03.01.2013 09:10 Uhr in Gesundheit & Wellness von ÖKO-TEST
Alte Apfelsorten: kein Sündenfall
Kurzfassung: Alte Apfelsorten: kein SündenfallIm Rennen um das beliebteste Obst der Deutschen hat der Apfel die Nase vorn. Eine Untersuchung von ÖKO-TEST im September hat gezeigt, dass die meisten Äpfel erfreul ...
[ÖKO-TEST - 03.01.2013] Alte Apfelsorten: kein Sündenfall
Im Rennen um das beliebteste Obst der Deutschen hat der Apfel die Nase vorn. Eine Untersuchung von ÖKO-TEST im September hat gezeigt, dass die meisten Äpfel erfreulicherweise frei sind von problematischen Rückständen. Allerdings gibt es in den Supermärkten nur eine begrenzte Auswahl. Dabei gibt es leckere Äpfelsorten mit langer Tradition. ÖKO-TEST stellt die wichtigsten vor.
Wie lange Äpfel in Deutschland schon angebaut werden, weiß man nicht - der Beginn der Apfelzucht in Europa verliert sich in grauer Vorzeit. Fest steht aber, dass schon die Kelten Äpfel kannten und die Klöster des Mittelalters die Frucht immer weiter veredelt haben. Seitdem hat der Apfel seine Bedeutung behalten. Mehr noch: Heute ist er sogar das einzige Obst, das in Deutschland in wirtschaftlich wirklich bedeutenden Größenordnungen angebaut wird. Heimische Erdbeeren, Birnen und Zwetschgen mögen in unseren Obstkörben zwar eine gewisse Rolle spielen, beim Apfel kommen aber immerhin noch rund 60 Prozent der Früchte aus den hiesigen Anbaugebieten, so die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. Der Rest wird importiert - vor allem aus Frankreich, Italien und Übersee.
Echte Sortenvielfalt? Fehlanzeige
Was einem selbst in einem kleinen Supermarkt an Äpfeln angeboten wird, mag zunächst nach großer Vielfalt aussehen. Wer aber nach etwas anderem sucht als nach den gängigen Sorten wie Braeburn, Gala, Fuji oder Jonagold, merkt schnell, dass der erste Blick täuscht. Egal ob man zu Edeka, Aldi oder auch Alnatura geht - es liegen fast immer die gleichen Sorten in den Regalen. Denn nur ein Apfel, der wirtschaftlich angebaut werden kann und so aussieht und schmeckt wie ein Apfel nach Ansicht des Durchschnittsbürgers nun mal zu schmecken hat, bekommt die Chance, in der Obstabteilung zu landen.
Doch Deutschland soll auch in Zukunft ein Apfelland mit Tradition und großer Sortenvielfalt bleiben, finden zumindest Dietmar Donner und Jürgen Luley aus Egelsbach bei Frankfurt. Die beiden Mitglieder der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald haben eine besondere Leidenschaft: seltene Apfelsorten, die teilweise jahrhundertealt sind. "Diese Früchte haben viel mehr verschiedene Geschmacksnuancen als die heute üblichen Äpfel. Einige sind auch süßer und würziger", erklärt Luley. "Zudem sind alte Sorten viel widerstandsfähiger gegen Schädlinge als hochgezüchtete Sorten, bei denen es nur um einen hohen Ertrag geht", sagt er.
Rund um ihren Ort pflegen Donner und Luley alte Streuobstwiesen und haben im vergangenen Jahr zwischen Frankfurt und Darmstadt ein Grundstück erworben, auf dem nun "pomologisches Erbe" erhalten werden soll: Bäume seltener Sorten, die teilweise schon vom Aussterben bedroht sind, haben die Vereinsmitglieder auf das Grundstück gesetzt und es so zur Streuobstwiese gemacht. 15 verschiedene Sorten schlagen hier bereits neue Wurzeln. Und es sollen noch mehr werden. Eine Art Apfelfreilichtmuseum könnte man die Wiese fast nennen. Und hier wird auch Wissen weitergegeben: Im Frühjahr hat Luley interessierten Apfelbaumbesitzern in einem Lehrgang gezeigt, wie man die Bäume beschneidet, damit sie im Herbst viele Früchte tragen. Und der Fachmann weiß auch, was man tun kann, wenn die Bäume doch mal von Schädlingen befallen sein sollten.
