WESTERWELLE-Interview für das "Straubinger Tagblatt (09.03.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 09.03.2011
Pressemitteilung vom: 09.03.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: WESTERWELLE-Interview für das "Straubinger Tagblatt" (09.03.2011) Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Straubinger Tagblatt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ...

[FDP - 09.03.2011] WESTERWELLE-Interview für das "Straubinger Tagblatt" (09.03.2011)


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO
WESTERWELLE gab dem "Straubinger Tagblatt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten SUSANNE HERR und GERALD SCHNEIDER:

Frage: Herr Außenminister, ihre Aschermittwochskundgebung findet heute zum zweiten Mal in Straubing statt. Haben Sie gute Erinnerungen an das vergangene Jahr?

WESTERWELLE: Wir hatten enormen Zulauf und eine hervorragende Stimmung. Aber ich war ja schon vorher in Straubing – ich kenne es und mag es.

Frage: Welche Botschaft soll in diesem Jahr von Straubing ausgehen?

WESTERWELLE: In Deutschland haben wir mit der Unterstützung des Mittelstandes mehr Arbeitsplätze geschaffen als je zuvor. Das heißt, dass all das, was vor einem Jahr noch als Klientelpolitik kritisiert wurde – nämlich die Stärkung des Mittelstandes – sich jetzt als goldrichtig für Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze erwiesen hat.

Frage: Umfragen zufolge liegt die FDP bei mageren fünf Prozent. Was bedeutet dies für ihre politische Arbeit bis zur nächsten Bundestagswahl 2013?

WESTERWELLE: Nicht die Umfragen entscheiden, sondern die Wahlen selbst. Das konnte man gerade wieder bei der Hamburger Bürgerschaftswahl beobachten. Dort hat die FDP gegen alle Unkenrufe das beste Wahlergebnis seit 40 Jahren erringen können. In der Politik gehören Ausdauer und Entschlossenheit dazu. Das als richtig Erkannte muss man durchsetzen. Seit die FDP in Deutschland mitregiert, wächst die Wirtschaft, sinkt die Arbeitslosigkeit, haben wir so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wie noch nie zuvor und auch die Nettolöhne steigen so stark wie seit 14 Jahren nicht mehr. Das alles ist ja keine Selbstverständlichkeit, wie man in Europa sehen kann, sondern auch das Ergebnis eines Politikwechsels, den die Liberalen gegen Widerstände durchgesetzt haben.

Frage: Sechs Landtagswahlen stehen in diesem Jahr noch an. Für die Liberalen könnte es eng werden – auch im Stammland Baden-Württemberg. Wird 2011 trotz des Erfolgs in Hamburg zum Schicksalsjahr für den Parteichef Westerwelle?

WESTERWELLE: Jede Landtagswahl hat große Bedeutung – natürlich fürs jeweilige Bundesland und darüber hinaus wegen der Signalwirkung. Aber Sie sehen ja, dass am Ende die Wähler doch oftmals ganz anders entscheiden, als die Voraussagen sind. Im Übrigen wird auch mehr und mehr gesehen, dass die FDP über die Wirtschaftspolitik hinaus als einzige Partei ganz klar auf Bildungsvielfalt setzt – gegen die Einheitsschule. Wir haben keine Einheitskinder, wir brauchen also auch keine Einheitsschule. Diese Debatte in der Bildungspolitik wird noch sehr viel wichtiger werden. Ich bin ja viel in der Welt unterwegs und sehe, wie viele junge Gesellschaften sich auf den Weg an die Spitze machen. Unser Wohlstand wird sich ganz wesentlich am Wettbewerb der Bildungssysteme entscheiden – Qualität ist gefragt.

Frage: An Ihrer Amtsführung wurde auch intern in den vergangenen Wochen heftig Kritik geübt. Wie gehen sie damit um und was sagen Sie Ihren Kritikern?

WESTERWELLE: Dass in einer liberalen Partei natürlich diskutiert wird, das versteht sich von selbst. Aber das hat ja dann mit dem Dreikönigstreffen auch ein Ende gefunden - und das ist auch gut so. Die Bürger wollen die FDP als entschlossene Partei für Mittelstand, Bildungschancen und Bürgerrechte. Und auch die Geschlossenheit dazu haben wir.

Frage: Mehr netto vom Brutto – das war lange das erklärte Programm der FDP, war aufgrund der Krise aber aufgeschoben. Jetzt gibt sich auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kulant und hält Steuererleichterungen für grundsätzlich möglich. Was haben wir also in dieser Legislaturperiode noch zu erwarten?

