Tod bei Brechmitteleinsatz: Bundesgerichtshof hebt Freispruch erneut auf
- Pressemitteilung der Firma Bundesgerichtshof (BGH), 20.06.2012
Pressemitteilung vom: 20.06.2012 von der Firma Bundesgerichtshof (BGH) aus Karlsruhe
Kurzfassung: Das Landgericht Bremen hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, im Dezember 2004 fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten, aus Sierra Leone stammenden C. im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. ...
[Bundesgerichtshof (BGH) - 20.06.2012] Tod bei Brechmitteleinsatz: Bundesgerichtshof hebt Freispruch erneut auf
Das Landgericht Bremen hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, im Dezember 2004 fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten, aus Sierra Leone stammenden C. im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. "Brechmitteleinsatz") verursacht zu haben. Ein erstes freisprechendes Urteil hatte der Senat unter Zurückverweisung an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts aufgehoben (Senatsurteil vom 29. April 2010 – 5 StR 18/10; Pressemitteilung Nr. 94/2010). In dem daraufhin ergangenen Urteil hat das Landgericht Bremen in Teilen vom ersten Urteil abweichende tatsächliche Feststellungen insbesondere auch zur Todesursache getroffen. Es hält insoweit ein multifaktorielles Geschehen für möglich und hat sich auf dieser Grundlage mangels Vorhersehbarkeit der Todesfolge nicht von einem Sorgfaltsverstoß des Angeklagten zu überzeugen vermocht. Auch eine rechtswidrige Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des C. hat es verneint.
Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat diesen erneuten Freispruch auf die Revision der als Nebenklägerin zugelassenen Mutter des Verstorbenen wiederum aufgehoben und die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Er hat dies – auch unter Feststellung von Verstößen gegen die Bindungswirkung des ersten Urteils des Senats – im Wesentlichen wie folgt begründet: Nachdem es bereits in der ersten Phase der Exkorporation zu einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands des C. gekommen sei und der Angeklagte sich veranlasst gesehen habe, den Notarzt zu rufen, stelle die Fortsetzung der Exkorporation nach Tätigwerden des Notarztes eine rechtswidrige vorsätzliche Körperverletzung dar. Die Maßnahmen des Angeklagten hätten den Tod des C. nach den Feststellungen des Landgerichts mitverursacht. Die Vorhersehbarkeit des Todeseintritts für den Angeklagten stehe auch auf der Grundlage des durch das Landgericht als todesursächlich unterstellten multifaktoriellen Geschehens nicht in Frage.
Das Landgericht Bremen wird danach erneut über die Sache zu verhandeln haben, da eine abschließende Entscheidung des Senats zum Schuldspruch aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist.
Landgericht Bremen – Urteil vom 14. Juni 2011 – 22 Ks (7 KLs) 607 Js 1237/05 Urteil vom 20. Juni 2012 – 5 StR 536/11
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Das Landgericht Bremen hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, im Dezember 2004 fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten, aus Sierra Leone stammenden C. im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. "Brechmitteleinsatz") verursacht zu haben. Ein erstes freisprechendes Urteil hatte der Senat unter Zurückverweisung an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts aufgehoben (Senatsurteil vom 29. April 2010 – 5 StR 18/10; Pressemitteilung Nr. 94/2010). In dem daraufhin ergangenen Urteil hat das Landgericht Bremen in Teilen vom ersten Urteil abweichende tatsächliche Feststellungen insbesondere auch zur Todesursache getroffen. Es hält insoweit ein multifaktorielles Geschehen für möglich und hat sich auf dieser Grundlage mangels Vorhersehbarkeit der Todesfolge nicht von einem Sorgfaltsverstoß des Angeklagten zu überzeugen vermocht. Auch eine rechtswidrige Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des C. hat es verneint.
Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat diesen erneuten Freispruch auf die Revision der als Nebenklägerin zugelassenen Mutter des Verstorbenen wiederum aufgehoben und die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Er hat dies – auch unter Feststellung von Verstößen gegen die Bindungswirkung des ersten Urteils des Senats – im Wesentlichen wie folgt begründet: Nachdem es bereits in der ersten Phase der Exkorporation zu einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands des C. gekommen sei und der Angeklagte sich veranlasst gesehen habe, den Notarzt zu rufen, stelle die Fortsetzung der Exkorporation nach Tätigwerden des Notarztes eine rechtswidrige vorsätzliche Körperverletzung dar. Die Maßnahmen des Angeklagten hätten den Tod des C. nach den Feststellungen des Landgerichts mitverursacht. Die Vorhersehbarkeit des Todeseintritts für den Angeklagten stehe auch auf der Grundlage des durch das Landgericht als todesursächlich unterstellten multifaktoriellen Geschehens nicht in Frage.
Das Landgericht Bremen wird danach erneut über die Sache zu verhandeln haben, da eine abschließende Entscheidung des Senats zum Schuldspruch aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, d.h. der Zivil- und Strafrechtspflege, die in den unteren Instanzen von den zur Zuständigkeit der Länder gehörenden Amts-, Land- und Oberlandesgerichten ausgeübt wird.
Im Anschluss an die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 wurde am 1. Oktober 1950 der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingerichtet.
Der Bundesgerichtshof ist – bis auf wenige Ausnahmen – Revisionsgericht. Er hat vor allem die Sicherung der Rechtseinheit durch Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und die Fortbildung des Rechts zur Aufgabe.
Der Bundesgerichtshof ist in 12 Zivilsenate und fünf Strafsenate mit insgesamt 127 Richterinnen und Richtern aufgegliedert. Hinzu kommen acht Spezialsenate, nämlich die Senate für Landwirtschafts-, Anwalts-, Notar-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, der Kartellsenat und das Dienstgericht des Bundes.
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