17.10.2012 10:32 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Risiko Staatsanleihen: Reformbedarf bei der EU-Bankenregulierung
Kurzfassung: Risiko Staatsanleihen: Reformbedarf bei der EU-BankenregulierungDie Kreditrisiken von Staaten und ihren heimischen Bankensektoren sind eng miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Die ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 17.10.2012] Risiko Staatsanleihen: Reformbedarf bei der EU-Bankenregulierung
Die Kreditrisiken von Staaten und ihren heimischen Bankensektoren sind eng miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Die wechselseitigen Ansteckungseffekte werden durch die Neigung der Banken verschärft, überwiegend in Staatsanleihen des Heimatlandes zu investieren. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). "Staatsanleihen sind keine risikolosen Anlagen. Die künftige EU-Bankenregulierung sollte Schluss machen mit ihrer systematischen Verharmlosung", sagt DIW-Experte Sören Radde, der die Studie zusammen mit Johannes Pockrandt, Referent im Europäischen Parlament, verfasst hat.
Wie die jüngsten Entwicklungen in Irland, Griechenland und Spanien gezeigt haben, gefährden Finanzierungskrisen von Staaten, deren Bankensektoren und Bankenkrisen die Zahlungsfähigkeit ihrer Heimatstaaten. Der Zusammenhang entsteht bereits lange bevor es zu einem tatsächlichen Zahlungsausfall kommt. Sobald Staaten von Ratingagenturen herabgestuft werden, sinkt der Wert der Staatsanleihen im Bankenportfolio und damit das besicherte Kreditvolumen. Somit verschlechtern sich die kurzfristigen Refinanzierungsbedingungen der Banken. Auf der anderen Seite dämpft eine Kreditverknappung seitens der Banken das Investitionsvolumen, die Konjunktur und schließlich die Steuereinnahmen. Die Sorge vor einer Kreditklemme treibt Staaten gar zu Rettungsmaßnahmen, die sie an den Rand ihrer eigenen Finanzierungsmöglichkeiten führen - es kommt zu einer Zwillingskrise. "Auffällig ist, dass dieser Zusammenhang unabhängig vom Kreditrating der Staaten auf den Märkten wahrgenommen wird. Er besteht nicht nur in den von der Schuldenkrise betroffenen Staaten, sondern auch in den Kernländern der Eurozone", sagt Radde. Der unheilvolle Zusammenhang ließe sich entschärfen, wenn Banken ihre Staatsanleiheportfolios regional diversifizierten. Tatsächlich investieren Banken jedoch zum überwiegenden Teil in die Staatsanleihen ihres Heimatstaates und verstärken damit das Risiko. Diese Verzerrung zugunsten des Heimatstaates ("Home Bias") beträgt im europäischen Durchschnitt 53 Prozent, in den Staaten mit Schuldenproblemen sogar deutlich über 60 Prozent.
"Sowohl die geltende Regulierung als auch die Pläne zur Umsetzung des Regelwerks Basel III ignorieren diese Zusammenhänge: Für eine Investition in europäische Staatsanleihen müssen Banken kein Eigenkapital vorhalten und bevorzugen sie daher gegenüber vergleichbar riskanten privaten Papieren", erklärt Radde. Dass Anleihekäufe von EU-Mitgliedsländern von Größenbeschränkungen ausgenommen sind, verstärke diese Tendenz zusätzlich.
Die Autoren plädieren für eine Streichung der Ausnahmereglungen, die es Banken erlauben, ihr Staatsanleiheportfolio pauschal als risikolos zu bewerten. Ideal wäre eine Eigenkapitalunterlegung für Staatsanleihen, je nach Rating. Das Rating von Staatsanleihen sei in der Praxis jedoch schwer zu bestimmen. Denkbar wäre daher auch, die Höchstgrenze für Kredite von 25 Prozent der Eigenmittel einer Bank, die bereits für private Gegenparteien gilt, auf Staatsanleihen auszuweiten. Für eine noch wirkungsvollere Risikostreuung sollten Banken zumindest in der Eurozone generell nur Staatsanleihen ohne länderspezifisches Risiko kaufen dürfen, zum Beispiel aus einem Pool von gemeinschaftlich begebenen Anleihen mit getrennter Haftung
Pressestelle
Renate Bogdanovic
Nicole Walter
Telefon +49-30-897 89-249, -250 oder -252
Mobil +49-174-319-3131
Mobil +49-174-183-5713
presse@diw.de
Pressereferentin Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Monika Wimmer
Telefon +49-30-89789-251
Mail: mwimmer@diw.de
Die Kreditrisiken von Staaten und ihren heimischen Bankensektoren sind eng miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Die wechselseitigen Ansteckungseffekte werden durch die Neigung der Banken verschärft, überwiegend in Staatsanleihen des Heimatlandes zu investieren. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). "Staatsanleihen sind keine risikolosen Anlagen. Die künftige EU-Bankenregulierung sollte Schluss machen mit ihrer systematischen Verharmlosung", sagt DIW-Experte Sören Radde, der die Studie zusammen mit Johannes Pockrandt, Referent im Europäischen Parlament, verfasst hat.
