziel ist es, die Herstellungskosten von CFK-Bauteilen in den fünf Jahren der Projektlaufzeit um 90 Prozent zu reduzieren. Das wollen wir vor allem über neue Herstellungsverfahren erreichen, die sich auch für Großserien eignen«, sagt Prof. Dr.-Ing. Klaus Drechsler, Leiter der Fraunhofer Projektgruppe und Inhaber des Lehrstuhls für Carbon Composites an der TU München. Zuvor arbeitete Drechsler einige Jahre bei Daimler-Chrysler, bevor er zum Stuttgarter Institut für Flugzeugbau wechselte.
Für die Automobilindustrie haben die Augsburger Forscher bereits ein neuartiges Herstellungsverfahren entwickelt. Dabei kombinieren sie die Flechtmaschine, die üblicherweise im Textilbereich verwendet wird, mit einer Pultrusionsanlage, die am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT weiterentwickelt wurde. Die Flechtmaschine bringt die trockenen Carbonfasern in die richtige Form, die Pultrusionsmaschine ummantelt sie mit Harz. Das Besondere: Während bisher alles per Hand erledigt werden musste – die Fasern in das Werkzeug legen, ausrichten und Harz einspritzen – laufen nun alle Schritte vollautomatisch. Bei der Handarbeit konnten die einzelnen Bauteile nur Schritt für Schritt in einer bestimmten Länge gefertigt werden. Die Kombinationsanlage dagegen fertigt die Bauteile kontinuierlich, rein theoretisch könnte sie also unendlich lange Teile herstellen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF, Entwicklungspartner sind Audi und die Maschinenbaufirma Voith.
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