NIEBEL-Interview für den "Reutlinger Generalanzeiger (16.02.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 16.02.2011
Pressemitteilung vom: 16.02.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Das FDP-Bundesvorstandsmitglied, Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Reutlinger Generalanzeiger" heute das folgende Interview. Die Fragen stellten CHRISTOPH IRION und ROLAND BENGEL: Frage: Herr Niebel, muss sich die ...

[FDP - 16.02.2011] NIEBEL-Interview für den "Reutlinger Generalanzeiger" (16.02.2011)


Berlin. Das FDP-Bundesvorstandsmitglied, Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Reutlinger Generalanzeiger" heute das folgende Interview. Die Fragen stellten CHRISTOPH IRION und ROLAND BENGEL:

Frage: Herr Niebel, muss sich die Entwicklungspolitik neu orientieren angesichts des Wandels in der arabischen Welt und im Maghreb?

NIEBEL: Ich stelle jedenfalls fest, dass wir an ein Zeitfenster neuer Möglichkeiten gelangt sind. Der Ruf nach Freiheit verbreitet sich weiter. Wieder zeigt sich, dass man den Drang nach Demokratie niemals dauerhaft verhindern kann. Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dies sei eine vom Westen gesteuerte Demokratiebewegung. Aber überall dort, wo es gewünscht ist, wollen wir unterstützen. Tunesien fragt an, ob wir eine Fachkraft stellen können, die das neu gegründete Versöhnungskomitee beraten kann - solchen Wünschen werden wir nachkommen.

Frage: Noch einmal: Müssen wir nicht umsteuern, wenn es um Hilfe für Staaten geht, von denen viele bislang wenig mit Demokratie im Sinn hatten?

NIEBEL: Genau das ist bereits geschehen. Wir machen heute Entwicklungskooperation, nicht Entwicklungshilfe. Diese Sicht der Dinge hat die Länder in der Vergangenheit in Abhängigkeit geführt. Wir verfolgen jetzt den Ansatz, dass wir Armut dauerhaft nur bekämpfen können, wenn wir wirtschaftliche Wachstumsimpulse in den Partnerländern unterstützen, damit Menschen ein Arbeitseinkommen erzielen und Staaten regulär Steuern einnehmen, um Straßen, Bildung und Gesundheit zu finanzieren.

Frage: Müssen wir angesichts der Flüchtlingswelle auf Lampedusa künftig von der Abschottung Europas gegenüber Afrika abrücken?

NIEBEL: Ich teile Ihre Interpretation nicht. Die Bundeskanzlerin hat zu Recht gesagt, wir müssen die Fluchtgründe beheben. Das heißt nicht, dass sich Europa abschotten will. Europa muss besser mit Afrika kooperieren. Ein Teil der Demokratiebewegung, insbesondere der Fluchtbewegung, ist durch die Perspektivlosigkeit der Menschen begründet. Dauerhaft schaffen nur schulische und berufliche Bildung Perspektiven. Wir
brauchen deshalb Arbeitsplätze. Dabei ist auch die deutsche Wirtschaft aufgerufen, sich zu engagieren.

Frage: Deutschland hat sich 1970 erstmals für das internationale Ziel verpflichtet, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsarbeit zu geben. Heute sind Sie nicht einmal bei 0,4 Prozent angelangt...

NIEBEL: Das ist richtig. Keine Regierung hat das geschafft. Aber richtig ist auch: Mein Ministerium hat den höchsten Etat, den es jemals in Deutschland für Entwicklungskooperation gegeben hat. Wir wollen dem 0,7-Prozent-Ziel möglichst nahe kommen, aber wir werden nicht alles mit Steuermitteln schaffen.

Frage: Was planen Sie da?

NIEBEL: So soll im Rahmen des Klimapaketes der Bundesregierung ein Großteil der Erlöse für C02-Emissionszertifikate in die Entwicklungspolitik fließen. Und zusammen mit der KfW-Entwicklungsbank arbeiten wir an teilweise privat finanzierten Fonds für
Entwicklungsprojekte. Außerdem prüfen wir zusammen mit dem Finanzminister gerade, ob wir einen Entwicklungs-Schatzbrief auflegen können: Das wäre eine Art ethisches Investment für Menschen, die ihr Geld wie beim Bundesschatzbrief sicher anlegen wollen, dabei aber nicht allzu viel Rendite erwarten können, da die erwirtschafteten Zinsen auch in die Entwicklungsinvestitionen fließen sollen.

