18.07.2013 16:52 Uhr in Gesellschaft & Familie von Bayerischer Rundfunk - BR
Warnung vor falschem Umgang mit Jugendarbeitslosen-Zahlen in Europa
Kurzfassung: Warnung vor falschem Umgang mit Jugendarbeitslosen-Zahlen in EuropaWirtschafts- und Politikwissenschaftler warnen vor einer "Überfokussierung" auf die Jugendarbeitslosigkeit: Mit Zahlangaben von 50 P ...
[Bayerischer Rundfunk - BR - 18.07.2013] Warnung vor falschem Umgang mit Jugendarbeitslosen-Zahlen in Europa
Wirtschafts- und Politikwissenschaftler warnen vor einer "Überfokussierung" auf die Jugendarbeitslosigkeit: Mit Zahlangaben von 50 Prozent und mehr werde ein "Alarmismus" erzeugt und vom eigentlichen Problem der Wirtschafts- und Strukturkrise in den Ländern Südeuropas abgelenkt, so die Meinung des Ökonom Daniel Gros gegenüber der Sendung "Euroblick im Bayerischen Fernsehen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung der 15- bis 24-Jährigen liege die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern bei 20 bis 25 Prozent.
Daniel Gros, Direktor am Politikforschungsinstitut "CEPS" in Brüssel, sagte dem BR: "Die Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit werden überdramatisiert. Bezogen auf die gesamte Altersgruppe liegen sie in den Krisenländern nicht bei über 50 Prozent, sondern bei weniger als der Hälfte. Das ist selbstverständlich immer noch viel zu hoch, aber das eigentliche Problem ist die Arbeitslosigkeit insgesamt aufgrund spezifischer Strukturkrisen in den betroffenen Staaten." Gros plädiert daher für die Bemessung der Jugendarbeitslosigkeit nur noch den Anteil an der Gesamtbevölkerung zu verwenden, da die Quote durch den hohen Anteil derer, die dem Arbeitsmarkt in diesem Segment gar nicht zur Verfügung stehen, "verzerrt" werde.
"Aktionismus" und "Schaufenster-Politik"
Alles andere leiste einem "Alarmismus" Vorschub, der vom eigentlichen Problem, der strukturellen Wirtschaftskrise und der daraus resultierenden gesamten Arbeitslosigkeit ablenke. Ebenso kritisiert Gros, dass das Stichwort der "verlorenen Generation", denn ein arbeitsloser 38-Jähriger, der eine Familie versorgen müsse, habe genauso "verloren" wie ein 18-Jähriger, der keine Arbeit finde. Die derzeitige Hervorhebung der Jugendarbeitslosigkeit nennt er eine "Überfokussierung", die die Politiker im Bund und der EU zu "Aktionismus" und zu "Schaufenster-Politik" verleite.
Beschlossenes Acht-Milliardenprogramm droht zu "verpuffen"
Die beschlossenen acht Milliarden zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit drohten zu "verpuffen" oder sich sogar kontraproduktiv auszuwirken, weil sie die jüngeren Arbeitssuchenden bevorzugen und möglicherweise sogar die Chancen älterer Arbeitsloser verschlechtern würden.
Hintergrund des Streits um die Zahlen sind die Ausgangspunkte der internationalen Arbeitslosenstatistik: Die Prozentsätze der Arbeitslosen beziehen sich darin auf die Zahl der "Erwerbspersonen", die "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen" und "aktiv Arbeit suchen". Gerade in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen ist deren Zahl jedoch äußerst gering, weil sich bis zu 60 Prozent noch in Schule, Ausbildung oder Studium befinden. Wenn also die Statistik eine Jugendarbeitslosenquote von 56 Prozent nennt, wie aktuell in Spanien, so beziehen sich diese nur auf die 40 Prozent Jugendlichen, die eine Arbeit haben oder suchen. Bezogen auf die Gesamtaltersgruppe sind es hingegen lediglich 22,4 Prozent.
