SOEP-Studie: Am Lebensabend sind Menschen überzeugt, ihr Leben im Griff zu haben

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 07.05.2012
Pressemitteilung vom: 07.05.2012 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin

Kurzfassung: An ihrem Lebensabend sind die meisten Menschen davon überzeugt, ihr Schicksal selbst in der Hand zu halten – auch wenn sie tatsächlich die Kontrolle über ihr Leben zunehmend verlieren. Das ist das Ergebnis einer jetzt in der amerikanischen ...

[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 07.05.2012] SOEP-Studie: Am Lebensabend sind Menschen überzeugt, ihr Leben im Griff zu haben


An ihrem Lebensabend sind die meisten Menschen davon überzeugt, ihr Schicksal selbst in der Hand zu halten – auch wenn sie tatsächlich die Kontrolle über ihr Leben zunehmend verlieren. Das ist das Ergebnis einer jetzt in der amerikanischen Zeitschrift "Developmental Psychology" erschienenen Studie auf der Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). "Je älter Menschen werden, desto häufiger erleben sie nicht kontrollierbare Ereignisse, wie zum Beispiel schwere Krankheiten", sagt Jule Specht, eine der Autorinnen und Autoren. "Dennoch ist der Glaube, selbst über das eigene Leben zu bestimmen, im hohen Alter noch überraschend stark ausgeprägt".

Die Überzeugung eines Menschen, sein Leben im Griff zu haben, bezeichnen Psychologen als Kontrollüberzeugung. Wie sich diese im Laufe des Lebens ändert, hat nun eine Forschergruppe um die Leipziger Psychologin Jule Specht herausgefunden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dazu Angaben von knapp 9.500 Menschen ausgewertet, die zwischen 1999 und 2005 im Rahmen der Langzeitstudie SOEP erhoben wurden.
Die SOEP-Daten zeigen: Bei jüngeren Menschen zwischen 20 und 40 Jahren nimmt die Kontrollüberzeugung immer mehr zu. Im Alter zwischen 40 und 60 Jahren sinkt das Vertrauen in die Macht über das eigene Schicksal. "Den meisten Männern und Frauen stehen in dieser Lebensphase nicht mehr alle Möglichkeiten offen", erklärt Jule Specht. "Viele fürchten zum Beispiel, beruflich auf ein Abstellgleis zu geraten". Später, ab einem Alter von 60 Jahren nimmt der Glaube, alles im Griff zu haben, aber wieder zu – und bleibt bis ins hohe Alter erstaunlich fest. Wie es dazu kommt, können die Forscher nicht genau erklären. Jule Specht: "Wir wissen aber, dass diese Entwicklung für die älteren Menschen große Vorteile hat. Frühere Studien haben gezeigt, dass Männer und Frauen mit einer höheren Kontrollüberzeugung zufriedener sind und länger leben".
Männer glauben übrigens eher als Frauen, alles im Griff zu haben. Neben dem Geschlecht beeinflusst in jedem Alter auch das Bildungsniveau die Kontrollüberzeugung: Menschen mit einer abgeschlossenen Ausbildung oder Abitur haben eine höhere Kontrollüberzeugung als Menschen, die lediglich einen Haupt- oder Realschulabschluss besitzen. "Menschen mit einer höheren Bildung haben auch objektiv mehr Kontrolle über ihr Leben, zum Beispiel durch mehr Selbstbestimmung im Beruf", sagt Jule Specht. Hier entspricht die Kontrollüberzeugung also der Realität.

Die Studie:
Everything Under Control? The Effects of Age, Gender, and Education on Trajectories of Perceived Control in a Nationally Representative German Sample. Specht, Jule; Egloff, Boris; Schmukle, Stefan C., Developmental Psychology, Apr 30, 2012. doi: 10.1037/a0028243
Online-Publikation der Studie:
http://psycnet.apa.org/psycinfo/2012-10803-001/

Kontakt zur Wissenschaftlerin Dr. Jule Specht:
jule.specht@uni-leipzig.de


Stichwort SOEP

Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden jedes Jahr mehr als 20 000 Menschen in rund 11 000 Haushalten vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung befragt. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.

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