WESTERWELLE-Interview für das "Westfalen-Blatt

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 11.05.2012
Pressemitteilung vom: 11.05.2012 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied, Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Westfalen-Blatt" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte REINHARD BROCKMANN. Frage: Am 14. März hat die FDP im absoluten Umfragetief ...

[FDP - 11.05.2012] WESTERWELLE-Interview für das "Westfalen-Blatt"


Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied, Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Westfalen-Blatt" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte REINHARD BROCKMANN.

Frage: Am 14. März hat die FDP im absoluten Umfragetief Neuwahlen geradezu erzwungen. Nicht wenige haben das für Harakiri gehalten, Sie auch?

WESTERWELLE: Nein. Manche haben es als politischen Selbstmord verspottet. Wir haben es als eine Charakterangelegenheit betrachtet.

Frage: Wird der Ritt auf der Rasierklinge am Sonntag belohnt?

WESTERWELLE: Ich glaube, dass viele Bürger in NRW, selbst wenn sie gelegentlich andere Parteien bevorzugt haben, dieses Mal auch deshalb FDP wählen, weil unsere
Abgeordneten im Landtag nicht zuerst an sich selbst, sondern an das Land gedacht haben.

Frage: Tapferkeitsmedaillen sind in der Politik eher selten.

WESTERWELLE: Ich bin sehr stolz auf die FDP in NRW. Es ist für mich als Außenminister wichtig, dass wir in NRW - einem Bundesland, das mehr Einwohner hat als Griechenland
- nicht die Schuldenpolitik machen, deren Überwindung wir in Athen anmahnen.

Frage: Das behaupten viele Wahlkämpfer. Aber ist Ihnen als Außenminister tatsächlich schon einmal in Europa vorgehalten worden: Von uns verlangt Ihr knallhartes Sparen und bei Euch in NRW wird gesündigt?

WESTERWELLE: Natürlich wird in erster Linie auf die Gesamtverschuldung der Staaten geschaut. Wenn der Bund die Schuldenaufnahme drastisch zurückführt, darf das aber nicht von einigen Bundesländern konterkariert werden. Jedem - innerhalb und außerhalb
von Deutschland - leuchtet ein, dass wir von anderen nicht mehr verlangen können als das, was wir selber zu tun bereit sind.

Frage: Rot-Grün meint, vorsorgende Sozialpolitik erlaubt Kredite. Also gibt es gute Schulden...

WESTERWELLE: Wie tief man fallen kann, wenn man zu tief im Schuldensumpf steckt, das ist doch aus dem privaten Leben bekannt. Das Schicksal müssen wir uns als Land
ersparen.

Frage: Norbert Röttgen sieht die NRW-Wahl nun doch nicht als Abstimmung über den EU-Sparkurs von Angela Merkel. Was bedeutet diese Klarstellung?

WESTERWELLE: An diesen Diskussionen innerhalb der CDU, wer denn Schuld an einer möglichen Wahlniederlage habe, werde ich mich als Außenminister nicht beteiligen.

Frage: ln den Fall Timoschenko kommt Bewegung: Genug Schwung, dass die zu sieben
Jahren Haft verurteilte Ex-Ministerpräsidentin endgültig frei kommt?

WESTERWELLE: Uns geht es darum, dass Frau Timoschenko rechtsstaatlich und medizinisch angemessen behandelt wird. Deshalb sind deutsche Ärzte bei Frau
Timoschenko. Deshalb habe ich auch Diplomaten meines besonderen persönlichen Vertrauens zu ihr entsendet. Die Verlegung ins Krankenhaus und der Abbruch des
Hungerstreiks sind ein Fortschritt. Wir sind mit der ukrainischen Regierung im Gespräch. Deutschland und Europa haben ein strategisches Interesse daran, dass sich die Ukraine weiter in Richtung Europa orientiert.

Frage: Wie isoliert ist Ministerpräsident Viktor Janukowitsch?

