BRÜDERLE-Interview für " Die Welt

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 29.05.2012
Pressemitteilung vom: 29.05.2012 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE gab der "Welt" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Jochen GAUGELE und Thorsten JUNGHOLT: Frage: Herr Brüderle, ist die ...

[FDP - 29.05.2012] BRÜDERLE-Interview für " Die Welt"


Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE gab der "Welt" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Jochen GAUGELE und Thorsten JUNGHOLT:

Frage: Herr Brüderle, ist die Bundesregierung auf den Fall vorbereitet, dass Griechenland aus dem Euro ausscheiden muss?

BRÜDERLE: Diese Entscheidung treffen nicht wir, sondern die Griechen. Unsere Hand bleibt ausgestreckt, es liegt an den Bürgern in Athen, ob sie daran festhalten oder nicht. Das ist ihre freie und souveräne Entscheidung. Die Bundesregierung operiert in dieser für Europa wichtigen Phase sehr verantwortungsvoll und gut vorbereitet.

Frage: Der Chef der radikalen Linken, Alexis Tsipras, will im Euro bleiben, aber die Sparvorgaben nicht erfüllen. Geht das?

BRÜDERLE: Nein, es gibt ein klares Entweder-Oder-Szenario: Nicht sparen und keine Reformen durchführen, dieser Weg führt in den griechischen Staatsbankrott. Reformen umsetzen und Wettbewerb stärken, das ist der gemeinsame Weg im Euro. Wer aus den vereinbarten Sparprogrammen aussteigen will, muss auch die Konsequenzen tragen. Man kann nicht wie Herr Tsipras sagen: Wir wollen den Euro, aber die Reformen machen wir nicht. So billig geht es nicht. Es gibt Spielregeln. Und die Troika aus EZB, EU und IWF überwacht sie.

Frage: Was würde es Deutschland kosten, wenn die Griechen die Spielregeln nicht einhalten?

BRÜDERLE: Das ist schwer abzuschätzen. Wir kennen unsere Verpflichtungen, aber nicht alle Entwicklungen sind vorhersehbar.

Frage: Auch in Frankreich haben sich die Machtverhältnisse verschoben. Mindert die Wahl von Francois Hollande die Chancen, den Euro zu retten?

BRÜDERLE: Das sehe ich nicht. Aber bis zum 17. Juni, dem Tag der Parlamentswahl in Frankreich, werden die Verhandlungen nicht leicht sein. Bis dahin sind die Franzosen immer noch im Wahlkampf. Danach müssen wir umso schneller zusammenfinden, das weiß Frankreich genau so gut wie Deutschland. Wir sind seit langem eng freundschaftlich miteinander verbunden und aufeinander angewiesen.

Frage: Hollande scheint unabhängig von den Wahlen von der Idee der Eurobonds überzeugt zu sein.

BRÜDERLE: Eurobonds sind Zinssozialismus, den Deutschland und andere erfolgreiche Länder teuer bezahlen müssten. Das ist mit uns nicht zu machen. "Savoir vivre" kann nicht heißen, dass nur wenige zahlen und alle genießen. Wir sollten auf die richtige Wachstumspolitik setzen. Dann ließe sich Hollandes Wunsch nach Wachstum mit unserer deutschen Stabilitätskultur zusammenführen.

Frage: Hollande meint mit Wachstum Konjunkturprogramme durch neue Schulden.

BRÜDERLE: Und genau das wollen wir nicht. Wir haben nicht das Umfeld für keynesianische Investitionsprogramme. Die Probleme liegen doch nicht im Liquiditätsmangel, die Märkte ertrinken im Geld. Das Schlüsselwort ist Vertrauen. Das bekomme ich nicht durch noch mehr Liquidität, sondern durch qualitatives, nachhaltiges Wachstum mittels Strukturveränderungen.

Frage: Wie kann Wachstum ohne neue Schulden erreicht werden?

BRÜDERLE: Indem wir den Binnenmarkt vollenden. Da ist immer noch viel nationaler Protektionismus drin. Schätzungen gehen davon aus, dass ein Ausbau des Binnenmarktes zu 2 bis 2,5 Prozent realem Wachstum im Jahr zusätzlich führen kann. Das ist die eine Richtung. Eine andere ist mehr zwischenstaatliche Kooperation. Deutschland hat zu wenige Auszubildende, Frankreich und Spanien eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Da können wir anbieten, Jugendlichen aus Frankreich oder Spanien eine Ausbildung in Deutschland zu geben. Das hilft den jungen Menschen, und es hilft dem Standort Deutschland. Wir können auch unsere Erfahrungen mit Qualifizierungsprogrammen für Jugendliche weitergeben. Wir müssen endlich in der Dimension eines europäischen Arbeitsmarktes denken, ob bei Auszubildenden oder Fachkräften.

Frage: Frankreich sperrt sich auch dagegen, dass Wolfgang Schäuble neuer Chef der Eurogruppe wird.

BRÜDERLE: Wolfgang Schäuble ist ein hervorragender Fachmann und ein herausragender Europäer. Er ist in ganz Europa hoch anerkannt. Und was die angebliche Ablehnung der Franzosen betrifft: Auch da gilt, dass man erst nach dem 17. Juni wissen wird, was taktische Spielchen der Franzosen waren und was nicht.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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