Krise im Euroraum holt die deutsche Wirtschaft ein
- Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 04.07.2012
Pressemitteilung vom: 04.07.2012 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin
Kurzfassung: Die Krise im Euroraum bremst die deutsche Wirtschaft stärker als zunächst erwartet. Im Jahresdurchschnitt wird die Wirtschaft nur um ein Prozent wachsen. Dabei wird die Konjunktur hauptsächlich von der Binnenwirtschaft gestützt, die deutsche ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 04.07.2012] Krise im Euroraum holt die deutsche Wirtschaft ein
Die Krise im Euroraum bremst die deutsche Wirtschaft stärker als zunächst erwartet. Im Jahresdurchschnitt wird die Wirtschaft nur um ein Prozent wachsen. Dabei wird die Konjunktur hauptsächlich von der Binnenwirtschaft gestützt, die deutsche Exportindustrie wird erst um die Jahreswende wieder anziehen. Im nächsten Jahr liegt die Wachstumsrate dann bei knapp zwei Prozent. Die schwache konjunkturelle Entwicklung wird in diesem Jahr vorübergehend zu einem leichten Rückgang der Beschäftigung führen. Die Arbeitslosenquote wird dieses und nächstes Jahr bei knapp sieben Prozent liegen.
Dies sind in Kürze die wichtigsten Ergebnisse der "Sommergrundlinien 2012" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). "Die Krise im Euroraum holt die deutsche Wirtschaft ein", sagt DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. "Daran werden auch die Gipfelbeschlüsse von vergangener Woche kurzfristig nicht viel ändern."
Gipfelbeschlüsse sollten überlegt umgesetzt werden
Einige der Gipfelbeschlüsse sind dabei im Grundsatz zu begrüßen. "Wir halten es für richtig, dass den europäischen Finanzmärkten eine echte europäische Aufsichtsbehörde gegenübergestellt werden soll", sagt Fichtner. Eine Aufsichtsbehörde müsse jedoch mit hinreichenden Kompetenzen zur Kontrolle und Sanktionierung ausgestattet werden. Dies sei in kurzer Zeit kaum zu schaffen. Auch eine direkte Hilfe für marode Banken durch die Rettungsfonds sei im Grunde richtig, da die Staaten damit alleine teilweise überfordert seien und sich die Europäische Zentralbank dann wieder auf das Ziel der Preisstabilität konzentrieren könne. "Die direkte Hilfe kann aber nur ultima ratio sein, das Haftungsprinzip darf nicht völlig ausgehebelt werden", sagt Fichtner. "Bevor eine Bank Hilfe vom Steuerzahler erhält, sind erst mal Eigentümer und Gläubiger in der Pflicht." Wegen der zu erwartenden politischen Konflikte bei der Umsetzung der Gipfelbeschlüsse rechnet das DIW Berlin nicht damit, dass die Unsicherheit an den Finanzmärkten dauerhaft beruhigt werden kann.
Deutsche Wirtschaft gedämpft
Die Nachfrage nach deutschen Produkten aus dem Euroraum wird schwach bleiben, denn der Euroraum ist wegen der Schuldenprobleme in vielen Ländern und der anhaltenden Unsicherheit an den Finanzmärkten in einer ausgeprägten Rezession. Auch aus den übrigen Industrieländern dürfte die Nachfrage eher gedämpft bleiben; in den USA etwa wird die Regierung nach den Präsidentschaftswahlen im November mit kräftigen Einsparungen auf die hohe Staatsverschuldung reagieren. Nur in den Schwellenländern wie China und Brasilien wird die Konjunktur dank zunehmend expansiverer Geld- und Finanzpolitik allmählich wieder zulegen. Ab der Jahreswende dürfte das nach Einschätzung des DIW Berlin auch die deutschen Exporte etwas antreiben.
