Luftqualität 2012: Schadstoff-Belastung nimmt ab, aber weiter Handlungsbedarf bei Stickstoffoxid-Minderung

Kurzfassung: Luftqualität 2012: Schadstoff-Belastung nimmt ab, aber weiter Handlungsbedarf bei Stickstoffoxid-MinderungRemmel: "Energiewende fördert Luftreinhaltung"Internetseite zum Jahr der Luft 2013 gestartet ...
[Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) - 18.04.2013] Luftqualität 2012: Schadstoff-Belastung nimmt ab, aber weiter Handlungsbedarf bei Stickstoffoxid-Minderung

Remmel: "Energiewende fördert Luftreinhaltung"
Internetseite zum Jahr der Luft 2013 gestartet
Die Belastung der Luft mit Schadstoffen ist im vorigen Jahr leicht zurückgegangen, allerdings gibt es noch viele Überschreitungen der Grenzwerte vor allem bei Stickstoffdioxid. Das zeigen die Messwerte zur Luftqualität im Jahr 2012, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) heute vorgestellt hat. Die durchschnittliche Feinstaubbelastung (PM10) ist gegenüber dem Vorjahr um etwa drei Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) gesunken. Das ist auf die Wirksamkeit der Maßnahmen der Luftreinhaltepläne zurückzuführen. Grenzwertüberschreitungen bei Tagesmittelwerten (50 µg/m3 bei 35 zulässigen Überschreitungen pro Jahr) wurden noch an sechs Messstellen (im Vorjahr: 21 Messstellen) gemessen. Beim Stickstoffdioxid betrug der durchschnittliche Rückgang der Belastung 1,5 µg/m3 (entsprechend 4 Prozent), an den Verkehrsmessstellen bei 2,5 µg/m3. An 67 der überwiegend an Belastungsschwerpunkten eingerichteten 117 Landesmessstellen treten aber noch Überschreitungen des Grenzwerts (Jahresmittelwert über 40 µg/m3) auf. Es handelt sich dabei ausnahmslos um verkehrlich belastete Standorte. Die Europäische Kommission hat für viele Gebiete einer Fristverlängerung zur Einhaltung des NO2-Grenzwerts nicht zugestimmt.
Umweltminister Johannes Remmel: "Die Europäische Union hat 2013 zum Jahr der Luft erklärt. Gute und saubere Luft ist eine wesentliche Voraussetzung für die menschliche Gesundheit. Zum Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger müssen wir die Luftreinhalteplanung konsequent fortsetzen. Die eingeleiteten Maßnahmen wirken, aber sie reichen nicht aus. Wir brauchen eine umweltverträgliche Mobilität. Zudem müssen die Emissionen aus Industrieanlagen gesenkt werden." Minister Remmel kritisiert die Emissionspolitik der Bundesregierung: "Der Bund hat hier enttäuscht. Bei der Umsetzung der neuen EU-Richtlinie über Industrieemissionen hätte die Bundesregierung anspruchsvollere Standards setzen müssen." Der NRW-Umweltminister sieht einen engen Zusammenhang von Luftreinhaltung und Klimaschutz: "Jede Tonne Kohle und jeder Liter Öl, der nicht mehr verbrannt wird, bedeutet auch weniger Emission von Feinstaub und Stickstoffoxid. Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind daher auch konkreter Schutz der Gesundheit für die Menschen in NRW."
Dr. Heinrich Bottermann, Präsident des LANUV: "Die hohe Stickstoffdioxidbelastung hat negative Folgen für die Gesundheit der Menschen, die in den betroffenen Gebieten wohnen. Das LANUV unterstützt die Städte intensiv bei der Weiterentwicklung der Luftreinhaltung, derzeit zum Beispiel mit einem Projekt, in dem die Nachrüstung von Binnenschiffen mit Partikelfiltern und Stickstoffoxidminderungsanlagen an einem Rheinschiff erprobt wird. Außerdem wird die Wirkung von optimierten Ampelschaltungen und Lkw-Routen in Köln und im Ruhrgebiet untersucht und wir befassen uns mit den Folgen der stärkeren Nutzung von Kaminöfen."
Die wichtigsten Messergebnisse im Detail:
Feinstaub PM10
Der Grenzwert für den Jahresmittelwert (40 µg/m3) wird an allen 67 Messstationen eingehalten. An sechs Stationen (3 industriebezogene in Duisburg-Bruckhausen, Duisburg-Marxloh und im Krefelder Hafen sowie 3 verkehrsnahe Messorte in Herne, Gelsenkirchen und Oberhausen) treten Überschreitungen des Tagesmittelgrenzwerts auf. Obwohl im Umfeld des Stahlwerks in Duisburg immer noch Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden, ist die Belastung durch den Einbau von Filtern und durch Produktionsumstellungen zurückgegangen. Bei den Überschreitungen im Krefelder Hafen sind von 38 Überschreitungstagen drei Tage auf den Großbrand bei der Firma Compo zurückzuführen. Bei den 3 Verkehrsstandorten prüfen die Bezirksregierungen in Kontakt mit den Kommunen Möglichkeiten zur kurzfristigen Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen, die über die Luftreinhaltepläne hinausgehen.
In Umsetzung des Koalitionsvertrages ist mit der Aufstellung eines gemeinsamen Luftreinhalteplans für das Rheinische Braunkohlerevier begonnen worden.
