Aigner appelliert an Bundesländer: Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung muss reduziert werden

Kurzfassung: Aigner appelliert an Bundesländer: Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung muss reduziert werdenBundesrat befasst sich am Freitag mit Änderung des Arzneimittelgesetzes: Geplant sind strengere Auf ...
[Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) - 19.03.2013] Aigner appelliert an Bundesländer: Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung muss reduziert werden

Bundesrat befasst sich am Freitag mit Änderung des Arzneimittelgesetzes: Geplant sind strengere Auflagen, schärfere Kontrollen und mehr Transparenz
Der Bundesrat wird am kommenden Freitag, 22. März, über die Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) beraten. Mit der von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner vorgeschlagenen und vom Deutschen Bundestag bereits verabschiedeten Gesetzesänderung soll erreicht werden, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung deutlich reduziert wird. Im Vorfeld der Beratungen des Bundesrates appellierte Bundesministerin Aigner an die rot-grün regierten Länder, die Reform des Arzneimittelgesetzes zu unterstützen und der Novelle zuzustimmen: "Es muss alles getan werden, um den Antibiotika-Einsatz zu reduzieren. Es geht um die Gesundheit der Verbraucher, deshalb erwarte ich von den Ländern, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind und an einem Strang ziehen. Die Verschärfung des Arzneimittelgesetzes setzt an den richtigen Stellen an und wird ihr Ziel nicht verfehlen." Das Bundesverbraucherministerium habe die Novelle in einer monatelangen Diskussion mit allen Ländern abgestimmt und zahlreiche Änderungswünsche der Länder aufgenommen. "Jetzt muss der gemeinsame Kompromiss endlich umgesetzt werden. Ich kann SPD und Grüne nur davor warnen, das Inkrafttreten des neuen AMG aus parteitaktischen Gründen weiter zu verzögern", sagte Aigner in Berlin.
Mit der AMG-Novelle sollen die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder mehr Kontrollbefugnisse erhalten: Der Austausch zwischen den Behörden wird verbessert, die Länder können sich künftig einer bundesweiten Datenbank bedienen. So wird Transparenz über den Einsatz von Antibiotika in Mastbetrieben geschaffen. Die Behandlungshäufigkeit von Antibiotika in jedem einzelnen Betrieb wird künftig bundesweit erfasst und bewertet, bei Überschreitung des Durchschnittes folgen Prüf- und Handlungsverpflichtungen. Diese Maßnahmen werden zu einer deutlichen Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes führen, sei es durch Maßnahmen des Tierhalters und des Tierarztes im Kontext des Arzneimitteleinsatzes, oder durch Maßnahmen des Tiermanagements und der Tierhaltung, die einen Antibiotikaeinsatz vermeiden.
Verbraucherministerin Aigner bekräftigte, bei der geplanten AMG-Novelle handele es sich um eine der tiefgreifendsten und ehrgeizigsten Reformen der Tierarzneimittel-Gesetzgebung: "Wenn die für die Kontrollen zuständigen Länder und der Bund an einem Strang ziehen, können wir den Einsatz von Antibiotika in Deutschland innerhalb weniger Jahre deutlich senken." Jeder Einsatz von Antibiotika, ob in der Human- oder der Tiermedizin, fördere automatisch auch die Entstehung und Verbreitung resistenter Keime. "Antibiotika-Resistenzen sind eine Gefahr für die Gesundheit. Deshalb müssen wir dem übermäßigen Einsatz von Tierarzneimitteln Einhalt zu gebieten. Das geht nur, wenn wir das Problem an der Wurzel packen - und zwar vor Ort in jenen Betrieben, in denen es nötig ist."
