04.04.2013 09:41 Uhr in Gesellschaft & Familie von Deutsches Komitee für UNICEF
UNICEF und ECPAT: Deutschland muss EU-Richtlinie gegen Menschenhandel rasch umsetzen
Kurzfassung: UNICEF und ECPAT: Deutschland muss EU-Richtlinie gegen Menschenhandel rasch umsetzenBesonders Kinder brauchen umfassenden SchutzUNICEF Deutschland und die Kinderschutzorganisation ECPAT rufen die Bund ...
[Deutsches Komitee für UNICEF - 04.04.2013] UNICEF und ECPAT: Deutschland muss EU-Richtlinie gegen Menschenhandel rasch umsetzen
Besonders Kinder brauchen umfassenden Schutz
UNICEF Deutschland und die Kinderschutzorganisation ECPAT rufen die Bundesregierung dazu auf, die Richtlinie des Europäischen Parlaments gegen Kinder- und Menschenhandel rasch umzusetzen. Am 5. April 2011 hatte die EU die Richtlinie mit dem Ziel verabschiedet, die Bekämpfung des Menschenhandels mit besserem Schutz und mehr Hilfe für die Opfer zu verbinden. Die Regierungen hatten zwei Jahre Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht zu übertragen - doch Deutschland ist seiner Verpflichtung bislang noch nicht nachgekommen.
Nach Schätzungen der OSZE bringen Menschenhändler jedes Jahr allein zwischen 120.000 und 500.000 Frauen von Mittel- und Osteuropa nach Westeuropa und zwingen sie häufig zur Prostitution. Vielfach beginnt das Martyrium der Frauen in sehr jungem Alter. 27 Prozent aller weltweit offiziell registrierten Fälle von Menschenhandel sind Kinder und Jugendliche - dies ergab eine aktuelle Untersuchung des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung. In den Jahren 2003 bis 2006 lag der Anteil noch bei 20 Prozent.
"Minderjährige Opfer von Menschenhandel brauchen besonderen Schutz und Hilfe", erklärte Anne Lütkes, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland. "Das Kindeswohl muss für sie jederzeit sichergestellt werden. Sie dürfen nicht kriminalisiert und kurzfristig abgeschoben werden."
Laut "Lagebild Menschenhandel" des BKA wurden in Deutschland im Jahr 2011 insgesamt 640 Opfer offiziell aktenkundig - die Mehrzahl davon unter 21 Jahren, darunter auch zahlreiche Jugendliche und Kinder. Fast zwei Drittel der Opfer kamen aus den Staaten Osteuropas. Dies ist jedoch nur die Spitze eines Eisbergs. Opfer von Kinder- und Menschenhandel werden häufig nicht als solche erkannt. Das Bundeskriminalamt geht bei diesem Verbrechen von einem erheblichen Dunkelfeld aus.
"Es ist bedauerlich, dass Deutschland die EU-Richtlinie gegen Menschenhandel und zum Schutz der Opfer immer noch nicht umgesetzt hat", erklärte das ECPAT- Vorstandsmitglied Benjamin Pütter, Kinderrechtsreferent bei Misereor. "Kinderhandel muss, egal in welcher Form er stattfindet, auch in Deutschland als Straftat des Menschenhandels verfolgt werden."
Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie muss Deutschland aus der Sicht von UNICEF und ECPAT sicherstellen, dass die individuelle Situation jedes einzelnen betroffenen Kindes und Jugendlichen beachtet und seine besonderen Schutzrechte gewahrt werden:
Bei allen Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren betreffen, muss das Kindeswohl zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorrangige Bedeutung haben und entsprechend geprüft werden.
Kinderhandel muss im deutschen Gesetz als eine Straftat definiert werden, die alle Formen umfasst, die er annehmen kann. Eine Strafverfolgung der Tat muss von Adoptionshandel bis Zwangsheirat ausnahmslos möglich sein.
Die Rechte der betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen zum Beispiel durch Vormünder oder andere gesetzliche Vertreter jederzeit sichergestellt werden. Dies muss auch gelten, wenn sie möglicherweise nicht als Zeugen aussagen können. Hierzu bedarf es umfassender Opferschutzrichtlinien. Schulungen und Fortbildungen für die Fachleute in Behörden und Beratungsstellen sind notwendig.
Die Opfer brauchen kompetente Anlaufpunkte, vertrauensvolle Beratung sowie psychologische und medizinische Hilfe. Sie müssen ihre Rechte kennen und dürfen durch die Androhung von Abschiebungen nicht zusätzlich verängstigt werden. Sie brauchen Zeit, um ihre traumatischen Erfahrungen zu überwinden.
Bedrohte Kinder und Jugendliche und ihre Familien müssen in den Herkunftsländern frühzeitig aufgeklärt und informiert werden, vor allem durch niedrigschwellige, "aufsuchende" Angebote. Der Kinder- und Jugendschutz muss gestärkt werden. Bei einer Rückkehr brauchen die Kinder und Jugendlichen Begleitung und Unterstützung.
Das Dunkelfeld muss weiter "erhellt werden". Gleichzeitig muss die Kapazität der Behörden gestärkt werden, um über Einzeltäter hinaus kriminelle Netzwerke - auch über Landesgrenzen hinweg - wirkungsvoller verfolgen zu können.
Anlässlich der Ausstrahlung des ARD-Films "Operation Zucker" hatten UNICEF Deutschland und ECPAT im Januar 2013 auf die weltweite Problematik von Kinder und Menschenhandel aufmerksam gemacht. Die beiden Schauspieler des Films Nadja Uhl und Anatole Taubman hatten im Sommer 2012 dazu UNICEF-Kinderschutzprogramme in Rumänien besucht. Informationen dazu finden Sie unter http://www.unicef.de/projekte/themen/kinder-schuetzen/.