Feinstaub PM2,5
Für die gesundheitlich besonders relevante Feinstaubfraktion PM2,5 gilt derzeit ein Zielwert von 25 µg/m3 im Jahresmittel (ab 2015 Grenzwert). Dieser Zielwert wird an allen 24 Messstationen in NRW eingehalten.
Stickstoffdioxid NO2
Die Grenzwertüberschreitungen an 67 der 117 Landesmessstellen traten ausnahmslos an verkehrsbelasteten Messstellen auf, so dass der Verkehr eindeutig als Hauptverursacher der Belastung identifiziert werden kann. Spitzenbelastungen oberhalb von 60 µg/m3 treten an drei Messorten in Düren, Düsseldorf und Köln auf. Insgesamt hat sich die Anzahl solcher hoch belasteten Stationen gegenüber dem Vorjahr (6 in 2011 und 12 in 2010) weiter verringert. Trotz des rückläufigen Trends der NO2-Belastung besteht wegen der Vielzahl von Grenzwertüberschreitungen weiterer Handlungsbedarf. Die Europäische Kommission hat deswegen eine Fristverlängerung abgelehnt.
Schwefeldioxid, Benzol und Ozon
Der Grenzwert für Schwefeldioxid wird seit Jahren überall sicher eingehalten. Eine einzelne Grenzwertüberschreitung des Jahresmittelwerts von Benzol wurde in Gelsenkirchen in der Nähe einer Raffinerie nachgewiesen. Bezirksregierung und LANUV sind den Ursachen nachgegangen, erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Die Benzol- und die Ozonkonzentration liegt weitgehend auf einem unkritischen Niveau.
Gesundheitliche Wirkungen von Feinstaub und Stickstoffdioxid
Das nordrhein-westfälische Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) hat den neuesten Wissensstand zu gesundheitlichen Auswirkungen von Feinstaub und Stickstoffdioxid und eine Zusammenstellung der wichtigsten Studien und Literatur in einem aktuellen Bericht zusammengefasst. Der Bericht kommt zusammenfassend zu diesen Ergebnissen:
Langzeitwirkungen
Die Ergebnisse der Kohortenstudien über die Langzeitwirkungen von Feinstaub und NO2 weisen länderübergreifend in dieselbe Richtung. An fast allen Untersuchungsorten ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Feinstaubbelastung und einem Anstieg der Sterblichkeit über alle Todesursachen, sowie speziell an Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen. In der Mehrzahl der Studien war dieser Zusammenhang auch für Stickoxide nachweisbar und gelegentlich sogar stärker als gegenüber Feinstaub. Stickstoffdioxid wurde in diesen Studien vor allem als Indikator für Verkehrsimmissionen interpretiert.
Krebserzeugende Wirkungen
In Kohortenstudien war ein Anstieg der Schadstoffbelastung bezüglich Feinstaub und/oder NO2 mit einer Zunahme der Lungenkrebssterblichkeit verbunden. Diese ist bezüglich PM2.5 ausgeprägter als gegenüber PM10 oder NO2.
Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem
Insgesamt kann ein langfristiger schädlicher Effekt erhöhter Feinstaubkonzentrationen auf die Herz- und Kreislauffunktion heute als gesichert angesehen werden, wobei zunehmend Hinweise auf eine staubbedingte Beeinflussung der Entwicklung und Progression der Arteriosklerose bestehen. Eine chronische Belastung führt zu einer erhöhten Rate von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt und plötzlichem Herztod.
Atemwegserkrankungen, -symptome und Lungenfunktion
Insgesamt konnten umweltepidemiologische Studien zeigen, dass es mit ansteigender Feinstaub- bzw. Stickstoffdioxid-Konzentration in der Außenluft zu einer Zunahme an Atemwegserkrankungen und -symptomen kommt. Schon eine vergleichsweise geringe Erhöhung an Verkehrsimmissionen führt zu einem nachweisbaren Anstieg an Effekten, wie chronischem Husten oder chronischer Bronchitis sowie zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Atemwegsinfekten. Besonders betroffen sind vor allem gesundheitlich vorgeschädigte Personen mit Atemwegserkrankungen (insb. Asthma) sowie Kinder und Jugendliche.
Risikoabschätzung bei Langzeitexposition
Die Absenkung von Feinstaub- und Stickoxidbelastungen in der Außenluft ist mit einem konkreten Gewinn für die Gesundheit und die Lebensdauer der Bevölkerung verbunden. Stickstoffdioxid stellt dabei einen relevanten Indikator für verkehrsbedingte Emissionen dar. Selbst kleine Maßnahmen zur Reduzierung dieser Belastung sind für die Gesundheit der Betroffenen von großem Nutzen, obgleich sich keine individuellen Rückschlüsse aus den statistischen Berechnungen ziehen lassen.
Eine Verringerung der bestehenden Immissionsbelastung insbesondere in Ballungsgebieten und in der näheren Umgebung von Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen ist daher dringend anzustreben.

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