WESTERWELLE-Interview für die "Rheinische Post und "rp-online

Kurzfassung: WESTERWELLE-Interview für die "Rheinische Post" und "rp-online" Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "Rheinischen Post" und "rp-online" (Mittwoch-Ausgabe) da ...
[Freie Demokratische Partei (FDP) - 31.07.2013] WESTERWELLE-Interview für die "Rheinische Post" und "rp-online"

Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "Rheinischen Post" und "rp-online" (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DR. DETLEV Hüwel und REINHOLD Michels:
Frage: Ist das Amt des Außenministers der schönste Job, den Sie sich vorstellen können?
WESTERWELLE: Es ist zugleich eine der forderndsten und schönsten Aufgaben, die ich in meinem bisherigen Leben zu erfüllen hatte.
Frage: Was hat Ihre bisherige Amtszeit am stärksten geprägt?
WESTERWELLE: Außenpolitisch Europa und die Revolutionen in der arabischen Welt, vor allem der historische Moment auf dem Tahrirplatz in Kairo. Die Sehnsucht nach Freiheit, die Hoffnung, die Aufbruchstimmung der jungen Menschen dort werde ich nie vergessen. Übrigens werde ich auch nicht vergessen, wie Deutschland mit Sprechchören gefeiert wurde. Innenpolitisch hat mich sicherlich seit 2009 am meisten die Abgabe des FDP-Vorsitzes geprägt.
Frage: Schön ist sicherlich auch, dass man als Außenminister ein bisschen über den Parteien schweben kann, oder?
WESTERWELLE: Ach, Außenminister fliegen viel, aber schweben tun sie eher nicht.
Frage: Zu den blutigen Konflikten in Syrien oder Ägypten: Sollte sich Deutschland vielleicht einfach raushalten, wenn sich andere Völker die Köpfe einschlagen?
WESTERWELLE: Das wäre eine kurzsichtige und gefährliche Betrachtungsweise. Kein Land ist so abhängig von der Welt wie das rohstoffarme, aber exportabhängige Deutschland. Wir leben nicht von Rohstoffen unter unseren Füßen, sondern allein vom Grips zwischen unseren Ohren. Damit haben wir großartige Produkte entwickelt, die wir in der Welt verkaufen möchten. Wenn ganze Regionen instabil werden oder gar in Kriege hinein geraten, dann gefährdet das auch unsere nationalen Interessen.
Frage: Jetzt steht aber erst einmal Wahlkampf auf Ihrem Programm.
WESTERWELLE: Ich werde in den kommenden Wochen alles geben und wie zu besten Zeiten vor allem auch über die Marktplätze von NRW ziehen, damit die christlich-liberale Koalition fortgesetzt werden kann.
Frage: Gegenwärtig sieht es mehr nach einer Großen Koalition aus. Wie viel kann die FDP noch zulegen, um das zu verhindern?
WESTERWELLE: Ohne die FDP gibt es keine Mehrheit für Union und Liberale. Wenn es nicht reicht, wird es eine Mehrheit links von der Mitte geben aus SPD, Grünen und Linkspartei. Die würde dann auch regieren. Seit dem Interview des Spitzenkandidaten der Linkspartei, Gregor Gysi, vom vergangenen Sonntag ist die Katze aus dem Sack. Herr Gabriel, Herr Trittin und Herr Gysi würden es miteinander versuchen. Insofern sind die Schicksale von Union und FDP am 22. September eng miteinander verbunden.
Frage: Was hat denn die FDP in der Regierung seit 2009 ausgezeichnet?
WESTERWELLE: Beispielsweise, dass die Schuldenpolitik beendet wurde. Heute haben wir gesunde Staatsfinanzen. Gleichzeitig konnten wir so mehr als je zuvor für Bildung investieren und haben die Familien und den Mittelstand entlastet. Gerade das, wofür wir Liberale anfangs hart kritisiert wurden, nämlich die beharrliche Förderung des Mittelstandes, führte dazu, dass es auf den Arbeitsmärkten heute so gut ausschaut.
Frage: Die Hotelsteuer-Senkung hat der FDP aber doch massiv geschadet?
WESTERWELLE: Die Senkung hat dazu geführt, dass tausende mittelständische Arbeitsplätze im Tourismusbereich geschützt oder zusätzlich geschaffen werden konnten.
Frage: Wie hart sollen wir mit den Amerikanern umgehen als Folge der NSA-Spähaktionen?
WESTERWELLE: Wir drängen auf Aufklärung und erwarten, dass sich die Amerikaner in Deutschland an deutsches Recht halten. Wir sind bisher mit dem, was von den USA an Aufklärungsarbeit geleistet wurde, noch nicht zufrieden.
Frage: Gehört das diplomatisch heikle Thema in den deutschen Wahlkampf?
WESTERWELLE: Ich rate den Parteien in Deutschland, als Demokraten zusammen zu stehen. Denn hier geht es um ein nationales Anliegen und um die richtige Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre. Diese Balance stimmt nicht, wenn Freunde Freunde abhören und ausspähen. Darüber hinaus appelliere ich an die Opposition, ihre Verantwortung für Deutschland gemeinsam mit der Bundesregierung wahr zu nehmen und nicht durch krude Behauptungen, es gebe eine geheime Außenpolitik, den Brunnen zu vergiften, aus dem alle Demokraten trinken.