Trotz ihrer besonderen Eigenschaften können diese Äpfel im Wettbewerb um die Poleposition im Supermarkt aber nicht mithalten. "Verkaufen kann man die Äpfel nicht", sagt Luley. "Sie passen nicht in das Schema, in das Supermarktäpfel nun mal passen müssen." Viele Früchte würden vielleicht gerade mal als "Handelsklasse III" durchgehen: zu klein, zu ungleichmäßig, zu platt - damit kann man nicht die handelsüblichen Sechserpackungen füllen.
Stattdessen werden die Äpfel aus der Umgebung von Egelsbach weiter verarbeitet zu Gelee, Pralinen und natürlich zu "Ebbelwoi". Mit dem Erlös sollen weitere Streuobstwiesen erhalten werden, die auch wertvolle Biotope sind. Zum Beispiel für den Siebenschläfer, das Maskottchen und Markenzeichen für die vermarkteten Produkte.
Von wegen "Alte Äppel"
Sollten Ihnen auf einem regionalen Obstmarkt oder in einem Hofladen einmal die folgenden alten Sorten angeboten werden, greifen Sie zu - Sie bekommen etwas Besonderes. Nur eine kleine Auswahl:
Borsdorfer: Der Borsdorfer gilt als die älteste dokumentierte Sorte in Deutschland. Der aus einem Wildapfel hervorgegangene Apfel wurde im Jahre 1150 erstmals erwähnt und wurde schon durch die Klöster des Mittelalters veredelt und verbreitet. Er zeichnet sich durch sein ausgewogen-würziges Aroma aus.
Alkmene: Hervorgegangen aus einer Kreuzung von Cox Orange und Geheimrat Oldenburg. Kenner schätzen an der edelaromatischen Sorte das weiße, zarte, süß-säuerliche Fruchtfleisch.
Gravensteiner: Die Sorte war schon im 17. Jahrhundert bekannt, sein genaues Alter ist aber unbekannt. Die rot geflammten Früchte bestechen durch den Duft und vor allem die Aromenvielfalt, die bisher unübertroffen sein soll.
Klarapfel: Der Kompottapfel schlechthin. Besonders ältere Menschen, die Apfelkompott von früheren Zeiten kennen, kommen beim Aroma eines Klarapfel-Kompotts ins Schwärmen. Obwohl der Apfel hell ist, ist das Kompott leicht rosafarben.
Weißer Winter-Calville: Einst der teuerste Apfel der Welt. Wurde zu früheren Zeiten einzeln in Seidenpapier gewickelt und für bis zu drei Reichsmark das Stück als Tafelschmuck an die Höfe verkauft. Heute eine Liebhabersorte, für die auch mal fünf Euro pro Kilo verlangt werden - wenn die Früchte überhaupt verkäuflich sind. Wenn man das Glück hat, sie zu bekommen, erhält man ein an Erdbeeren erinnerndes Aroma, feine Säure und viel Vitamin C.
Renette: Ein Überbegriff für "wohlschmeckende Äpfel". Es gibt unzählige Arten. Wie wäre es mit der weinsäuerlich-würzigen Grauen Herbstrenette? Trotz der rauen, braunen Schale eignet sie sich gut für Apfelkuchen. Oder die Ananasrenette, die im 19. Jahrhundert gerne im Rheinland angebaut wurde. Sie entwickelt bei Wärme einen an Ananas erinnernden Duft.
Kaiser Wilhelm: Ein typischer Kelterapfel mit herb-spritzigem Fruchtaroma. Oft verschwindet er in Mischungen mit anderen Äpfeln. Es kann aber auch mal sein, dass Sie einen sortenreinen Kaiser-Wilhelm-Apfelwein bekommen. Für den müssen Sie dann aber schon so viel zahlen wie für eine gute Flasche Wein.
Geheimrat Oldenburg: Ist eigentlich so, wie ein guter Apfel sein sollte: Locker und saftig, süß und säuerlich zugleich, mit feinem Aroma. Leider recht empfindlich - und darum selten angebaut.