WESTERWELLE: Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode vor allem Familien und Mittelstand deutlich entlastet. Die Nettolöhne stiegen auch deshalb um 3,4 Prozent im vergangenen Jahr. Wir mussten dann aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise die Prioritäten verändern und uns auf das Thema Steuervereinfachung konzentrieren. Etwa 40 Maßnahmen sind als Steuervereinfachung beschlossen worden. Und wenn sich das Wirtschaftswachstum verstetigt und unsere Konsolidierungspolitik die notwendigen Spielräume schafft, stehen Entlastungen für die kleinen und mittelständischen Einkommen wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Das ist unser Ziel noch in dieser Legislaturperiode.

Frage: Uneinigkeit innerhalb der Koalition besteht bei der Frage der Zuwanderung. Während Sie den Zuzug ausländischer Fachkräfte erleichtern wollen, bremst ihr Freund Horst Seehofer. Zeichnet sich inzwischen ein Kompromiss ab?

WESTERWELLE: Wir müssen als erstes unsere eigene Jugend qualifizieren. Wir müssen dafür sorgen, dass sie durch gute Bildungschancen auch Arbeits- und Ausbildungsplätze findet. Aber es gibt auch Mangelberufe, und deswegen ist es klug, dass wir nach Deutschland auch ausländische Spitzenkräfte einladen, damit sie hier mit ihrer Kreativität wirken können.

Frage: Wie wird sich die Causa Guttenberg Ihrer Ansicht nach noch auf die Union auswirken und wie beurteilen Sie die Debatte um dessen Rückkehr in die Politik?

WESTERWELLE: Ich habe mich aus prinzipiellen Gründen nicht an dieser Debatte beteiligt. Das werde ich auch heute nicht tun. Ich bin keiner, der dann, wenn jemand in einer schwierigen Phase ist, noch Steine hinterher wirft.

Frage: Die Europäische Union ringt noch mit den Folgen der Wirtschaftskrise. Müssen wir uns Sorgen um den Euro machen?

WESTERWELLE: Nein! Der Euro ist stabil. Aber wir müssen die Ursachen der Krise beherzt anpacken. Erstens sind zu viele Schulden in kurzer Zeit in zu vielen Ländern angehäuft worden. Wir müssen also sehen, dass wir zu einer soliden Haushaltspolitik zurückfinden. Zweitens müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten stärken. Deswegen wollen wir einen Wettbewerbspakt in Europa durchsetzen. Beispielsweise: Vorrang für Investitionen in Bildung, Forschung und Ausbildung vor konsumptiven Ausgaben. Ich denke auch an die sozialen Sicherungssysteme. Wir haben in Deutschland schweren Herzens die Rente mit 67 eingeführt. Deswegen kann es natürlich nicht sein, dass andere Länder bei einer Rente mit 59 oder 60 bleiben wollen, während die Deutschen dies dann auch noch finanzieren sollen.

Frage: In Nordafrika sind die Regierungen ins Wanken geraten. Wie überraschend hat Sie diese schnelle Entwicklung getroffen?

WESTERWELLE: Die Schnelligkeit war überraschend, nicht aber die Freiheitsbewegung an sich. Ich kenne Tunesien und Ägypten und andere Maghreb-Staaten seit langem. Es war mit den Händen greifbar, dass gerade die jungen Menschen sehr unzufrieden waren; einmal weil sie nicht dieselben freiheitlichen Entfaltungsmöglichkeiten haben wie viele andere auf der Welt und weil sie gleichzeitig auch nach neuen Chancen gerufen haben – und das zu Recht. In Tunis sind Menschen in der Jasmin-Revolution nicht nur für mehr Demokratie auf die Straße gegangen, sondern auch für bessere Lebensbedingungen und mehr Jobs. Es wird die Schlüsselfrage sein, dass die Menschen nach kurzer Zeit erkennen: Freiheit bringt Wirtschaftschancen und damit auch bessere Lebensverhältnisse.

Frage: Welche Entwicklung erwarten Sie in dieser Nachbarregion der Europäischen Union?

