30.11.2012 13:22 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Bundesministerium der Justiz (BMJ)
Aktienrechtsnovelle zieht notwendige Konsequenzen aus Finanzkrise
Kurzfassung: Aktienrechtsnovelle zieht notwendige Konsequenzen aus FinanzkriseZur ersten Lesung der Aktienrechtsnovelle 2012 im deutschen Bundestag erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberge ...
[Bundesministerium der Justiz (BMJ) - 30.11.2012] Aktienrechtsnovelle zieht notwendige Konsequenzen aus Finanzkrise
Zur ersten Lesung der Aktienrechtsnovelle 2012 im deutschen Bundestag erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
Die Aktienrechtsnovelle 2012 zieht die richtigen Lehren aus der Finanzkrise. Das grundsätzlich gut funktionierende Aktienrecht muss auch angesichts der Finanzkrise nicht erneut massiv umgebaut, aber punktuell verbessert und vereinfacht werden. Das Gesetz ist ein weiterer Beitrag solider liberaler Wirtschaftspolitik.
Künftig sollen Aktiengesellschaften, insbesondere in Not geratene Kreditinstitute deutlich einfacher ihr Fremdkapital in Eigenkapital umwandeln können. Den Unternehmen wird dafür die Möglichkeit zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gegeben, bei denen nicht in Geld, sondern auch in Aktien zurückgezahlt werden kann. Der Gesetzentwurf stärkt Aktienunternehmen, weil sogenannte räuberische Aktionäre Beschlüsse der Hauptversammlung nicht länger durch taktische Nichtigkeitsklagen verzögern können sollen.
Des Weiteren können die Unternehmen in Zukunft auch Vorzugsaktien ohne zwingenden Nachzahlungsanspruch auf ausgefallene Dividenden ausgeben. Das vereinfacht Kreditinstituten die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Eigenkapitalvorgaben.
Zum Hintergrund:
Die Aktienrechtsnovelle 2012 lässt den Unternehmen auch künftig die Wahl zwischen beiden Aktienarten: Namens- und Inhaberaktie. Bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften war die Verwendung der Inhaberaktie unter dem Aspekt der Geldwäsche und Terrorfinanzierung international in die Kritik geraten. Zudem ist die Inhaberaktie bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften ohnehin wenig praktikabel. Diese Gesellschaften können auch künftig Inhaberaktien verwenden, müssen sie dann aber in Sammelurkunden verbriefen und dauerhaft bei einer Wertpapiersammelbank hinterlegen. Dies hilft insbesondere den im Freiverkehr gehandelten Aktiengesellschaften. Derzeit bestehen in Deutschland ca. 16.000 nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften, davon haben weit mehr als die Hälfte bereits heute Namensaktien. Bestehende nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien erhalten Bestandsschutz.
Ferner sieht der Gesetzentwurf Wandelschuldverschreibung vor, bei denen der Schuldner (also die Aktiengesellschaft) das Wandlungsrecht hat. Bisher regelt das Aktiengesetz nur Wandelanleihen, bei denen der Gläubiger ein Wahlrecht hat, statt Darlehensrückzahlung in Geld Aktien zu beziehen. Künftig soll dies also auch den Gesellschaften ermöglicht werden, wenn das so vereinbart war. Diese "umgekehrten Wandelschuldverschreibungen" können gerade für Kreditinstitute in Krisensituation eine Rettung über eine Bilanzentlastung bieten.
Mit der Novelle soll zudem die Möglichkeit von Vorzugsaktien ohne einen zwingenden Nachzahlungsanspruch geschaffen werden. Nach geltendem Recht gibt es Aktien ohne Stimmrecht, die aber mit einem Dividendenvorzug ausgestattet sein müssen (Vorzugsaktien). Fällt die Dividendeausschüttung in einem Jahr aus, so haben die Vorzugsaktionäre einen zwingenden Nachzahlungsanspruch auf die ausgefallene Dividende im Folgejahr. Die nun vorgesehene Schaffung von Vorzugsaktien auch ohne einen solchen zwingenden Nachzahlungsanspruch ist gerade für Kreditinstitute von besonderer Bedeutung, da nach den internationalen Eigenkapitalanforderungen Vorzugskapital, dass mit einem Nachzahlungsanspruch belastet ist, nicht auf das Kernkapital angerechnet werden kann.
Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine Einschränkung der Möglichkeit sogenannter missbräuchlicher nachgeschobener Nichtigkeitsklagen vor. Von solchen Klagen wird gesprochen, wenn nach einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss in einem späten Stadium des Freigabeverfahrens noch Nichtigkeitsklagen aus taktischen Gründen nachgeschoben werden, um das Verfahren bewusst weiter zu verzögern. Gerade der Faktor Zeit ist aber bei unternehmungsstrukturellen Maßnahmen das entscheidende Druckmittel der Kläger gegen die Unternehmen, selbst wenn an ihrer Klage wenig oder nichts dran sein sollte. Mit dem Entwurf wird die "relative" Befristung von Nichtigkeitsklagen vorgesehen, ohne damit zugleich das Klagerecht der überwiegenden Mehrheit nicht missbräuchlich agierender Aktionäre unangemessen einzuschränken.
Schließlich finden sich in dem Entwurf zahlreiche Klarstellungen und Korrekturen des Aktienrechts, die aufgetretene Rechtsunsicherheiten in der Unternehmenspraxis beenden und den mit rechtlichen Zweifelsfragen verbundenen Beratungs- und Absicherungsaufwand erheblich verringern. Dazu gehört etwa die Klarstellung, aufgrund welcher Rechtsgrundlage von den öffentlichen Eigentümern entsandte Aufsichtsräte einer Berichtspflicht unterliegen.