Deutsches Komitee für UNICEF
Höninger Weg 104
50969 Köln
0221-93650-0
Telefon: 0221-93650-279
Mail: mail@unicef.de
URL: http://www.unicef.de/
Besonders Kinder brauchen umfassenden Schutz
UNICEF Deutschland und die Kinderschutzorganisation ECPAT rufen die Bundesregierung dazu auf, die Richtlinie des Europäischen Parlaments gegen Kinder- und Menschenhandel rasch umzusetzen. Am 5. April 2011 hatte die EU die Richtlinie mit dem Ziel verabschiedet, die Bekämpfung des Menschenhandels mit besserem Schutz und mehr Hilfe für die Opfer zu verbinden. Die Regierungen hatten zwei Jahre Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht zu übertragen - doch Deutschland ist seiner Verpflichtung bislang noch nicht nachgekommen.
Nach Schätzungen der OSZE bringen Menschenhändler jedes Jahr allein zwischen 120.000 und 500.000 Frauen von Mittel- und Osteuropa nach Westeuropa und zwingen sie häufig zur Prostitution. Vielfach beginnt das Martyrium der Frauen in sehr jungem Alter. 27 Prozent aller weltweit offiziell registrierten Fälle von Menschenhandel sind Kinder und Jugendliche - dies ergab eine aktuelle Untersuchung des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung. In den Jahren 2003 bis 2006 lag der Anteil noch bei 20 Prozent.
"Minderjährige Opfer von Menschenhandel brauchen besonderen Schutz und Hilfe", erklärte Anne Lütkes, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland. "Das Kindeswohl muss für sie jederzeit sichergestellt werden. Sie dürfen nicht kriminalisiert und kurzfristig abgeschoben werden."
Laut "Lagebild Menschenhandel" des BKA wurden in Deutschland im Jahr 2011 insgesamt 640 Opfer offiziell aktenkundig - die Mehrzahl davon unter 21 Jahren, darunter auch zahlreiche Jugendliche und Kinder. Fast zwei Drittel der Opfer kamen aus den Staaten Osteuropas. Dies ist jedoch nur die Spitze eines Eisbergs. Opfer von Kinder- und Menschenhandel werden häufig nicht als solche erkannt. Das Bundeskriminalamt geht bei diesem Verbrechen von einem erheblichen Dunkelfeld aus.
"Es ist bedauerlich, dass Deutschland die EU-Richtlinie gegen Menschenhandel und zum Schutz der Opfer immer noch nicht umgesetzt hat", erklärte das ECPAT- Vorstandsmitglied Benjamin Pütter, Kinderrechtsreferent bei Misereor. "Kinderhandel muss, egal in welcher Form er stattfindet, auch in Deutschland als Straftat des Menschenhandels verfolgt werden."
Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie muss Deutschland aus der Sicht von UNICEF und ECPAT sicherstellen, dass die individuelle Situation jedes einzelnen betroffenen Kindes und Jugendlichen beachtet und seine besonderen Schutzrechte gewahrt werden:
Bei allen Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren betreffen, muss das Kindeswohl zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorrangige Bedeutung haben und entsprechend geprüft werden.
Kinderhandel muss im deutschen Gesetz als eine Straftat definiert werden, die alle Formen umfasst, die er annehmen kann. Eine Strafverfolgung der Tat muss von Adoptionshandel bis Zwangsheirat ausnahmslos möglich sein.
Die Rechte der betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen zum Beispiel durch Vormünder oder andere gesetzliche Vertreter jederzeit sichergestellt werden. Dies muss auch gelten, wenn sie möglicherweise nicht als Zeugen aussagen können. Hierzu bedarf es umfassender Opferschutzrichtlinien. Schulungen und Fortbildungen für die Fachleute in Behörden und Beratungsstellen sind notwendig.
Die Opfer brauchen kompetente Anlaufpunkte, vertrauensvolle Beratung sowie psychologische und medizinische Hilfe. Sie müssen ihre Rechte kennen und dürfen durch die Androhung von Abschiebungen nicht zusätzlich verängstigt werden. Sie brauchen Zeit, um ihre traumatischen Erfahrungen zu überwinden.
Bedrohte Kinder und Jugendliche und ihre Familien müssen in den Herkunftsländern frühzeitig aufgeklärt und informiert werden, vor allem durch niedrigschwellige, "aufsuchende" Angebote. Der Kinder- und Jugendschutz muss gestärkt werden. Bei einer Rückkehr brauchen die Kinder und Jugendlichen Begleitung und Unterstützung.
Das Dunkelfeld muss weiter "erhellt werden". Gleichzeitig muss die Kapazität der Behörden gestärkt werden, um über Einzeltäter hinaus kriminelle Netzwerke - auch über Landesgrenzen hinweg - wirkungsvoller verfolgen zu können.
Anlässlich der Ausstrahlung des ARD-Films "Operation Zucker" hatten UNICEF Deutschland und ECPAT im Januar 2013 auf die weltweite Problematik von Kinder und Menschenhandel aufmerksam gemacht. Die beiden Schauspieler des Films Nadja Uhl und Anatole Taubman hatten im Sommer 2012 dazu UNICEF-Kinderschutzprogramme in Rumänien besucht. Informationen dazu finden Sie unter http://www.unicef.de/projekte/themen/kinder-schuetzen/.
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