Landtagswahl in Niedersachsen – Wahlprüfsteine zur Korruptionsbekämpfung

Kurzfassung: Landtagswahl in Niedersachsen - Wahlprüfsteine zur Korruptionsbekämpfung16.01.2013 - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. hat heute die Antworten der Parteien ...
[Transparency International Deutschland - 16.01.2013] Landtagswahl in Niedersachsen - Wahlprüfsteine zur Korruptionsbekämpfung

16.01.2013 - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. hat heute die Antworten der Parteien auf ihre Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Niedersachsen veröffentlicht. Die Parteien CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und die Piratenpartei hatten seit Anfang Dezember 2012 Gelegenheit, zu den Themen Ämterpatronage, Informationsfreiheit und Abgeordnetenbestechung Stellung zu beziehen.
Alle befragten Parteien sprechen sich ausdrücklich gegen Ämterpatronage zur Absicherung des parteipolitischen Einflusses aus. Die Zugehörigkeit zur Partei soll nur auf der politischen Führungsebene und in Ausnahmen zentrale Einstellungsvoraussetzung bleiben. Niedersachsen verfügt als eines von fünf Bundesländern weiterhin über kein Landesinformationsfreiheitsgesetz. SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE haben zugesagt, in der nächsten Legislaturperiode eine Initiative für ein solches Gesetz zu starten. Lediglich die CDU lehnt eine gesetzliche Grundlage weiterhin ab.
Einer Reform der Regelungen zum Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung als Voraussetzung der Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption stehen die SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE offen gegenüber. Die CDU und die FDP lehnen eine Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung auf Grundlage der bestehenden Vorschläge und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab. Bemerkenswert ist, dass die Piraten keine Stellungnahme abgegeben haben.
Ämterpatronage
Über Parteigrenzen hinweg werden immer wieder Vorwürfe laut, dass Parteifreunde vermeintlich qualifizierteren Bewerbern vorgezogen werden. Diese Ämterpatronage schafft und stabilisiert Seilschaften.
Die Parteien in Niedersachsen sprechen sich ausdrücklich gegen Ämterpatronage zur Absicherung des parteipolitischen Einflusses aus. Nur bei der politischen Führungsebene der Ministerien und bei speziellen Posten wie persönlichen Mitarbeitern oder Pressesprechern bleibt die Zugehörigkeit zur Partei zentrale Einstellungsvoraussetzung. Die von Transparency Deutschland vorgeschlagene Veröffentlichung von Stellenausschreibungen, der Auswahl und des Auswahlgremiums sowie der ausschlaggebenden Qualifikationen, wird überwiegend als positiv gesehen. Dabei müssten aber die Bestimmungen zum Persönlichkeitsschutz beachtet werden. Die CDU lehnt eine solche Veröffentlichung mit Verweis auf einen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte ab.
Die FDP spricht sich für die umfassende Privatisierung von öffentlichen Gesellschaften aus, denn Gewinnorientierung von Gesellschaften und Unternehmen in Privatbesitz sei der wirksamste Schutz gegen Ämterpatronage weil nur der geeignetste Kandidat die größtmögliche Gewinnaussicht verspreche.
Informationsfreiheit
Informationsfreiheit bedeutet, dass alle Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich ohne Angabe von Gründen Zugang zu allen Verwaltungsvorgängen hat, solange der Datenschutz, berechtigte Geschäftsgeheimnisse oder die Sicherheit nicht gefährdet werden. Dies ist nach der Auffassung von Transparency Deutschland ein wichtiger Baustein, um Korruption vorzubeugen. Niedersachsen gehört zu den fünf Bundesländern, die diesen freien Zugang zu staatlichen Informationen auf Landesebene nicht kennen.
BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN, die FDP, DIE LINKE und die SPD haben zugesagt, in der nächsten Legislaturperiode eine Initiative für ein solches Gesetz zu starten. Für sie gehört die Informationsfreiheit zu den wesentlichen Elementen eines modernen Staates. Das Transparenzgesetz aus Hamburg soll dabei als Vorbild dienen. Die CDU lehnt eine gesetzliche Grundlage weiterhin ab. Sie setzt auf freiwillige Angebote wie das Landtagsfernsehen.
Abgeordnetenbestechung
Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ist bis heute in Deutschland unzureichend geregelt. Eine Verschärfung ist Voraussetzung dafür, dass Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifizieren kann. Deutschland hat bis heute die UNCAC nicht in nationales Recht umgewandelt. Über 160 Länder haben das bereits getan; Deutschland gehört neben dem Sudan, Syrien oder Nordkorea zu den Ländern, die die UNCAC bislang nicht ratifiziert haben.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE wollen die UNCAC vorbehaltlos und vollständig ratifizieren. Die SPD sieht zwar auch die Notwendigkeit rechtlicher Bestimmungen, empfiehlt aber für die Praxis einen zusätzlichen Verhaltenskodex als freiwillige Selbstverpflichtung. Die CDU lehnt die Umsetzung der UNCAC in der Form der aktuellen Gesetzesentwürfe ab. Sie befürchtet, dass sich weniger Freiberufler für die Parlamente aufstellen lassen. Die FDP erkennt verfassungsrechtliche Probleme, sollte die UNCAC ratifiziert werden. Sie sieht die Abgeordneten gar juristischer Willkür ausgesetzt, denn es sei kaum möglich, den Handlungsrahmen eines Abgeordneten gesetzlich klar zu definieren.
Transparency Deutschland wird die Arbeit von Regierung und Opposition in Niedersachsen im Licht dieser Antworten weiter verfolgen.
Alle Fragen der Wahlprüfsteine und die Antworten der Parteien finden Sie hier.

Kontakt
Dennis Schwarz, Leiter der Regionalgruppe Niedersachsen
Dr. Christian Humborg, Geschäftsführer
Transparency International Deutschland e. V.
Tel.: 030/ 54 98 98 0
Weitere Informationen
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