Der Gesetzentwurf wird nun von den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestags beraten und hat gute Aussicht, in der ersten Hälfte des Jahres 2013 in Kraft zu treten.
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Anders Mertzlufft; Redaktion: Mareke Aden, Dr. Wolf Albin, Hendrik Wieduwilt, Anne Zimmermann
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Telefon 030/18 580 9090
Telefax 030/18 580 9046
presse@bmj.bund.de
Zur ersten Lesung der Aktienrechtsnovelle 2012 im deutschen Bundestag erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
Die Aktienrechtsnovelle 2012 zieht die richtigen Lehren aus der Finanzkrise. Das grundsätzlich gut funktionierende Aktienrecht muss auch angesichts der Finanzkrise nicht erneut massiv umgebaut, aber punktuell verbessert und vereinfacht werden. Das Gesetz ist ein weiterer Beitrag solider liberaler Wirtschaftspolitik.
Künftig sollen Aktiengesellschaften, insbesondere in Not geratene Kreditinstitute deutlich einfacher ihr Fremdkapital in Eigenkapital umwandeln können. Den Unternehmen wird dafür die Möglichkeit zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gegeben, bei denen nicht in Geld, sondern auch in Aktien zurückgezahlt werden kann. Der Gesetzentwurf stärkt Aktienunternehmen, weil sogenannte räuberische Aktionäre Beschlüsse der Hauptversammlung nicht länger durch taktische Nichtigkeitsklagen verzögern können sollen.
Des Weiteren können die Unternehmen in Zukunft auch Vorzugsaktien ohne zwingenden Nachzahlungsanspruch auf ausgefallene Dividenden ausgeben. Das vereinfacht Kreditinstituten die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Eigenkapitalvorgaben.
Zum Hintergrund:
Die Aktienrechtsnovelle 2012 lässt den Unternehmen auch künftig die Wahl zwischen beiden Aktienarten: Namens- und Inhaberaktie. Bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften war die Verwendung der Inhaberaktie unter dem Aspekt der Geldwäsche und Terrorfinanzierung international in die Kritik geraten. Zudem ist die Inhaberaktie bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften ohnehin wenig praktikabel. Diese Gesellschaften können auch künftig Inhaberaktien verwenden, müssen sie dann aber in Sammelurkunden verbriefen und dauerhaft bei einer Wertpapiersammelbank hinterlegen. Dies hilft insbesondere den im Freiverkehr gehandelten Aktiengesellschaften. Derzeit bestehen in Deutschland ca. 16.000 nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften, davon haben weit mehr als die Hälfte bereits heute Namensaktien. Bestehende nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien erhalten Bestandsschutz.
Ferner sieht der Gesetzentwurf Wandelschuldverschreibung vor, bei denen der Schuldner (also die Aktiengesellschaft) das Wandlungsrecht hat. Bisher regelt das Aktiengesetz nur Wandelanleihen, bei denen der Gläubiger ein Wahlrecht hat, statt Darlehensrückzahlung in Geld Aktien zu beziehen. Künftig soll dies also auch den Gesellschaften ermöglicht werden, wenn das so vereinbart war. Diese "umgekehrten Wandelschuldverschreibungen" können gerade für Kreditinstitute in Krisensituation eine Rettung über eine Bilanzentlastung bieten.
Mit der Novelle soll zudem die Möglichkeit von Vorzugsaktien ohne einen zwingenden Nachzahlungsanspruch geschaffen werden. Nach geltendem Recht gibt es Aktien ohne Stimmrecht, die aber mit einem Dividendenvorzug ausgestattet sein müssen (Vorzugsaktien). Fällt die Dividendeausschüttung in einem Jahr aus, so haben die Vorzugsaktionäre einen zwingenden Nachzahlungsanspruch auf die ausgefallene Dividende im Folgejahr. Die nun vorgesehene Schaffung von Vorzugsaktien auch ohne einen solchen zwingenden Nachzahlungsanspruch ist gerade für Kreditinstitute von besonderer Bedeutung, da nach den internationalen Eigenkapitalanforderungen Vorzugskapital, dass mit einem Nachzahlungsanspruch belastet ist, nicht auf das Kernkapital angerechnet werden kann.
Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine Einschränkung der Möglichkeit sogenannter missbräuchlicher nachgeschobener Nichtigkeitsklagen vor. Von solchen Klagen wird gesprochen, wenn nach einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss in einem späten Stadium des Freigabeverfahrens noch Nichtigkeitsklagen aus taktischen Gründen nachgeschoben werden, um das Verfahren bewusst weiter zu verzögern. Gerade der Faktor Zeit ist aber bei unternehmungsstrukturellen Maßnahmen das entscheidende Druckmittel der Kläger gegen die Unternehmen, selbst wenn an ihrer Klage wenig oder nichts dran sein sollte. Mit dem Entwurf wird die "relative" Befristung von Nichtigkeitsklagen vorgesehen, ohne damit zugleich das Klagerecht der überwiegenden Mehrheit nicht missbräuchlich agierender Aktionäre unangemessen einzuschränken.
Schließlich finden sich in dem Entwurf zahlreiche Klarstellungen und Korrekturen des Aktienrechts, die aufgetretene Rechtsunsicherheiten in der Unternehmenspraxis beenden und den mit rechtlichen Zweifelsfragen verbundenen Beratungs- und Absicherungsaufwand erheblich verringern. Dazu gehört etwa die Klarstellung, aufgrund welcher Rechtsgrundlage von den öffentlichen Eigentümern entsandte Aufsichtsräte einer Berichtspflicht unterliegen.
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