Die Investitionstätigkeit in Deutschland ist zunächst verhalten. Positive Impulse kommen im Wesentlichen von der Bauwirtschaft, vor allem wegen der günstigen Finanzierungskonditionen. Besonders dynamisch entwickelt sich der Wohnungsbau. Dazu tragen neben der regen Neubautätigkeit auch die stark zunehmenden Sanierungsmaßnahmen bei. Anders sieht es nach Einschätzung des DIW Berlin bei den Ausrüstungsinvestitionen aus: "Die Firmen halten sich mit Investitionen in diesem Jahr deutlich zurück", sagt DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. "Die Krise lässt die Unternehmen vorsichtiger planen, weil nicht klar ist, wohin die Reise geht", so Junker.
Kurze Schwächephase am Arbeitsmarkt
Das Wachstum stützt sich in diesem Jahr vor allem auf eine recht kräftige Nachfrage der privaten Haushalte. "Die Menschen in Deutschland sind zwar auch verunsichert und legen mehr Geld zurück", sagt Junker. "Die Einkommen dürften in diesem Jahr aber kräftig steigen, das regt die Konsumnachfrage an." Gleichzeitig ist mit zurückgehender Inflation zu rechnen, so dass die Kaufkraft der Haushalte deutlich zulegen wird. Im Sommerhalbjahr 2012 werde die Konjunktur in Deutschland trotzdem spürbar schwächeln, so das DIW Berlin. Das werde auch am Arbeitsmarkt zu spüren sein. "Die vor allem zu Jahresbeginn wirklich außerordentlich gute Entwicklung am Arbeitsmarkt wird sich erst mal nicht fortsetzen", so Simon Junker. Zeitweise sei sogar mit Beschäftigungsrückgängen zu rechnen. Trotzdem werde die Arbeitslosenquote mit knapp sieben Prozent in diesem und im nächsten Jahr stabil bleiben. "Insgesamt steht die deutsche Wirtschaft immer noch sehr gut da", so Junker. Eine Rezession wegen der Krise im Euroraum sei in Deutschland nicht zu erwarten.
Kritik an Haushaltsentwicklung
Kritik üben die DIW-Experten an der Entwicklung der öffentlichen Haushalte. "Die Konjunktur lief zuletzt gut, und auch im Prognosezeitraum profitieren die öffentlichen Finanzen von der wirtschaftlichen Entwicklung. Da könnte die Neuverschuldung des Bundes wesentlich ambitionierter zurückgeführt werden", sagt DIW-Finanzexpertin Kristina van Deuverden. Die aktuell günstige Lage der öffentlichen Haushalte solle nicht dazu verleiten, die Konsolidierung auf die lange Bank zu schieben. "Bei einer Zuspitzung der Krise im Euroraum könnte das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik schnell verlorengehen", warnt van Deuverden.
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Die Krise im Euroraum bremst die deutsche Wirtschaft stärker als zunächst erwartet. Im Jahresdurchschnitt wird die Wirtschaft nur um ein Prozent wachsen. Dabei wird die Konjunktur hauptsächlich von der Binnenwirtschaft gestützt, die deutsche Exportindustrie wird erst um die Jahreswende wieder anziehen. Im nächsten Jahr liegt die Wachstumsrate dann bei knapp zwei Prozent. Die schwache konjunkturelle Entwicklung wird in diesem Jahr vorübergehend zu einem leichten Rückgang der Beschäftigung führen. Die Arbeitslosenquote wird dieses und nächstes Jahr bei knapp sieben Prozent liegen.
Dies sind in Kürze die wichtigsten Ergebnisse der "Sommergrundlinien 2012" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). "Die Krise im Euroraum holt die deutsche Wirtschaft ein", sagt DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. "Daran werden auch die Gipfelbeschlüsse von vergangener Woche kurzfristig nicht viel ändern."
