WESTERWELLE-Interview für die "Schwäbische Zeitung (09.03.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 09.03.2011
Pressemitteilung vom: 09.03.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "Schwäbischen Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte PETER WEISSENBERG: Frage: Herr Westerwelle, am Tag nach dem ...

[FDP - 09.03.2011] WESTERWELLE-Interview für die "Schwäbische Zeitung" (09.03.2011)


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "Schwäbischen Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte PETER WEISSENBERG:

Frage: Herr Westerwelle, am Tag nach dem Biosprit-Gipfel – und knapp zwei Monate nach der Einführung von E10: Wer ist schuld an diesem Desaster?

WESTERWELLE: Es geht auch nicht darum, Schuldige zu suchen, sondern um gute Lösungen im Interesse der Menschen.

Frage: Dass der Wirtschaftsminister von der FDP und nicht CDU-Umweltminister Röttgen zu diesem Gipfel geladen hat, ist normal?

WESTERWELLE: Wirtschaftsminister Brüderle ist dafür bekannt, besonders mittelstands- und verbraucherfreundlich zu sein. Deswegen ist das eine wichtige Initiative.

Frage: Ich höre den Diplomaten - also ein anderes Thema. Wie sehr hat das Tohuwabohu um Karl-Theodor zu Guttenberg nebst Kabinettsumbildung die Wahlkampfchancen in Baden-Württemberg beeinträchtigt?

WESTERWELLE: Zunächst einmal: Ich habe mich zu dieser Angelegenheit nicht geäußert. Ich werde es auch in Zukunft nicht tun. Ich werfe keine Steine hinterher, wenn jemand in einer schwierigen Phase ist. In Baden-Württemberg steht eine der erfolgreichsten Landesregierungen deutschlandweit zur Abstimmung. So niedrige Arbeitslosigkeit – vor allem unter Jugendlichen – gibt es nirgends in Europa. Das ist auch der Erfolg der schwarz-gelben Landesregierung. Bei der Wahl wird entschieden, ob diese erfolgreiche Politik fortgesetzt werden kann.

Frage: Wenn die Zahlen so gut sind - warum sieht das in den Umfragen nicht so aus?

WESTERWELLE: Mir sind jetzt monatelang Umfragen vorgehalten worden; dann hatten wir vor kurzem die Landtagswahl in Hamburg - und die FDP hat das beste Ergebnis seit 40 Jahren geschafft. Wahlen entscheiden, und die wollen wir gewinnen.

Frage: Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus hat uns gerade gesagt, fünf Prozent über dem Bundesschnitt, das sei sein Ziel. Wie viel darf's denn für die Landes-FDP sein?

WESTERWELLE: Wir werden ein sehr solides Ergebnis bekommen – und wieder in der Landesregierung arbeiten können. Dafür werben wir mit unseren drei Markenzeichen.

Frage: Welche?

WESTERWELLE: Vorfahrt für den Mittelstand in der Wirtschaftspolitik. Bildungspolitik, die auf Vielfalt setzt statt Einheitsschule. Anwalt der Bürgerrechte sein.

Frage: Zumindest die beiden letzten Punkte unterschreiben auch die Grünen. Würde sich die Landes-FDP auch mit einer Ampel arrangieren?

WESTERWELLE: In Baden-Württemberg gibt es eine Abstimmung zwischen Schwarzgelb oder einer Regierung aus SPD, Grünen und gegebenenfalls Linkspartei. Das ist eine klare Richtungsentscheidung. Und im Übrigen: Hamburg und NRW haben doch klar gezeigt, dass die Grünen die Einheitsschule durchsetzen wollen.

Frage: Gestern war Frauentag. Silvana Koch-Mehrin war für die FDP bei der Europawahl erfolgreich, Katja Suding in Hamburg. Braucht nicht auch die FDP eine Frauenquote, um so noch erfolgreicher zu werden?

WESTERWELLE: Vergessen Sie nicht, dass auch Baden-Württembergs FDP von einer Frau geführt werden: Birgit Homburger. Ich bin für Frauenförderung, unbedingt auch in der Wirtschaft. Aber meine Partei ist seit Jahren gegenüber starren Zwangsquoten sehr skeptisch. Im Präsidium der FDP haben wir im Übrigen ein Drittel Frauen. Im Vorstand der Bundestagsfraktion sind es mehr als 40 Prozent.

Frage: Und das reicht.

WESTERWELLE: Das Bessere ist des Guten Feind.

Frage: Im Kabinett ist ja eine Frau ihre Chefin. Bemerken Sie da eigentlich einen Unterschied im Führungsverhalten?

WESTERWELLE: Nein. Im übrigen hat jeder Mensch seinen persönlichen Stil, ob Mann ob Frau.

Frage: Bei der Wahl in Hamburg haben die Liberalen einen Erfolg gefeiert, der für viele unerwartet kam. War das auch für sie persönlich eine Erleichterung – nach einem Jahr, in dem Sie auch selbst in Frage gestellt worden sind, sich in Frage gestellt haben?

WESTERWELLE: Es waren keine leichten zwölf Monate. Wir wurden als angebliche Klientelpartei kritisiert, weil wir vor allem den Mittelstand unterstützt haben. Wir haben schwere Entscheidungen gefällt. Aber Kurs halten hat sich gelohnt: Die Arbeitslosenzahlen sinken, wir stehen besser da als fast alle anderen Industrienationen, die Wirtschaft wächst, die Nettolöhne steigen so stark wie seit 14 Jahren nicht. Langer Atem lohnt also. Von jedem kritischen Wind darf man sich nicht umpusten lassen. Die Bürger sehen das.