WESTERWELLE: Ich möchte Probleme lösen. Ich gieße kein Öl ins Feuer. Ich bemühe mich, die laufenden Verhandlungen mit der gebotenen Diskretion erfolgreich zu führen.

Frage: Steht Griechenland heute dort, wo sich die Weimarer Republik 1930 befand?

WESTERWELLE: Das sind Vergleiche, von denen ich nichts halte. Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt. Aber wir erwarten auch, dass Griechenland die gemachten
Zusagen einhält. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sie setzt auch das eigene Mitwirken
am Überwinden der Schuldenkrise voraus. Wenn Griechenland den vereinbarten Reformkurs abbrechen würde, dann könnten auch keine weiteren Hilfszahlungen
erfolgen.

Frage: Wer mit dem Stopp der Hilfszahlungen droht, ist sein verliehenes Geld endgültig los. Sie stecken in der Zwickmühle!

WESTERWELLE: Solidarität hat einen Zwilling, und das ist Solidität. Dabei wird es bleiben. Manche Äußerungen aus den Reihen der griechischen Politik sind nicht verantwortlich. Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Die größten Leidtragenden wären die Schwachen in Griechenland. Sie haben nicht die Möglichkeit, im Ausland Geld anzulegen. Auch deswegen bin ich so besorgt über die derzeitige Krise in Griechenland.

Frage: Ist es auch ein Spiel mit dem Feuer, wenn Francois Hollande den Fiskalpakt aufschnüren will?

WESTERWELLE: Francois Hollande hat gefordert, dass Europa mehr für das Wachstum tun soll. Das ist auch das Anliegen der Bundesregierung. Der Fiskalpakt für weniger
Schulden steht. Er bleibt. Aber wir wollen dem Fiskalpakt für weniger Schulden einen Wachstumspakt für mehr Wettbewerb hinzufügen. Dazu werde ich an diesem Freitag
eine Regierungserklärung abgeben. Wachstum kommt nicht von neuen Schulden. Wir müssen die in Europa ausgegebenen Gelder gezielter zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit einsetzen und in Zukunftsbereiche wie Bildung und Wissenschaft investieren. Wir schaffen Wachstumsimpulse auch durch neue Freihandelsabkommen
mit den Wachstumsregionen der Welt. Schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme sind dagegen nur Strohfeuer.

Frage: Das scheint Frankreichs künftigem Präsidenten Hollande nicht klar zu sein...

WESTERWELLE: Wachstum kommt von Wettbewerbsfähigkeit und Strukturreformen, nicht von immer neuen Schulden. Das ist es, was wir in Deutschland selber erlebt haben.

Frage: Die Deutschen erleben Sie, außer im Wahlkampf, fast nur noch als Außenminister. Kann ein so kampferprobtes politisches Schlachtross wie Sie eigentlich ohne Innen- und ohne Parteipolitik auskommen?

WESTERWELLE: Am Sonntag bin ich ein Jahr nicht mehr im Amt des Parteivorsitzenden. Ich kann nicht leugnen, dass mir am Anfang etwas gefehlt hat. Aber mit der Zeit hat sich auch ein Gefühl der Erleichterung breit gemacht. Heute muss ich zum Glück nicht mehr
jede partei- und innenpolitische Angelegenheit kommentieren.


FDP Bundesgeschäftsstelle
Pressestelle
Reinhardtstraße 14
10117 Berlin

T. 030 - 28 49 58 43
F. 030 - 28 49 58 42

Über FDP:
Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

Firmenkontakt:
FDP Bundesgeschäftsstelle
Pressestelle
Reinhardtstraße 14
10117 Berlin

T. 030 - 28 49 58 43
F. 030 - 28 49 58 42

Die Pressemeldung "WESTERWELLE-Interview für das "Westfalen-Blatt" unterliegt dem Urheberrecht der pressrelations GmbH. Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors. Autor der Pressemeldung "WESTERWELLE-Interview für das "Westfalen-Blatt" ist FDP.