WESTERWELLE: Die ersten Meter eines anstrengenden Weges sind erfolgreich beschritten worden. Aber wir kennen ja aus unserer eigenen Erfahrung in Deutschland, in Mittel- und Osteuropa, dass man einen langen Atem braucht, wenn man den freiheitlichen Werten dauerhaft zum Sieg verhelfen will. Und dass man sich auch gegen Rückschläge wappnen muss. Wir unterstützen Tunesien und Ägypten dabei, dass Demokratie durch eine Stärkung der Zivilgesellschaft aufgebaut werden kann und dass sich gleichzeitig durch Investitionen und Handelsaustausch die wirtschaftlichen Chancen für die jungen Menschen verbessern. Wenn wir gerade viele Bilder von Flüchtlingen sehen, dann sage ich: Das beste Mittel gegen Flüchtlingsströme ist, dafür zu sorgen, dass die Menschen im eigenen Land gute Zukunftschancen haben. Das liegt in unserem eigenen Interesse als Exportnation. Denn die neuen Mittelschichten in Nordafrika könnten die kommenden Wirtschaftspartner der Deutschen werden.

Frage: Was kann die Europäische Union derzeit tun, um einen Bürgerkrieg in Libyen zu verhindern und Machthaber Muammar al-Gaddafi loszuwerden?

WESTERWELLE: Ein Diktator, der Krieg gegen sein eigenes Volk führt, ist am Ende. Daher kann es seitens der internationalen Staatengemeinschaft auch nur eine Ansage geben: Der Diktator muss gehen. Wir leisten unseren Beitrag durch gezielte Sanktionen, indem das Vermögen eingefroren wird und Reiseverbote verhängt werden. Ich denke, dass dies noch nicht reicht, sondern wir müssen darüber hinaus noch weitere Sanktionen beschließen, um die Geldflüsse nach Libyen zu stoppen, damit sie nicht in die Hände des Diktators oder seiner Familie gelangen können, die dann wiederum Gewalttaten gegen das eigene Volk begehen.

Frage: Warum stehen Sie der momentan diskutierten Flugverbotszone in Libyen ablehnend gegenüber?

WESTERWELLE: Das ist eine Option, die man auch ernsthaft prüfen muss – das hab' ich längst gesagt. Aber eine Flugverbotszone ist leicht auszusprechen und sehr schwer durchzusetzen. In Libyen gibt es zum Beispiel eine Luftabwehr, die man zunächst neutralisieren müsste. Da gilt es, mit Bedacht abzuwägen. Insbesondere ist es zwingend erforderlich, dass die Vereinten Nationen alle Maßnahmen jenseits der gezielten Sanktionen mandatieren und dass Einvernehmen mit der Arabischen Liga, also den übrigen arabischen Nationen, besteht. Denn wir wollen nicht auf eine schiefe Ebene geraten, an deren Ende dann ein militärischer Konflikt unter unserer Beteiligung steht.

Frage: Was sind Ihre Ziele für den EU-Libyen-Gipfel am Freitag?

WESTERWELLE: Wir werden uns bereits am morgigen Donnerstag im Kreise der EU-Außenminister damit befassen und eine entsprechende Erklärung für den Gipfel am Freitag vorbereiten. Darin geht es um Sanktionen, aber auch um die humanitäre Hilfe. Beispielsweise hat Deutschland beim Rücktransport ägyptischer Flüchtlinge, die aus Libyen nach Tunesien geflohen sind, zurück zu ihren Familien nach Ägypten geholfen. Und es geht um die langfristige Perspektive für die Stabilisierung und den Aufbau. Denn eine entstehende Mittelschicht in Nordafrika bietet enorme Chancen, auch für unsere eigene Wirtschaft.

Frage: Befürchten Sie eine Islamisierung und Destabilisierung im Hinblick auf Israel?

WESTERWELLE: Bisher erkennt man, dass bei den Entwicklungen in Tunesien und in Ägypten Islamisierung keine große Rolle spielt. Aber natürlich muss man immer wachsam sein. Denn wir wollen nicht, dass am Ende dieser Freiheitsbewegungen womöglich religiöse Extremisten oder neue Autokraten im Windschatten an die Macht kommen.

Frage: Denken Sie nun auch, dass das Regime in China aus dem Amt gedrängt wird? Das Vorgehen gegen ausländische Journalisten zeigt ja dessen Nervosität.

WESTERWELLE: Wir haben an unsere Gesprächspartner in China appelliert, die Freiheit der Berichterstattung nicht zu beeinträchtigen. Wir sind sehr besorgt über die Nachrichten von Behinderungen von Journalisten bei deren Arbeit. Wir haben hier unsere Haltung gegenüber der chinesischen Regierung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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