Bei der Novelle des AMG wurden vielfältige Anregungen und Hinweise der Bundesländer aufgenommen. Kernstück der Gesetzesnovelle ist ein Antibiotika-Minimierungskonzept: Es ermöglicht den Überwachungsbehörden, die Behandlungshäufigkeit mit Antibiotika in einem Betrieb zu beurteilen und mit anderen Betrieben zu vergleichen. Auf dieser Grundlage kann der Tierhalter zu erforderlichen Prüfungen und Maßnahmen verpflichtet werden - auch im Zusammenwirken mit dem Tierarzt- und der Überwachungsbehörde. Ziel ist es, den Einsatz von Antibiotika auf das wirklich therapeutische Mindestmaß zu reduzieren.
Die Länder sollen die Möglichkeit erhalten, eine bundeseinheitliche amtliche Datenbank zur Erfassung und Verarbeitung der Daten zur Therapiehäufigkeit aufzubauen: Die zuständigen Überwachungsbehörden können damit Einsicht nehmen in die Daten zur Therapiehäufigkeit bei landwirtschaftlichen Nutztieren in einzelnen Betrieben, und diese mit den Kennzahlen anderer Betriebe vergleichen. So wird die Risikoorientierung bei der Überwachung verbessert. Der Gesetzentwurf ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder somit, ihren Überwachungsaufgaben noch besser nachzukommen. Auch bisher schon war es allerdings den Behörden durch bestehende Dokumentationspflichten möglich, bei Tierärzten wie Landwirten den Bezug, die Anwendung sowie die Abgabe von Antibiotika abzufragen und zu Kontrollzwecken zu nutzen. Mit der AMG-Novelle werden diese Möglichkeiten erheblich ausgeweitet und beschleunigt: Tierärzte müssen den Überwachungsbehörden auf Anforderung innerhalb kürzester Fristen Daten über Anwendung und Abgabe von Antibiotika übermitteln. Zudem wird der Informationsaustausch zwischen den Behörden grundlegend verbessert.
Um die Wirksamkeit von bestimmten Antibiotika, die für die Humanmedizin von besonderer Bedeutung sind, nicht zu gefährden, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, bei diesen Stoffen eine Anwendung in enger Ausrichtung an der Zulassung vorschreiben zu können. Wird ein Antibiotikum in einem Betrieb ohne ausreichenden Behandlungserfolg eingesetzt, muss künftig vor dem Wechsel auf einen anderen Wirkstoff zuerst der Erreger und dessen Empfindlichkeit gegen den Wirkstoff eindeutig durch eine Laboruntersuchung bestimmt werden (sog. Antibiogramm).
Der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung ist schon heute verboten, ebenso wie der präventive Einsatz. In Deutschland gelten bereits jetzt strenge Gesetze und Vorschriften für die Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung. Verstöße sind nicht tolerabel und müssen von den Behörden vor Ort konsequent geahndet werden. Mit der 16. AMG-Novelle sorgt die Bundesregierung dafür, dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben in Zukunft noch wirksamer und schneller erfüllen können. Aigner: "Der Bund setzt hierfür den Rechtsrahmen - die Länder sind vor Ort für die Überwachung der Betriebe zuständig."
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
•Sowohl die Behörde als auch der Tierhalter soll nach dem neuen AMG künftig die Möglichkeit haben, die Therapiehäufigkeit in einem Betrieb gegenüber bundesweit erhobenen Daten zur Therapiehäufigkeit zu vergleichen. Durch den Vergleich mit bundesweiten Kennzahlen wird klar erkennbar werden, wie dringlich eine Verminderung des Antibiotika-Einsatzes im einzelnen Betrieb ist.
•Die zuständige Behörde erhält eine Reihe von Befugnissen für den Fall, dass ein Betrieb über bundesweiten Kennzahlen liegt und aus eigener Initiative keine wirksame Minimierung betreibt. So kann die Behörde vor Ort konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Anwendung von Antibiotika anordnen, wie etwa detaillierte Vorgaben zur Haltung der Tiere machen.
•Es wird die Grundlage dafür geschaffen, die der Behörde zu meldenden Daten über die Therapiehäufigkeit in einer einheitlichen behördlichen Datenbank zentral zu erfassen und zu bearbeiten.
