Mehr Schein als Sein - das Patientenrechtegesetz

Praktische Umsetzung wird an Rehmenbedingungen scheitern
Kurzfassung: Es ist Wahlkampf. Die Politik lobt in öffentlichen Reden und bei Sonderveranstaltungen ihre Errungenschaften, so auch die Einführung des Patientenrechtegesetzes. Das Fazit der DGVP bleibt davon unberührt: die Idee des Gesetzes ist gut, aber seine praktische Umsetzung scheitert an den ungenügenden Rahmenbedingungen. Substanziell wird sich nichts ändern.
[DGVP e.V. für Gesundheit - 26.06.2013] Gerade jetzt im Wahlkampf betont die Politik die Errungenschaften des Patientenrechtegesetzes. Und sie nutzt es erneut als Werbemaßnahme für ihre guten Leistungen u.a. bei Informationsveranstaltungen des Bundesministeriums für Gesundheit.

"Wir bleiben bei unserem Fazit: Das neue Gesetz wird wahrscheinlich substanziell für Patienten nichts ändern", dämpft der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) e.V., Wolfram-Arnim Candidus, die allgemeine Euphorie. Generell ist der Ansatz des im Februar in Kraft getretenen Patientenrechtegesetzes begrüßenswert, doch eigentlich sind all die Rechte für den Patienten schon in anderen Gesetzen verankert. "Der Patient wusste nur zu wenig davon. Die bestehenden Gesetze hätten einfach angewandt werden müssen", erläutert Candidus.

DGVP-Präsident Candidus erklärt weiter: "Wichtige Elemente für die Patienten sind die Informations- und Dokumentationspflicht, das Recht auf Akteneinsicht und die Fristen bei Leistungsanfragen. Leider sind diese Aspekte an vielen Stellen nicht zu Ende gedacht."

Aufklärung
"Der mündige Patient braucht umfassende Aufklärung. Doch die Rahmenbedingungen sind trotz neuem Gesetz die gleichen geblieben: wenn die Zeit für die Aufklärung fehlt bzw. nicht ausreichend vergütet wird, hat der Arzt die Wahl zwischen nicht umfassender Auskunft oder zu wenig Zeit für die Behandlung des Patienten. Beides ist für den Patienten schlecht. Er kann natürlich noch auf die kostenlose und ehrenamtliche Aufklärungsarbeit durch die Ärzteschaft hoffen - doch wie realitätsnah ist das?", fragt der DGVP-Präsident nach.

Patientenakte
Die nun gesetzlich niedergeschriebene Dokumentationspflicht besagt, dass Patientenakten vollständig und sorgfältig zu führen sind. "Das erwarte ich auch ohne Gesetz von einem verantwortungsvollen Arzt", so Candidus. "Dokumentation um der Dokumentation willen löst doch keine Probleme - gerade wenn die Arbeitsverdichtung weiterhin besteht und sogar größer wird."

"Es fehlen aber immer noch konsequente und effektive Systeme der zeitnahen Erfassung. Die Schnittstellenbrüche zwischen Berufs-gruppen und Institutionen der stationären und ambulanten Versorgung der Patienten müssen beseitigt werden", ergänzt der DGVP-Präsident. "Die durchgehende Dokumentation zur Behandlung/Betreuung des Patienten muss durch die Vernetzung der unterschiedlichen Informationssysteme realisiert werden, denn sonst ist das Gesetz ein Papiertiger, der Zeit und Geld kostet und Qualität absenkt."

Leistungsgenehmigung
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass beantragte Leistungen als genehmigt gelten, wenn die Kasse über den Antrag nicht innerhalb von drei bzw. fünf (bei MDK Gutachten) Wochen entscheidet. Candidus mahnt zur Vorsicht: "Natürlich ist das ein unter Umständen probates Druckmittel, eine Entscheidung zu beschleunigen. Es kann aber auch sein, dass die Kassen eine Leistung zunächst einmal ablehnen - dadurch ist eine Entscheidung gefallen und die Frist gewahrt - auch wenn der Anspruch berechtigt wäre, schlicht weil einfach der Zeitdruck besteht. Damit wäre dann der beabsichtigte Vorteil des Patientenrechtegesetzes nicht mehr gegeben."

Behandlungsfehler
Das Thema Behandlungsfehler ist im Patientenrechtegesetz besonders hervorgehoben. Doch nur bei groben Behandlungsfehlern - und die Definition, was das ist, bleibt verworren- ist es am Arzt zu beweisen, dass er keinen Fehler gemacht hat. In allen anderen Fällen muss nach wie vor der Patient beweisen, dass ein Fehler gemacht wurde. Der Gesetzesentwurf verpflichtet die Krankenkassen, ihre Kunden außergerichtlich zu unterstützen.
"Das kann dem Versicherten eine große Hilfe sein. Die erfolgreiche Unterstützung beim Beweis eines Behandlungsfehlers darf aber nicht als Wettbewerbsmerkmal zwischen den gesetzlichen Kassen genutzt werden. Es darf aber nicht Ziel der Kassen sein, Fehler zu suchen, um Behandlungskosten rückerstattet zu bekommen. Wichtig ist eine unabhängige und gründliche Prüfung, die aber gleichzeitig berücksichtigt, dass Patienten nicht Jahre lang auf eine Entscheidung warten können", konkretisiert Candidus.
"Das Patientenrechtegesetz ist vom Ansatz her gut und richtig. Aber mehr Schein als Sein, denn im Prinzip war vieles schon geregelt. Und die Rahmenbedingungen schränken auch die hehren Ziele ein. Hier müsste die Politik umgehend ansetzen und sich nicht selber belobigen - auf Kosten des Bürgers/ Versicherten/ Patienten!", so das Fazit des DGVP-Präsidenten.
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DGVP e.V. für Gesundheit, Frau Katja Rupp
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