Cox Orange: Eine alte Sorte - und trotzdem vor 20 Jahren noch ein Stammgast im Supermarktregal. Heute ist er selten geworden: Die Sorte ist zu empfindlich gegen Krankheiten und wurde daher von resistenteren Sorten verdrängt. Das feste Fruchtfleisch ist würzig, saftig, aromatisch und mit feiner Säure.
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Im Rennen um das beliebteste Obst der Deutschen hat der Apfel die Nase vorn. Eine Untersuchung von ÖKO-TEST im September hat gezeigt, dass die meisten Äpfel erfreulicherweise frei sind von problematischen Rückständen. Allerdings gibt es in den Supermärkten nur eine begrenzte Auswahl. Dabei gibt es leckere Äpfelsorten mit langer Tradition. ÖKO-TEST stellt die wichtigsten vor.
Wie lange Äpfel in Deutschland schon angebaut werden, weiß man nicht - der Beginn der Apfelzucht in Europa verliert sich in grauer Vorzeit. Fest steht aber, dass schon die Kelten Äpfel kannten und die Klöster des Mittelalters die Frucht immer weiter veredelt haben. Seitdem hat der Apfel seine Bedeutung behalten. Mehr noch: Heute ist er sogar das einzige Obst, das in Deutschland in wirtschaftlich wirklich bedeutenden Größenordnungen angebaut wird. Heimische Erdbeeren, Birnen und Zwetschgen mögen in unseren Obstkörben zwar eine gewisse Rolle spielen, beim Apfel kommen aber immerhin noch rund 60 Prozent der Früchte aus den hiesigen Anbaugebieten, so die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. Der Rest wird importiert - vor allem aus Frankreich, Italien und Übersee.
Echte Sortenvielfalt? Fehlanzeige
Was einem selbst in einem kleinen Supermarkt an Äpfeln angeboten wird, mag zunächst nach großer Vielfalt aussehen. Wer aber nach etwas anderem sucht als nach den gängigen Sorten wie Braeburn, Gala, Fuji oder Jonagold, merkt schnell, dass der erste Blick täuscht. Egal ob man zu Edeka, Aldi oder auch Alnatura geht - es liegen fast immer die gleichen Sorten in den Regalen. Denn nur ein Apfel, der wirtschaftlich angebaut werden kann und so aussieht und schmeckt wie ein Apfel nach Ansicht des Durchschnittsbürgers nun mal zu schmecken hat, bekommt die Chance, in der Obstabteilung zu landen.
Doch Deutschland soll auch in Zukunft ein Apfelland mit Tradition und großer Sortenvielfalt bleiben, finden zumindest Dietmar Donner und Jürgen Luley aus Egelsbach bei Frankfurt. Die beiden Mitglieder der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald haben eine besondere Leidenschaft: seltene Apfelsorten, die teilweise jahrhundertealt sind. "Diese Früchte haben viel mehr verschiedene Geschmacksnuancen als die heute üblichen Äpfel. Einige sind auch süßer und würziger", erklärt Luley. "Zudem sind alte Sorten viel widerstandsfähiger gegen Schädlinge als hochgezüchtete Sorten, bei denen es nur um einen hohen Ertrag geht", sagt er.
Rund um ihren Ort pflegen Donner und Luley alte Streuobstwiesen und haben im vergangenen Jahr zwischen Frankfurt und Darmstadt ein Grundstück erworben, auf dem nun "pomologisches Erbe" erhalten werden soll: Bäume seltener Sorten, die teilweise schon vom Aussterben bedroht sind, haben die Vereinsmitglieder auf das Grundstück gesetzt und es so zur Streuobstwiese gemacht. 15 verschiedene Sorten schlagen hier bereits neue Wurzeln. Und es sollen noch mehr werden. Eine Art Apfelfreilichtmuseum könnte man die Wiese fast nennen. Und hier wird auch Wissen weitergegeben: Im Frühjahr hat Luley interessierten Apfelbaumbesitzern in einem Lehrgang gezeigt, wie man die Bäume beschneidet, damit sie im Herbst viele Früchte tragen. Und der Fachmann weiß auch, was man tun kann, wenn die Bäume doch mal von Schädlingen befallen sein sollten.