•Es wird eine Kontrollverpflichtung für Tierhalter, die bestimmte Lebensmittel liefernde Tiere gewerblich halten, geschaffen. Sie müssen - im Zusammenwirken mit ihrem Tierarzt - die Therapiehäufigkeit überprüfen und, wenn diese höher liegt als die bundesweit ermittelte Kennzahl für den Betriebstyp, den Einsatz minimieren. Darüber hinaus können sie verpflichtet werden, Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene, der Gesundheitsvorsorge oder der Haltungsbedingungen zu ergreifen, wenn sich dies positiv auf den Antibiotikaeinsatz auswirkt.
•Tierärzte und Tierhalter werden verpflichtet, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der Bundesländer Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zur Verfügung zu stellen. Damit werden Kontrollen für die Überwachung vereinfacht und beschleunigt.
•Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, werden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, die zulassungskonforme Anwendung verbindlicher zu gestalten.
•Es wird eine Ermächtigung geschaffen, um z.B. beim Wechsel eines Antibiotikums und bei einer eventuell erforderlichen Umwidmung die Erstellung eines sogenannten "Antibiogramms", also einer Laboruntersuchung über die Wirksamkeit eines Antibiotikums, verpflichtend vorzuschreiben.
•Eine weitere Ermächtigung dient dazu vorzuschreiben, die mit der Zulassung bestimmter Antibiotika in der Packungsbeilage festgelegten Anwendungsbestimmungen für den Tierarzt verbindlich zu machen. Dies ist z.B. bei oral anzuwendenden Antibiotika wichtig.
Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert: Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden auf Ersuchen verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten.
Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland die Fälle von Antibiotika-Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika gerade bei Tieren, von denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind.
Gesetzliche Vorgaben, umfassende Informationen, intensive Forschung sowie eine risikoorientierte Überwachung sind die tragenden Säulen der Strategie gegen überflüssigen oder unsachgemäßen Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft sowie gegen Antibiotika-Resistenzen. Alle Maßnahmen dienen dem vorsorgenden Gesundheitsschutz, der zugleich vorbeugender Verbraucherschutz ist.

Weitere Informationen
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Mit Organisationserlass des Bundeskanzlers vom 22. Januar 2001 wurde das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) zu einem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) umgebildet. Dem neuen Ministerium wurden aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit die Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz sowie aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Zuständigkeit für die Verbraucherpolitik übertragen.Darüber hinaus erfolgte die Verlagerung des Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärwesen (BgVV) in den Geschäftsbereich des BMVEL. Mit der Umorganisation erhält der vorsorgende Verbraucherschutz in Deutschland einen neuen Stellenwert. Dies soll unter anderem auch durch eine neue Landwirtschaftspolitik zum Ausdruck kommen, die den Erwartungen und Bedürfnissen der Verbraucher Rechnung trägt, ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern fördert, den Tierschutz weiterentwickelt und den Grundsatz der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft verankert.Da ein großer Teil der Politikbereiche des Ministeriums gemeinschaftsrechtlichen Regelungen unterliegt, besteht die wichtigste Aufgabe des Ministeriums darin, die vielschichtigen Interessen innerhalb Deutschlands zu kanalisieren und als deutsche Interessenlage in den Meinungsbildungs- und Rechtssetzungsprozess der Europäischen Union einzubringen. Darüber hinaus trägt das Ministerium dafür Sorge, dass Gemeinschaftsrecht in Deutschland ordnungsgemäß angewandt werden kann.Zum Geschäftsbereich des Ministeriums zählen - neben dem neu hinzugekommenen BgVV - unter anderem das Bundessortenamt, zehn Bundesforschungsanstalten sowie die Zentralstelle für Agrardokumentation und -information. Darüber hinaus hat das Ministerium die Aufsicht über vier Anstalten des öffentlichen Rechts, darunter die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV),
, 10117 Berlin, Deutschland
Tel.: 03 0 / 1 85 29 - 0; http://www.bml.de
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