Wie die jüngsten Entwicklungen in Irland, Griechenland und Spanien gezeigt haben, gefährden Finanzierungskrisen von Staaten, deren Bankensektoren und Bankenkrisen die Zahlungsfähigkeit ihrer Heimatstaaten. Der Zusammenhang entsteht bereits lange bevor es zu einem tatsächlichen Zahlungsausfall kommt. Sobald Staaten von Ratingagenturen herabgestuft werden, sinkt der Wert der Staatsanleihen im Bankenportfolio und damit das besicherte Kreditvolumen. Somit verschlechtern sich die kurzfristigen Refinanzierungsbedingungen der Banken. Auf der anderen Seite dämpft eine Kreditverknappung seitens der Banken das Investitionsvolumen, die Konjunktur und schließlich die Steuereinnahmen. Die Sorge vor einer Kreditklemme treibt Staaten gar zu Rettungsmaßnahmen, die sie an den Rand ihrer eigenen Finanzierungsmöglichkeiten führen - es kommt zu einer Zwillingskrise. "Auffällig ist, dass dieser Zusammenhang unabhängig vom Kreditrating der Staaten auf den Märkten wahrgenommen wird. Er besteht nicht nur in den von der Schuldenkrise betroffenen Staaten, sondern auch in den Kernländern der Eurozone", sagt Radde. Der unheilvolle Zusammenhang ließe sich entschärfen, wenn Banken ihre Staatsanleiheportfolios regional diversifizierten. Tatsächlich investieren Banken jedoch zum überwiegenden Teil in die Staatsanleihen ihres Heimatstaates und verstärken damit das Risiko. Diese Verzerrung zugunsten des Heimatstaates ("Home Bias") beträgt im europäischen Durchschnitt 53 Prozent, in den Staaten mit Schuldenproblemen sogar deutlich über 60 Prozent.
"Sowohl die geltende Regulierung als auch die Pläne zur Umsetzung des Regelwerks Basel III ignorieren diese Zusammenhänge: Für eine Investition in europäische Staatsanleihen müssen Banken kein Eigenkapital vorhalten und bevorzugen sie daher gegenüber vergleichbar riskanten privaten Papieren", erklärt Radde. Dass Anleihekäufe von EU-Mitgliedsländern von Größenbeschränkungen ausgenommen sind, verstärke diese Tendenz zusätzlich.
Die Autoren plädieren für eine Streichung der Ausnahmereglungen, die es Banken erlauben, ihr Staatsanleiheportfolio pauschal als risikolos zu bewerten. Ideal wäre eine Eigenkapitalunterlegung für Staatsanleihen, je nach Rating. Das Rating von Staatsanleihen sei in der Praxis jedoch schwer zu bestimmen. Denkbar wäre daher auch, die Höchstgrenze für Kredite von 25 Prozent der Eigenmittel einer Bank, die bereits für private Gegenparteien gilt, auf Staatsanleihen auszuweiten. Für eine noch wirkungsvollere Risikostreuung sollten Banken zumindest in der Eurozone generell nur Staatsanleihen ohne länderspezifisches Risiko kaufen dürfen, zum Beispiel aus einem Pool von gemeinschaftlich begebenen Anleihen mit getrennter Haftung
Pressestelle
Renate Bogdanovic
Nicole Walter
Telefon +49-30-897 89-249, -250 oder -252
Mobil +49-174-319-3131
Mobil +49-174-183-5713
presse@diw.de
Pressereferentin Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Monika Wimmer
Telefon +49-30-89789-251
Mail: mwimmer@diw.de
Weitere Informationen
Weitere Meldungen dieses Unternehmens
Pressefach abonnieren
via RSS-Feed abonnieren
via E-Mail abonnieren
Pressekontakt
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
10117 Berlin
Deutschland
Drucken
Weiterempfehlen
PDF
Schlagworte
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
10117 Berlin
Deutschland
https://www.prmaximus.de/pressefach/deutsches-institut-für-wirtschaftsforschung-diw-berlin-pressefach.html
Die Pressemeldung "Risiko Staatsanleihen: Reformbedarf bei der EU-Bankenregulierung" unterliegt dem Urheberrecht.
Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors.
Autor der Pressemeldung "Risiko Staatsanleihen: Reformbedarf bei der EU-Bankenregulierung" ist Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, vertreten durch .