Gipfelbeschlüsse sollten überlegt umgesetzt werden
Einige der Gipfelbeschlüsse sind dabei im Grundsatz zu begrüßen. "Wir halten es für richtig, dass den europäischen Finanzmärkten eine echte europäische Aufsichtsbehörde gegenübergestellt werden soll", sagt Fichtner. Eine Aufsichtsbehörde müsse jedoch mit hinreichenden Kompetenzen zur Kontrolle und Sanktionierung ausgestattet werden. Dies sei in kurzer Zeit kaum zu schaffen. Auch eine direkte Hilfe für marode Banken durch die Rettungsfonds sei im Grunde richtig, da die Staaten damit alleine teilweise überfordert seien und sich die Europäische Zentralbank dann wieder auf das Ziel der Preisstabilität konzentrieren könne. "Die direkte Hilfe kann aber nur ultima ratio sein, das Haftungsprinzip darf nicht völlig ausgehebelt werden", sagt Fichtner. "Bevor eine Bank Hilfe vom Steuerzahler erhält, sind erst mal Eigentümer und Gläubiger in der Pflicht." Wegen der zu erwartenden politischen Konflikte bei der Umsetzung der Gipfelbeschlüsse rechnet das DIW Berlin nicht damit, dass die Unsicherheit an den Finanzmärkten dauerhaft beruhigt werden kann.
Deutsche Wirtschaft gedämpft
Die Nachfrage nach deutschen Produkten aus dem Euroraum wird schwach bleiben, denn der Euroraum ist wegen der Schuldenprobleme in vielen Ländern und der anhaltenden Unsicherheit an den Finanzmärkten in einer ausgeprägten Rezession. Auch aus den übrigen Industrieländern dürfte die Nachfrage eher gedämpft bleiben; in den USA etwa wird die Regierung nach den Präsidentschaftswahlen im November mit kräftigen Einsparungen auf die hohe Staatsverschuldung reagieren. Nur in den Schwellenländern wie China und Brasilien wird die Konjunktur dank zunehmend expansiverer Geld- und Finanzpolitik allmählich wieder zulegen. Ab der Jahreswende dürfte das nach Einschätzung des DIW Berlin auch die deutschen Exporte etwas antreiben.
Die Investitionstätigkeit in Deutschland ist zunächst verhalten. Positive Impulse kommen im Wesentlichen von der Bauwirtschaft, vor allem wegen der günstigen Finanzierungskonditionen. Besonders dynamisch entwickelt sich der Wohnungsbau. Dazu tragen neben der regen Neubautätigkeit auch die stark zunehmenden Sanierungsmaßnahmen bei. Anders sieht es nach Einschätzung des DIW Berlin bei den Ausrüstungsinvestitionen aus: "Die Firmen halten sich mit Investitionen in diesem Jahr deutlich zurück", sagt DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. "Die Krise lässt die Unternehmen vorsichtiger planen, weil nicht klar ist, wohin die Reise geht", so Junker.
Kurze Schwächephase am Arbeitsmarkt
Das Wachstum stützt sich in diesem Jahr vor allem auf eine recht kräftige Nachfrage der privaten Haushalte. "Die Menschen in Deutschland sind zwar auch verunsichert und legen mehr Geld zurück", sagt Junker. "Die Einkommen dürften in diesem Jahr aber kräftig steigen, das regt die Konsumnachfrage an." Gleichzeitig ist mit zurückgehender Inflation zu rechnen, so dass die Kaufkraft der Haushalte deutlich zulegen wird. Im Sommerhalbjahr 2012 werde die Konjunktur in Deutschland trotzdem spürbar schwächeln, so das DIW Berlin. Das werde auch am Arbeitsmarkt zu spüren sein. "Die vor allem zu Jahresbeginn wirklich außerordentlich gute Entwicklung am Arbeitsmarkt wird sich erst mal nicht fortsetzen", so Simon Junker. Zeitweise sei sogar mit Beschäftigungsrückgängen zu rechnen. Trotzdem werde die Arbeitslosenquote mit knapp sieben Prozent in diesem und im nächsten Jahr stabil bleiben. "Insgesamt steht die deutsche Wirtschaft immer noch sehr gut da", so Junker. Eine Rezession wegen der Krise im Euroraum sei in Deutschland nicht zu erwarten.
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