Trotz ihrer besonderen Eigenschaften können diese Äpfel im Wettbewerb um die Poleposition im Supermarkt aber nicht mithalten. "Verkaufen kann man die Äpfel nicht", sagt Luley. "Sie passen nicht in das Schema, in das Supermarktäpfel nun mal passen müssen." Viele Früchte würden vielleicht gerade mal als "Handelsklasse III" durchgehen: zu klein, zu ungleichmäßig, zu platt - damit kann man nicht die handelsüblichen Sechserpackungen füllen.
Stattdessen werden die Äpfel aus der Umgebung von Egelsbach weiter verarbeitet zu Gelee, Pralinen und natürlich zu "Ebbelwoi". Mit dem Erlös sollen weitere Streuobstwiesen erhalten werden, die auch wertvolle Biotope sind. Zum Beispiel für den Siebenschläfer, das Maskottchen und Markenzeichen für die vermarkteten Produkte.
Von wegen "Alte Äppel"
Sollten Ihnen auf einem regionalen Obstmarkt oder in einem Hofladen einmal die folgenden alten Sorten angeboten werden, greifen Sie zu - Sie bekommen etwas Besonderes. Nur eine kleine Auswahl:
Borsdorfer: Der Borsdorfer gilt als die älteste dokumentierte Sorte in Deutschland. Der aus einem Wildapfel hervorgegangene Apfel wurde im Jahre 1150 erstmals erwähnt und wurde schon durch die Klöster des Mittelalters veredelt und verbreitet. Er zeichnet sich durch sein ausgewogen-würziges Aroma aus.
Alkmene: Hervorgegangen aus einer Kreuzung von Cox Orange und Geheimrat Oldenburg. Kenner schätzen an der edelaromatischen Sorte das weiße, zarte, süß-säuerliche Fruchtfleisch.
Gravensteiner: Die Sorte war schon im 17. Jahrhundert bekannt, sein genaues Alter ist aber unbekannt. Die rot geflammten Früchte bestechen durch den Duft und vor allem die Aromenvielfalt, die bisher unübertroffen sein soll.
Klarapfel: Der Kompottapfel schlechthin. Besonders ältere Menschen, die Apfelkompott von früheren Zeiten kennen, kommen beim Aroma eines Klarapfel-Kompotts ins Schwärmen. Obwohl der Apfel hell ist, ist das Kompott leicht rosafarben.
Weißer Winter-Calville: Einst der teuerste Apfel der Welt. Wurde zu früheren Zeiten einzeln in Seidenpapier gewickelt und für bis zu drei Reichsmark das Stück als Tafelschmuck an die Höfe verkauft. Heute eine Liebhabersorte, für die auch mal fünf Euro pro Kilo verlangt werden - wenn die Früchte überhaupt verkäuflich sind. Wenn man das Glück hat, sie zu bekommen, erhält man ein an Erdbeeren erinnerndes Aroma, feine Säure und viel Vitamin C.
Renette: Ein Überbegriff für "wohlschmeckende Äpfel". Es gibt unzählige Arten. Wie wäre es mit der weinsäuerlich-würzigen Grauen Herbstrenette? Trotz der rauen, braunen Schale eignet sie sich gut für Apfelkuchen. Oder die Ananasrenette, die im 19. Jahrhundert gerne im Rheinland angebaut wurde. Sie entwickelt bei Wärme einen an Ananas erinnernden Duft.
Kaiser Wilhelm: Ein typischer Kelterapfel mit herb-spritzigem Fruchtaroma. Oft verschwindet er in Mischungen mit anderen Äpfeln. Es kann aber auch mal sein, dass Sie einen sortenreinen Kaiser-Wilhelm-Apfelwein bekommen. Für den müssen Sie dann aber schon so viel zahlen wie für eine gute Flasche Wein.
Geheimrat Oldenburg: Ist eigentlich so, wie ein guter Apfel sein sollte: Locker und saftig, süß und säuerlich zugleich, mit feinem Aroma. Leider recht empfindlich - und darum selten angebaut.
Cox Orange: Eine alte Sorte - und trotzdem vor 20 Jahren noch ein Stammgast im Supermarktregal. Heute ist er selten geworden: Die Sorte ist zu empfindlich gegen Krankheiten und wurde daher von resistenteren Sorten verdrängt. Das feste Fruchtfleisch ist würzig, saftig, aromatisch und mit feiner Säure.
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