RÖSLER-Interview für die "Rheinische Post

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 30.04.2012
Pressemitteilung vom: 30.04.2012 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab der "Rheinischen Post" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL BRÖCKER: Frage: Die öffentliche Wahrnehmung der Berliner Koalition ...

[FDP - 30.04.2012] RÖSLER-Interview für die "Rheinische Post"


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab der "Rheinischen Post" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL BRÖCKER:

Frage: Die öffentliche Wahrnehmung der Berliner Koalition ist auch nach drei Jahren mies. Es wird spekuliert, ob die Kanzlerin den Stecker zieht?

RÖSLER: Die öffentliche Wahrnehmung stimmt nicht immer mit den tatsächlichen Ergebnisse der christlich-liberalen Koalition überein. Die Arbeitsmarktdaten, die Wirtschaftsdaten in Deutschland sind im internationalen Vergleich glänzend. Was erwartet die Bevölkerung von der Bundesregierung? Dass wir gut regieren und solide arbeiten. Das tun wir, auch wenn die Kommunikation hin und wieder verbesserungswürdig ist. Die Koalition steht und sie wird sicher bis 2013 halten.

Frage: Werden Sie zentrale Konfliktthemen wie das Betreuungsgeld oder die Pendlerpauschale noch vor den Landtagswahlen lösen?

RÖSLER: Wir haben gerade erst in einem Koalitionsausschuss wichtige Fragen geklärt, etwa bei den Themen Zuwanderung und Sorgerecht. Der Einstieg in die qualifizierte Zuwanderung ist am vergangenen Freitag vom Bundestag beschlossen worden. Das ist ein großer Erfolg für uns Liberale auf dem Weg zu einer neuen Willkommenskultur in Deutschland.

Frage: Herr Rösler, die Union hat ein Mindestlohnkonzept beschlossen. Findet das Ihre Zustimmung?

RÖSLER: Das ist eine reine unionsinterne Angelegenheit. Auf das konkrete Regierungshandeln wird sich das nicht auswirken. Im Koalitionsvertrag ist ein einheitlicher flächendeckender Mindestlohn ausgeschlossen. Zu einem wichtigen Punkt der Sozialen Marktwirtschaft gehört die Tarifautonomie. Die FDP wird nicht zulassen, dass daran gerüttelt wird.

Frage: Die Union will, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften in einer Kommission den Mindestlohn festlegen sollen.

RÖSLER: Wer das Modell genau betrachtet, sieht, dass in dieser Kommission diejenigen einen Lohn verhandeln sollen, die selbst nicht unmittelbar betroffen sein werden. Die Idee der Tarifautonomie war immer, Handeln und Haften zusammenzubringen. Mit dem Mindestlohn rückt die Union weiter nach links. Es muss aber einen geben, der für die Soziale Marktwirtschaft streitet. Der Platz in der Mitte ist frei geworden. Da steht nur noch die FDP.

Frage: Die Union schüttet das Füllhorn aus. Höhere Mütterrenten, eine neue Zuschussrente. Einführung eines Betreuungsgeldes. Wo wird die FDP ein Veto einlegen?

RÖSLER: Beim Betreuungsgeld ist jetzt die Union am Zug. Wenn konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, werden wir diese bewerten. Das Betreuungsgeld ist aber ausdrücklich kein Lieblingsprojekt der FDP. Was eine weitere Rentenleistung angeht, bin ich mehr als skeptisch, ob neue Ausgaben finanzierbar sind. Wir haben ein Rentensystem, das nach dem Äquivalenzprinzip aufgebaut ist. Wer einseitige Subventionen einbauen will, muss sagen, wie er es finanzieren will.

Frage: Die Sozialkassen sind gefüllt, die Steuereinnahmen sprudeln. Wann entlastet die schwarz-gelbe Koalition die Bürger?

RÖSLER: Die FDP hat einen klugen Vorschlag vorgelegt, um die Beitragszahler zu entlasten. Wir fordern die Abschaffung der Praxisgebühr. Das Instrument hat die versprochene Lenkungswirkung, die Arztbesuche zu reduzieren, nachweislich nicht erbracht. Zudem ist der bürokratische Aufwand für die Kassen und Praxen enorm. Die Praxisgebühr ist gescheitert. Hier setzen wir auf die Vernunft der Union.

Frage: Hat der FDP-Vorsitzende mit dem neuen Thema Wachstum die Steuersenkungen ad acta gelegt?

