Forscher: Agrarwende bremst Energiewende

Kurzfassung: Forscher: Agrarwende bremst Energiewende Studie zeigt: Pflanzenschutz ist ein Energiesparer Zugewinn aus moderner Landwirtschaft entspricht Drittel deutscher Steinkohleimporte(Frankfurt a. M., 2 ...
[Industrieverband Agrar (IVA) - 20.03.2013] Forscher: Agrarwende bremst Energiewende
Studie zeigt: Pflanzenschutz ist ein Energiesparer Zugewinn aus moderner Landwirtschaft entspricht Drittel deutscher Steinkohleimporte(Frankfurt a. M., 20. März 2013) Landwirtschaft ohne Pflanzenschutz und Mineraldüngung und die zunehmende Umstellung auf erneuerbare Energien ("Energiewende") in Deutschland stellen einen erheblichen gesellschaftlichen Zielkonflikt dar. Allein die zusätzlich bereitgestellte Energie aus modernem Ackerbau entspricht dem Energiegehalt von über 13,5 Millionen Tonnen Steinkohle - das ist mehr als die jährliche inländische Steinkohleförderung und entspricht rund einem Drittel der aktuellen Steinkohleimporte nach Deutschland.
Die enormen Herausforderungen bei einer gleichzeitigen Energie- und Agrarwende werden öffentlich aber nur unzureichend diskutiert. Zu diesem Fazit kommen die Agrarwissenschaftler Dr. Steffen Noleppa und Professor Harald von Witzke in der jetzt vorgelegten Studie "Energieeffizienz durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland".
In ihrer Arbeit haben die Autoren anhand von zwei Modellrechnungen beschrieben, was zum einen ein Verzicht auf Pilzbekämpfungsmittel (Fungizide) und zum anderen eine vollständige Umstellung auf Ökolandbau in Deutschland für die Energiebereitstellung in Form von Agrarrohstoffen bedeutet. Im Einzelnen zeigen die Berechnungen, dass ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel zwar Einsparungen beim Energieeinsatz je Flächeneinheit bewirkt, konkret also, dass zum Beispiel im Ökolandbau weniger Energie auf vergleichbarer Ackerfläche verbraucht wird. Dieser Vorteil wird jedoch durch den deutlich höheren Energiegewinn konventioneller Anbauformen mehr als wettgemacht.
"Die Energieproduktivität der deutschen Landwirtschaft ist sehr hoch, das gilt für konventionellen wie ökologischen Anbau gleichermaßen", erklärt Steffen Noleppa. "Um jedoch die energetisch nutzbaren Beiträge der Bewirtschaftungsformen zu erfassen, muss man vor allem auf den Energiegewinn schauen, also fragen, wie viel Energie stellt die Landwirtschaft der Gesellschaft mehr zur Verfügung, als sie selbst verbraucht."
Wenn der Ackerbau in Deutschland ganz auf ökologischen Landbau umgestellt würde, wäre der Verlust an Energieproduktion erheblich. Die Wissenschaftler haben den Energiegehalt der Biomasse, die durch Pflanzenschutzeinsatz zusätzlich in den wichtigen Getreidekulturen, Raps, Kartoffeln und Zuckerrüben geerntet werden kann, mit 400 Millionen Giga-Joule berechnet. Diese Agrarrohstoffe werden natürlich nicht nur zur Bioenergiegewinnung genutzt, sondern vor allem als Nahrungs- und Futtermittel.
Zur Einordnung geben die Autoren in der Studie einige Vergleiche mit anderen, geläufigeren Energieeinheiten an. 400 Millionen Giga-Joule entsprechen dem Energiegehalt von 13,5 Millionen Tonnen Steinkohle und damit mehr als der jährlichen Fördermenge in Deutschland oder 9,5 Millionen Tonnen Öleinheiten und damit 10 Prozent unseres aktuellen Rohölbedarfs. Oder: Die durch modernen chemischen Pflanzenschutz zur Verfügung gestellte Energiemenge übertrifft mit umgerechnet 110 Millionen MWh der Stromproduktion, die alle verbliebenen Kernkraftwerke Deutschlands im vergangenen Jahr ins Netz eingespeist haben. Die Autoren weisen darauf hin, dass diese "numerischen Vergleiche nicht überinterpretiert werden sollten", sie aber einen wenig beachteten Zielkonflikt zwischen Energie- und Agrarwende aufzeigen.
"Pflanzenschutz ist ein Energiesparer. Der bewusste Verzicht auf eine moderne, produktive Landwirtschaft bedeutet immer auch einen Verzicht auf zusätzliche Energie. Eine solche Agrarwende wäre nicht kompatibel mit der schon begonnenen Energiewende und könnte diese im schlechtesten Fall ausbremsen. Die Studie der Berliner Wissenschaftler zeigt das anschaulich", kommentiert Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA).
Die Studie ist der abschließende Teil eines langfristigen Forschungsprojekts der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen agripol, das der IVA gefördert hat. Ziel des Forschungsvorhabens war es, mit öffentlich verfügbaren Daten und transparenten wissenschaftlichen Methoden den gesamtgesellschaftlichen Nutzen des Pflanzenschutzeinsatzes in der deutschen Landwirtschaft zu beschreiben. In den vorausgegangenen Modulen hatten die Forscher die Markt- und Einkommenseffekte sowie Klimaleistungen moderner Landwirtschaft mit sachgerechtem chemischem Pflanzenschutz berechnet.
Die Studie steht kostenlos zum Download auf den Internet-Seiten des Lehrstuhls für Internationalen Agrarhandel und Entwicklung der Humboldt-Universität und des IVA zur Verfügung: http://www.agrar.hu-berlin.de/fakultaet/departments/daoe/ihe/Veroeff oder http://www.iva.de

Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) vertritt die Interessen der agrochemischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der 53 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung, Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie. Die vom IVA vertretene Branche steht für innovative Produkte für eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft.

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