Verfassungsschutz ja – aber umfassende Evaluation und Reform
- Pressemitteilung der Firma Die Linke. im Bundestag, 04.07.2012
Pressemitteilung vom: 04.07.2012 von der Firma Die Linke. im Bundestag aus Berlin
Kurzfassung: "Mit der Entlassung von Fromm als Präsident des Verfassungsschutzes ist es nicht getan. Vielmehr muss eine umfassende Evaluation und Reform des Verfassungsschutzes erfolgen", erklärt Wolfgang Neškovic, Mitglied des Parlamentarischen ...
[Die Linke. im Bundestag - 04.07.2012] Verfassungsschutz ja – aber umfassende Evaluation und Reform
"Mit der Entlassung von Fromm als Präsident des Verfassungsschutzes ist es nicht getan. Vielmehr muss eine umfassende Evaluation und Reform des Verfassungsschutzes erfolgen", erklärt Wolfgang Neškovic, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE zu den Äußerungen von Innenminister Friedrich anlässlich der Entlassung des Verfassungsschutzpräsidenten Fromm.
Neskovic weiter: "Die Forderung, den Verfassungsschutz abzuschaffen, ist verfehlt.
Das Kind darf nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Die Feuerwehr wird auch nicht abgeschafft, wenn sie bei der Brandlöschung versagt. Ein Verfassungsschutz ist notwendig, weil die Verfassung echte Feinde hat. Die Aufgabe, die Verfassung zu schützen, kann ohnehin nicht abschafft werden. Das lässt unsere Verfassung nicht zu. Statt der Abschaffung des Verfassungsschutzes muss jedoch eine gründliche Evaluierung und umfassende Reform des Dienstes erfolgen.
Bislang fehlt es an einer nachvollziehbaren Überprüfung, ob der Verfassungsschutz überhaupt das leistet, was er verspricht. Als Frühwarnsystem soll er den anderen Sicherheitsorganen und der Politik verlässliche Informationen für deren Arbeit liefern.
Es liegt bislang jedoch keine empirische Auswertung darüber vor, ob und in welchem Umfang der Verfassungsschutz diese Aufgabe tatsächlich erfüllt.
Neben einer solchen Evaluierung ist auch eine umfassende Reform erforderlich.
Ausgangspunkt für eine solche Reform muss die Vorstellung sein, dass der Verfassungsschutz eine Behörde ist wie jede andere. Das bedeutet, man muss auch beim Verfassungsschutz die Kontrollstrukturen einführen, die auch für jede andere Behörde gelten: Verantwortlichkeiten müssen klar definiert werden. Bei wichtigen Entscheidungen muss das Vier-Augen-Prinzip gelten. Außerdem müssen verstärkt Begründungs- und Dokumentationspflichten eingeführt werden. So können Verantwortlichkeiten besser nachgewiesen werden. Damit können auch Sanktionen für Fehlverhalten erfolgreicher umgesetzt werden. Gerade bei Geheimdiensten darf es keine kontrollfreien Zonen geben.
Weiterhin muss dem Verfassungsschutz der Mythos des Geheimen genommen werden. Geheimdienste unterscheiden sich zur Zeit von anderen staatlichen Behörden im Kern dadurch, dass sie sich der administrativen und parlamentarischen Kontrolle mit dem Zauberwort "geheim" entziehen. Immer dann, wenn die Exekutive oder das Parlament kontrollierend auf die Geheimdienste Zugriff nehmen, entmutigen sie die Kontrollorgane, indem sie auf den Geheimnisschutz verweisen.
Die Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium zeigt, dass 80 bis 90 Prozent aller Informationen mit einem zu hohen Geheimhaltungsgrad versehen oder überhaupt nicht geheimhaltungsbedürftig sind. Die Behauptung der Geheimhaltungspflichtigkeit verfolgt in erster Linie den Zweck, die Kontrolleure von ihrer Überprüfungstätigkeit abzuhalten. Deswegen dürfen die Kontrolleure - hierzu zählt auch die Rechtsprechung – sich von diesem Verhalten der Geheimdienste nicht beeindrucken lassen und müssen mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen.
Außerdem muss auch die parlamentarische Kontrolle verbessert werden. Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums brauchen mehr Mitarbeiter. Sie müssen sich weiterhin viel mehr Zeit für ihre Arbeit nehmen. Es ist völlig inakzeptabel, dass parlamentarische Geschäftsführer - mit ihren begrenzten Zeitkapazitäten - die Kontrolltätigkeit hemmen und damit weitgehend ineffektiv machen. Vor allen Dingen muss jeder einzelne Abgeordnete über sämtliche Kontrollrechte des Gremiums verfügen dürfen. Die gesamte parlamentarische Kontrolle wird ad absurdum geführt, wenn die Regierungsfraktionen es mit ihrer Mehrheit in der Hand haben, ob und in welchem Umfang überhaupt kontrolliert wird.
Außerdem stellt es einen Verfassungsverstoß dar, wenn dem Kontrollgremium ein Zugriff auf solche Informationen versagt ist, die ausländische Geheimdienste den deutschen Diensten zur Verfügung stellen.
Auf den Einsatz von V-Leuten sollte gänzlich verzichtet werden. Auch wenn sie im Einzelfall nützliche Informationen liefern können, so sind sie doch insgesamt ein ineffektives und rechtsstaatliches Übel.
Die Vorgänge um die NSU beweisen auch die Nutzlosigkeit des Einsatzes von VLeuten.