RÖSLER: Dem Bundesrat liegt ein Gesetz vor, mit dem die Koalition die kalte Progression, also die schleichende Steuererhöhung für Arbeitnehmer bei Lohnsteigerungen, abmildern will. Leider blockieren SPD und Grüne diese notwendige Korrektur. Wer es ernst meint mit Steuergerechtigkeit, muss diesem Vorschlag zustimmen. Wenn Frau Kraft und die SPD dem Vorschlag zustimmen, dann ist die Mehrheit da. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD eine solche Blockade den Arbeitnehmern und Facharbeitern am Werkstor erklären kann. Ein Teil dieser Korrektur ist übrigens vom Verfassungsgericht vorgegeben.

Frage: Ihr Generalsekretär will auch die Pendlerpauschale erhöhen. Wie ist das mit der soliden Finanzpolitik vereinbar, die Sie predigen?

RÖSLER: Der Staat hat durch die höheren Benzinpreise unbestritten zusätzliche Einnahmen. Wir sollten prüfen, wie hoch diese zusätzlichen Einnahmen sind. Ich bin dann dafür, dieses Geld an die Bürger zurückzugeben, die von den hohen Preisen besonders betroffen sind. Das sind die Pendler, die mit zu den Leistungsträgern zählen. Eine maßvolle Anhebung ist hier das geeignete Instrument. Dass kann haushaltsneutral umgesetzt werden.

Frage: Liberale Ökonomen sind eher für die Abschaffung der Pendlerpauschale.

RÖSLER: Die rechtlichen Vorgaben sind eindeutig. Der Weg zur Arbeit gehört zur Erwerbstätigkeit, die staatliche Unterstützung ist daher keine klassische Subvention. Ich komme aus einer ländlich strukturierten Region. Ich sehe, wie die Menschen unter den hohen Spritpreisen leiden.

Frage: In NRW will die FDP mit einem strikten Anti-Schulden-Kurs punkten und verspricht keine neuen Schulden. Ist das seriös?

RÖSLER: Es muss eine Generation geben, die anfängt, Schulden abzubauen. Die FDP hat, beginnend mit unserem Dreikönigstreffen zu Beginn des Jahres, das Thema Konsolidierung der Haushalte neben einer Wachstumspolitik in den Mittelpunkt gestellt. Ziel der FDP ist es, bereits 2014 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen. Dass Haushaltskonsolidierung erfolgreich möglich ist, zeigen Länder mit liberaler Beteiligung wie Sachsen oder Bayern. In NRW gab es im vergangenen Jahre Rekordsteuereinnahmen. Trotzdem legt Rot-Grün einen Haushalt mit deutlich über drei Milliarden Euro neuen Schulden vor. Das ist das Gegenteil von seriöser Finanzpolitik. Hier müssen wir gegensteuern. Niemand in Nordrhein-Westfalen steht so konsequent für den Abbau von Schulden wie unser Spitzenkandidat Christian Lindner. Und niemand kämpft so leidenschaftlich für die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung wie die FDP.

Frage: In Schleswig-Holstein und NRW profilieren sich die Spitzenkandidaten gegen die Bundespartei und gegen Sie. Wie gehen Sie damit um?

RÖSLER: Das sehe ich anders. Wir sind inhaltlich auf einer Linie und werben für den Abbau von Schulden und eine wachstumsorientierte Politik.

Frage: Christian Lindner plakatiert in NRW: "Das ist meine FDP". Meint er eine andere Partei als Sie?

RÖSLER: Die FDP steht für wirtschaftliche Vernunft, bessere Bildung und mehr Toleranz. Dafür stehen wir alle gemeinsam ein. Aber die nordrhein-westfälische FDP kann zu Recht stolz darauf sein, dass sie sich in einer überaus schwierigen Lage entschieden hat, die Schuldenpolitik von Rot-Grün abzulehnen und Neuwahlen in Kauf zu nehmen. Christian Lindner und Wolfgang Kubicki werden erfolgreich sein. Davon bin ich überzeugt.

Frage: Sie stehen als Parteivorsitzender seit Monaten in der Kritik. Beobachter sagen, Sie sind misstrauischer geworden und haben im Amt Ihre Natürlichkeit verloren.

RÖSLER: Das mögen andere beurteilen. Aber es ist doch klar, dass ich als Vizekanzler und Bundesvorsitzender eine andere Verantwortung habe als früher. Die Verantwortung ist hoch, immerhin treffe ich Entscheidungen, die Auswirkungen auf Millionen Menschen haben. Ich gehe die Dinge mit Respekt und einem Grundvertrauen in meinen Kompass an. Ich habe meinen Weg als Parteichef und als Minister gefunden. Und ich habe noch viel vor.

Frage: Sie wollen Ihre Altersgrenze für den Abschied aus der Politik mit 45 Jahren also nicht korrigieren?

RÖSLER: Ich bin 39 Jahre und habe also noch viele Jahre vor mir. Aktuell kämpfe ich für unseren Erfolg in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.


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Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

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