NIEBEL-Interview für die "Pforzheimer Zeitung

Kurzfassung: NIEBEL-Interview für die "Pforzheimer Zeitung"Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied, Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab der "Pforzheimer Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Di ...
[FDP Bundesgeschäftsstelle - 16.08.2012] NIEBEL-Interview für die "Pforzheimer Zeitung"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied, Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab der "Pforzheimer Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte HAGEN STRAUSS:
Frage: Herr Minister, destabilisieren Islamisten zunehmend die afrikanischen Länder?
NIEBEL: Absolut. Wenn man sich die Karte Afrikas anschaut, finden sich immer mehr Länder, die instabil sind und in denen sich Terrorismus ausbreitet. Besonders gilt das für den südlichen Rand der Sahara von Guinea-Bissau über Mali, Nigeria bis hin nach Somalia ans Horn von Afrika. Dort entsteht ein Gürtel von zunehmend fragilen Staaten, die auch Extremisten Nährboden bieten.
Frage: Das hört sich an, als ob der Islamismus in Afrika kaum mehr aufzuhalten wäre.
NIEBEL: Als ich in der vergangenen Woche in Mali war, ist dort das erste Mal jemandem zur Bestrafung die Hand abgehakt worden. Zeitgleich wurde dies auch in einer anderen Stadt Nord-Malis versucht. Dort hat sich die Bevölkerung den Islamisten widersetzt und das Verbrechen verhindert. Das zeigt mir: Solange der Widerstandsgeist der Menschen durch Terrorisierung noch nicht gebrochen ist, solange hat man eine Chance, mit ihnen gemeinsam gegen die Islamisten vorzugehen. In Mali wollen Regierung und Bevölkerung einen laizistischen Staat haben und nicht die Anwendung der Sharia. Das gilt auch für andere Staaten Afrikas.
Frage: Ein "gemeinsamen Vorgehen" klingt gut, doch was verstehen Sie darunter?
NIEBEL: Die Perspektivlosigkeit in manchen Regionen trägt dazu bei, dass Extremisten Nährboden bekommen. Wenn der Terrorismus versucht, Fuß zu fassen, versuchen wir, die legitimen Regierungen im Kampf dagegen zu unterstützen. Wir haben deshalb auch noch zu keinem Zeitpunkt Projekte, Maßnahmen und Hilfen gekürzt oder gestrichen, weil es islamistische Tendenzen in einem Staat gab. Gerade in fragilen Staaten oder in Staaten mit fragwürdiger Regierungsführung schauen wir ganz genau hin, ob und wie wir mit ihnen zusammenarbeiten können. Wenn aber in einem Land wie Mali plötzlich die verfassungsmäßige Ordnung über Bord geworfen wird, dann kann das eben auch Konsequenzen haben - bis hin zur teilweisen Aussetzung der Entwicklungszusammenarbeit.
Frage: Sind Sie enttäuscht von den politischen Entwicklungen, die der arabische Frühling hervorgebracht hat?
NIEBEL: Man darf so einen Prozess nicht mit übertriebenen Erwartungen begleiten, sondern muss die langfristigen Entwicklungen sehen. Wenn wie in Ägypten eine islamistische Partei die Wahlen gewinnt, bereitet einem das natürlich Sorge. Aber man muss dann auch abwarten, wie sich das auf das Regierungshandeln auswirkt. Es gibt große Erfolge für die Demokratiebewegungen. In Tunesien oder Marokko sind Verfassungen in Kraft oder in Arbeit, die einen freiheitlichen Islam für die Bevölkerung beschreiben. In Libyen ist eine liberale Allianz als Sieger aus den ersten freien Parlamentswahlen hervorgegangen. In den Ländern des arabischen Frühlings benötigt die Bevölkerung eine politische und eine wirtschaftliche Perspektive. Bei beidem müssen wir weiterhin helfen.
Frage: Alle Blicke richten sich derzeit auf Syrien. Sind sie zuversichtlich, dass das Assad-Regime bald Geschichte ist?
NIEBEL: Wenn die internationale Staatengemeinschaft sich im Weltsicherheitsrat nicht einig ist, dauert der Konflikt länger. Das ist ein ganz klarer Appell an Russland und China, endlich stärkeren Druck auf Assad auszuüben, damit es eine politische Lösung gibt. Denn nur das kann das Ziel sein. Ein militärisches Eingreifen würde den Konflikt nur weiter verlängern. Ich warne allerdings auch davor, zu viele Hoffnungen mit den Rebellen zu verbinden. Wir wissen schließlich nicht, welche Gruppierungen sich da zusammengeschlossen haben und wie sie das Land in eine bessere Zukunft führen wollen.

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