Über dreizehn Jahre lang ist aus der mit V-Leuten verseuchten rechten Szene keine Information zu den Mordfällen durchgedrungen. Dies obwohl die Zwickauer-Zelle nicht völlig abgeschottet von der rechten Szene agiert hat, sondern über eine größere Anzahl von Unterstützern verfügte. Es gibt genügend andere Überwachungsmöglichkeiten, die den V-Leuteeinsatz entbehrlich machen. Der Gabentisch staatlicher Überwachung ist reich gedeckt: akustische und optische Videoüberwachung, Onlinedurchsuchung, Observation, Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, verdeckte Ermittler u.s.w."
Wolfgang Neškovic, MdB
- Richter am Bundesgerichtshof a. D. -
Justiziar der Fraktion DIE LINKE.
Mitglied im Vorstand der Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
(030) 227 – 72065
(030) 227 – 76468
wolfgang.neskovic@bundestag.de
"Mit der Entlassung von Fromm als Präsident des Verfassungsschutzes ist es nicht getan. Vielmehr muss eine umfassende Evaluation und Reform des Verfassungsschutzes erfolgen", erklärt Wolfgang Neškovic, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE zu den Äußerungen von Innenminister Friedrich anlässlich der Entlassung des Verfassungsschutzpräsidenten Fromm.
Neskovic weiter: "Die Forderung, den Verfassungsschutz abzuschaffen, ist verfehlt.
Das Kind darf nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Die Feuerwehr wird auch nicht abgeschafft, wenn sie bei der Brandlöschung versagt. Ein Verfassungsschutz ist notwendig, weil die Verfassung echte Feinde hat. Die Aufgabe, die Verfassung zu schützen, kann ohnehin nicht abschafft werden. Das lässt unsere Verfassung nicht zu. Statt der Abschaffung des Verfassungsschutzes muss jedoch eine gründliche Evaluierung und umfassende Reform des Dienstes erfolgen.
Bislang fehlt es an einer nachvollziehbaren Überprüfung, ob der Verfassungsschutz überhaupt das leistet, was er verspricht. Als Frühwarnsystem soll er den anderen Sicherheitsorganen und der Politik verlässliche Informationen für deren Arbeit liefern.
Es liegt bislang jedoch keine empirische Auswertung darüber vor, ob und in welchem Umfang der Verfassungsschutz diese Aufgabe tatsächlich erfüllt.
Neben einer solchen Evaluierung ist auch eine umfassende Reform erforderlich.
Ausgangspunkt für eine solche Reform muss die Vorstellung sein, dass der Verfassungsschutz eine Behörde ist wie jede andere. Das bedeutet, man muss auch beim Verfassungsschutz die Kontrollstrukturen einführen, die auch für jede andere Behörde gelten: Verantwortlichkeiten müssen klar definiert werden. Bei wichtigen Entscheidungen muss das Vier-Augen-Prinzip gelten. Außerdem müssen verstärkt Begründungs- und Dokumentationspflichten eingeführt werden. So können Verantwortlichkeiten besser nachgewiesen werden. Damit können auch Sanktionen für Fehlverhalten erfolgreicher umgesetzt werden. Gerade bei Geheimdiensten darf es keine kontrollfreien Zonen geben.
Weiterhin muss dem Verfassungsschutz der Mythos des Geheimen genommen werden. Geheimdienste unterscheiden sich zur Zeit von anderen staatlichen Behörden im Kern dadurch, dass sie sich der administrativen und parlamentarischen Kontrolle mit dem Zauberwort "geheim" entziehen. Immer dann, wenn die Exekutive oder das Parlament kontrollierend auf die Geheimdienste Zugriff nehmen, entmutigen sie die Kontrollorgane, indem sie auf den Geheimnisschutz verweisen.
Die Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium zeigt, dass 80 bis 90 Prozent aller Informationen mit einem zu hohen Geheimhaltungsgrad versehen oder überhaupt nicht geheimhaltungsbedürftig sind. Die Behauptung der Geheimhaltungspflichtigkeit verfolgt in erster Linie den Zweck, die Kontrolleure von ihrer Überprüfungstätigkeit abzuhalten. Deswegen dürfen die Kontrolleure - hierzu zählt auch die Rechtsprechung – sich von diesem Verhalten der Geheimdienste nicht beeindrucken lassen und müssen mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen.
Außerdem muss auch die parlamentarische Kontrolle verbessert werden. Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums brauchen mehr Mitarbeiter. Sie müssen sich weiterhin viel mehr Zeit für ihre Arbeit nehmen. Es ist völlig inakzeptabel, dass parlamentarische Geschäftsführer - mit ihren begrenzten Zeitkapazitäten - die Kontrolltätigkeit hemmen und damit weitgehend ineffektiv machen. Vor allen Dingen muss jeder einzelne Abgeordnete über sämtliche Kontrollrechte des Gremiums verfügen dürfen. Die gesamte parlamentarische Kontrolle wird ad absurdum geführt, wenn die Regierungsfraktionen es mit ihrer Mehrheit in der Hand haben, ob und in welchem Umfang überhaupt kontrolliert wird.
Außerdem stellt es einen Verfassungsverstoß dar, wenn dem Kontrollgremium ein Zugriff auf solche Informationen versagt ist, die ausländische Geheimdienste den deutschen Diensten zur Verfügung stellen.
Auf den Einsatz von V-Leuten sollte gänzlich verzichtet werden. Auch wenn sie im Einzelfall nützliche Informationen liefern können, so sind sie doch insgesamt ein ineffektives und rechtsstaatliches Übel.
Die Vorgänge um die NSU beweisen auch die Nutzlosigkeit des Einsatzes von VLeuten.
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Über Die Linke. im Bundestag:
Nach der Bundestagswahl am 18. September 2005 setzt sich die Linkspartei-Bundestagsfraktion für die 16. Legislaturperiode aus 54 Abgeordneten zusammen. Sie trägt den Namen „DIE LINKE.“.
Firmenkontakt:
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