Frage: Aber den Mehrwertsteuerbonus für die Hotelbranche würden Sie heute nicht mehr verfechten?

WESTERWELLE: Wir brauchen einfachere Mehrwertsteuersätze - damit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe. Und dass die mittelständische Tourismuswirtschaft im vergangenen Jahr enorm investiert hat, viele Jobs und Ausbildungsplätze gerade dort entstanden sind, das können Sie bei der SZ vor der Haustür in den Feriengebieten selbst verfolgen.

Frage: Wenn mal alle Koalitionsabgeordneten immer so leidenschaftlich hinter Maßnahmen stünden, die gemeinsam beschlossen wurden. Ist da nicht zu oft auch Gegeneinander, wo Gemeinsamkeit sein müsste? Die E10-Debatte belegt es doch einmal mehr. Ernüchtern solche Querschüsse?

WESTERWELLE: Wenn ich das mit SPD, Grünen und Linkspartei vergleiche, ist unsere bürgerliche Regierung geradezu eine Friedensbewegung. Nicht jede Diskussion ist gleich ein Streit.

Frage: Die Zeichen stehen aber eher auf neuen Zoff – der neue Innenminister von der CSU will ja die Vorratsdatenspeicherung wieder vorantreiben.

WESTERWELLE: Dass es bei Bürgerrechten Meinungsunterschiede zwischen Liberalen und Konservativen gibt, ist so alt wie die Republik. Wir als FDP wollen nicht, dass der Bürger bei allem, was er tut, erst mal unter Generalverdacht gestellt wird. Und in einer Datenflut gehen die wirklich wichtigen Informationen unter. Aber wir werden eine gemeinsame Lösung finden.

Frage: Kommen Sie persönlich eigentlich im Moment zum Wahlkampf angesichts der Krisen in Arabien und Nordafrika?

WESTERWELLE: Ich trete gerne im Wahlkampf auf den Plätzen und in den Hallen an. Das erdet einen Politiker, und man erlebt, dass die tatsächlichen Probleme der Menschen und die Debatten in der politischen Käseglocke Berlin oft sehr verschieden sind.

Frage: Dennoch nimmt sie die Krise sehr in Anspruch – vor allem in Libyen. Ist ein militärischer Einsatz notwendig?

WESTERWELLE: Ein Diktator, der einen Bürgerkrieg gegen das eigene Volk führt, der ist am Ende und muss gehen. Das ist die klare Haltung der Staatengemeinschaft. Wir haben gezielte Sanktionen beschlossen und besprechen weitere. Alles, was über gezielte Sanktionen hinausgeht, braucht ein UN-Mandat – in Abstimmung mit der Arabischen Liga.

Frage: Die Vereinigten Arabischen Emirate fordern das schon. Rechnen Sie in den nächsten Tagen mit einem Beschluss im UN-Sicherheitsrat, zumindest eine Flugverbotszone durchzusetzen?

WESTERWELLE: Die Flugverbotszone ist eine Option – die muss aber durchdacht sein und müsste auch praktisch durchgesetzt werden. Die libysche Armee hat Flugabwehrsysteme, und die müssten zunächst unschädlich gemacht werden. Man muss aufpassen, dass man mit einem militärischen Engagement nicht auf eine schiefe Bahn gerät und am Ende eine dauerhafte Bürgerkriegspartei wird.

Frage: Aber das libysche Volk muss ja in diesen Stunden und seit Tagen unter diesen Angriffen des Diktators leiden. Die Zeit drängt.

WESTERWELLE: Deswegen beraten die EU-Außenminister morgen in Brüssel. Und in New York bei der UN beraten wir auch noch in dieser Woche. Man muss aber als mitfühlender Mensch aufpassen, dass man nicht das Gegenteil des Erwünschten erreicht.

Frage: Was meinen Sie damit?

WESTERWELLE: Die Propagandamühle des Diktators – und auch anderer – verbreitet doch den Unsinn, dies sei ein vom Westen gelenkter Aufstand. Darauf dürfen wir kein Wasser schütten, sondern die Interessen der arabischen Welt achten.

Frage: Haben Sie eigentlich Kontakt zur libyschen Gegenregierung?

WESTERWELLE: Natürlich sind die Oppositionellen keine Unbekannten. Und Europa wird eine Sondierungsmission entsenden, auch Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat einen Sondergesandten benannt. Das begrüße ich mit Nachdruck. Ich hatte dies in einem Gespräch mit ihm angeregt.

Frage: Sie sind sehr früh und klar in der Arabienkrise mit eigener Politik aufgetreten – und damit auch aus dem langen Schatten der Kanzlerin in der Außenwirkung.

WESTERWELLE: Das sind so Eifersüchteleien, mit denen ich nichts anfangen kann. Deutschland redet mit einer Stimme. Die gemeinsame Außenpolitik wird vom Außenminister konzipiert, gestaltet und engstens abgestimmt. Und übrigens: Ich bin ein liberaler Außenminister; darum stehe ich im Zweifel immer für die Freiheit. Deswegen war es mir auch ein ganz persönliches Anliegen, hier meinen Beitrag zu leisten.

Frage: Gestern Abend sind Sie in Friedrichshafen aufgetreten. Ist die hiesige Fasnet eigentlich für den Rheinländer Guido Westerwelle ein Kulturschock?

WESTERWELLE: Eher eine Horizonterweiterung. Aber bei mir zu Hause heißt es: Jeder Jeck ist anders – auch, wenn er Fasnet statt Karneval feiert.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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