Daniel Gros ist Direktor am "Center for European Policy Studies" (CEPS) in Brüssel. Die Einrichtung wurde vor 30 Jahren gegründet und gehört zu den führenden Think Tanks zur Europäischen Politik und Wirtschaftsforschung.
Mehr zum Thema in "Euroblick", Sonntag, 21. Juli 2013, 17.30 Uhr, im Bayerischen Fernsehen
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Wirtschafts- und Politikwissenschaftler warnen vor einer "Überfokussierung" auf die Jugendarbeitslosigkeit: Mit Zahlangaben von 50 Prozent und mehr werde ein "Alarmismus" erzeugt und vom eigentlichen Problem der Wirtschafts- und Strukturkrise in den Ländern Südeuropas abgelenkt, so die Meinung des Ökonom Daniel Gros gegenüber der Sendung "Euroblick im Bayerischen Fernsehen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung der 15- bis 24-Jährigen liege die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern bei 20 bis 25 Prozent.
Daniel Gros, Direktor am Politikforschungsinstitut "CEPS" in Brüssel, sagte dem BR: "Die Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit werden überdramatisiert. Bezogen auf die gesamte Altersgruppe liegen sie in den Krisenländern nicht bei über 50 Prozent, sondern bei weniger als der Hälfte. Das ist selbstverständlich immer noch viel zu hoch, aber das eigentliche Problem ist die Arbeitslosigkeit insgesamt aufgrund spezifischer Strukturkrisen in den betroffenen Staaten." Gros plädiert daher für die Bemessung der Jugendarbeitslosigkeit nur noch den Anteil an der Gesamtbevölkerung zu verwenden, da die Quote durch den hohen Anteil derer, die dem Arbeitsmarkt in diesem Segment gar nicht zur Verfügung stehen, "verzerrt" werde.
"Aktionismus" und "Schaufenster-Politik"
Alles andere leiste einem "Alarmismus" Vorschub, der vom eigentlichen Problem, der strukturellen Wirtschaftskrise und der daraus resultierenden gesamten Arbeitslosigkeit ablenke. Ebenso kritisiert Gros, dass das Stichwort der "verlorenen Generation", denn ein arbeitsloser 38-Jähriger, der eine Familie versorgen müsse, habe genauso "verloren" wie ein 18-Jähriger, der keine Arbeit finde. Die derzeitige Hervorhebung der Jugendarbeitslosigkeit nennt er eine "Überfokussierung", die die Politiker im Bund und der EU zu "Aktionismus" und zu "Schaufenster-Politik" verleite.
Beschlossenes Acht-Milliardenprogramm droht zu "verpuffen"
Die beschlossenen acht Milliarden zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit drohten zu "verpuffen" oder sich sogar kontraproduktiv auszuwirken, weil sie die jüngeren Arbeitssuchenden bevorzugen und möglicherweise sogar die Chancen älterer Arbeitsloser verschlechtern würden.
Hintergrund des Streits um die Zahlen sind die Ausgangspunkte der internationalen Arbeitslosenstatistik: Die Prozentsätze der Arbeitslosen beziehen sich darin auf die Zahl der "Erwerbspersonen", die "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen" und "aktiv Arbeit suchen". Gerade in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen ist deren Zahl jedoch äußerst gering, weil sich bis zu 60 Prozent noch in Schule, Ausbildung oder Studium befinden. Wenn also die Statistik eine Jugendarbeitslosenquote von 56 Prozent nennt, wie aktuell in Spanien, so beziehen sich diese nur auf die 40 Prozent Jugendlichen, die eine Arbeit haben oder suchen. Bezogen auf die Gesamtaltersgruppe sind es hingegen lediglich 22,4 Prozent.
Daniel Gros ist Direktor am "Center for European Policy Studies" (CEPS) in Brüssel. Die Einrichtung wurde vor 30 Jahren gegründet und gehört zu den führenden Think Tanks zur Europäischen Politik und Wirtschaftsforschung.
Mehr zum Thema in "Euroblick", Sonntag, 21. Juli 2013, 17.30 Uhr, im Bayerischen Fernsehen
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