Frage: Nach vielen erfolglosen Versuchen ist im Dezember ein Neuzuschnitt der
deutschen Entwicklungsorganisationen gelungen. Die weltweit anerkannte
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die Bildungsagentur Inwent sowie der Deutsche Entwicklungsdienst DED sind fusioniert. Was bringt das?

NIEBEL: Das ist die größte Strukturreform der Entwicklungspolitik in den vergangenen 50 Jahren. Drei Regierungen sind an diesem Vorhaben gescheitert. Ein wichtiges Ziel ist: Wir wollen die politische Steuerungsfähigkeit erhöhen. Es gab Zeiten, da war es in manchen Ländern für einen GTZ-Landesleiter einfacher, einen Präsidententermin zu bekommen als für den deutschen Botschafter. Das kann nicht sein.

Frage: Und Sie erwarten Effizienzgewinne...

NIEBEL: Ja, wir bauen Doppel- und Dreifachstrukturen ab und erwarten mehr Wirksamkeit pro eingesetzten Euro. Konkret sind wir in einer Phase, in der sich 19 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam neu aufstellen. Wir haben jetzt sieben Pilotländer, in denen wir diese neuen Strukturen testen. Wichtig ist, dass der Ansprechpartner für deutsche Entwicklungspolitik in allen diesen Ländern künftig nur noch einer sein soll - nicht mehr wie bisher drei bis vier.

Frage: Wird Entwicklungshilfe nicht immer wieder durch Rüstungsexporte konterkariert?

NIEBEL: Das Entwicklungsministerium exportiert keine Rüstung...

Frage: ... nicht Ihr Ministerium, aber die deutsche Wirtschaft mit Genehmigung der Bundesregierung ...

NIEBEL: Die Bundesregierung hat im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit immer Wert darauf gelegt, dass bei Waffenlieferungen die entwicklungspolitischen Implikationen
berücksichtigt werden. Es gibt viele Fälle, in denen der Bundessicherheitsrat Exportanträge abgelehnt hat, weil sie entwicklungspolitische Ziele konterkarieren würden. Bei Ägypten war es eine andere Situation. Da haben die Rüstungsexporte nicht dazu gedient, mit Kleinwaffen auf Demonstranten zu schießen. Es ging dort um große
Rüstungsgüter, die im Rahmen der Stabilität des Nahen Ostens für die ägyptische Armee sinnvoll und notwendig waren. Es zeigt sich jetzt, dass die Armee ein stabilisierender Faktor in Ägypten ist.

Frage: Ihre Partei, die FDP, ist bei den kommenden Landtagswahlen sehr herausgefordert. Den Reigen eröffnet am kommenden Sonntag Hamburg, wo die SPD viel Zuspruch erwartet...

NIEBEL: Es sieht aber so aus, dass wir nach zwei Wahlperioden wieder parlamentarisch vertreten sein werden. Das wäre ein Swing, der einiges drehen würde. Ich gehe davon aus, dass der dortige SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz auch mit uns sprechen wird. Die SPD wird mit den Grünen Schwierigkeiten bekommen: Wenn Herr Scholz mit seinem
wirtschaftspolitischen Kurs, den Hamburg zwingend braucht, erfolgreich regieren will, wird es viele Gründe geben, mit der FDP ins Gespräch zu kommen.

Frage: Hamburg und am 20. März Sachsen- Anhalt könnten aber auch für einen für
Sie unangenehmen Swing sorgen, der am 27. März bis noch Baden-Württemberg reicht...

NIEBEL: Da bin ich sehr zuversichtlich. Denn es kommt darauf an, wer hier regiert. Ob sie die Fragen des Länderfinanzausgleichs, der Bildungs- oder bei uns in Berlin in der Entwicklungspolitik anschauen: Überall ist es die FDP, die den Unterschied macht. Hier im Südwesten haben wir fast überall nahezu Vollbeschäftigung. Das ist das, was
die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg sehr genau wissen.


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Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

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Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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