Frage: Was lehrt uns die Spähaffäre?
WESTERWELLE: Dass Datenschutz ein Menschenrecht werden muss. Die völkerrechtlichen Regeln zum Schutz der Privatsphäre stammen aus der Zeit um die Mitte der 1960er Jahre. Ich will gemeinsam mit einigen europäischen Außenminister-Kollegen eine internationale Initiative für eine Vertragsstaaten-Konferenz ergreifen. Dadurch sollte der Datenschutz als Menschenrecht auch international verankert werden, in Zeiten von neuen Technologien, die Mitte der sechziger Jahre noch niemand erahnen konnte.
Frage: Ist Edward Snowden ein Held, ein Verräter oder eine tragische Figur?
WESTERWELLE: In einem Rechtsstaat ist es Aufgabe der unabhängigen Justiz, so etwas zu entscheiden.
Frage: Was sagt der Mensch Westerwelle dazu?
WESTERWELLE: Wenn ich leichtfertig ein Urteil fällen würde, obwohl wir noch gar nicht alle Fakten kennen, dann hätte ich ein großes Problem. So einfach wie die Opposition kann ich es mir nicht machen.
Frage: Wie denken Sie über Papst Franziskus? Halten Sie ihn für einen besonders begabten Herz-Jesu-Marxisten?
WESTERWELLE: Er ist neu in seiner Berufung. Seine Hinwendung zu Ländern, die vor großen sozialen Herausforderungen stehen, ist sehr klug und bedenkenswert. Seine jüngsten Bemerkungen zur Homosexualität lassen aufhorchen. Vielleicht setzt das eine Diskussion in Gang. Ich wünschte mir, dass auch die Rolle der Frau in der katholischen Kirche überdacht wird.
Frage: Angenommen, Sie bleiben Außenminister: Wird das Thema EU-Beitritt der Türkei dann für Sie akut?
WESTERWELLE: Ich möchte faire Verhandlungen, aber ich rechne in den nächsten vier Jahren nicht mit einer konkreten Beitrittsentscheidung. Wir haben soeben erst Kroatien als 28. Mitglied in die Europäische Union aufgenommen. Das ist der Beweis, dass die EU Wort hält und auch Deutschland ein fairer und verlässlicher Partner in Verhandlungen ist. Aber wir haben mit der Türkei mehr als die Hälfte der zu klärenden Kapitel noch nicht einmal eröffnet, darunter die beiden wichtigen über Rechtsstaat und Grundrechte. Ich dränge darauf, dass dies endlich geschieht, denn hier besteht großer Gesprächsbedarf.
Frage: Wo hakt es derzeit?
WESTERWELLE: Zwei Staaten der EU, Griechenland und Zypern, haben ein Veto gegen die Eröffnung eingelegt. Niemand kann heute sagen, wie die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ausgehen werden. Aber jeder sollte sie fair und respektvoll führen. Gerade bei ergebnisoffenen Verhandlungen sind Zuverlässigkeit und Fairness von größter Bedeutung.
Frage: Was empfinden Sie, wenn deutsche Politiker in Griechenland als Nazis beschimpft werden?
WESTERWELLE: Das empört mich genauso wie die Mehrheit der Griechen.
Frage: Wie gehen wir mit Ländern wie Bulgarien und Rumänien um, die möglicherweise zu früh in die EU aufgenommen worden sind?
WESTERWELLE: Zunächst ist es wichtig festzustellen, dass die Europäische Union mehr ist als ein Binnenmarkt und eine gemeinsame Währung. Sie ist eine demokratische Wertegemeinschaft. Unabhängig von Ihren Beispielen, die ich heute nicht bewerten möchte, habe ich deswegen eine Rechtsstaat-Initiative gestartet. Ein sehr großer Teil der EU-Außenminister stimmt dem zu. Wir wollen nicht nur, dass die Europäer bei Wirtschaft und Finanzen enger zusammenwachsen, sondern wir wollen auch beim Thema Rechtsstaat strenger auf unsere Maßstäbe achten. Wir brauchen maßgeschneiderte Instrumente, mit denen wir schon frühzeitig gegenüber Staaten, die sich von der Rechtstaatlichkeit - zum Beispiel einer unabhängigen Justiz - entfernen, handeln können.
Frage: Teilen Sie die Einschätzung "Scheitert der Euro, scheitert Europa"?
WESTERWELLE: Wenn wir die gemeinsame Währung verlieren, gerät Europa auf die schiefe Bahn. Dann werden die Fliehkräfte, die derzeit so stark wie nie auf Europa einwirken, obsiegen. Europa befindet sich derzeit in seiner größten Bewährungsprobe.
Frage: Viele Bürger treibt die Sorge um, dass Deutschland immer die Zeche zahlt.
WESTERWELLE: Wenn Europa und die gemeinsame Währung zerfallen, würden wir die größten Leidtragenden sein und schnell wieder bei fünf bis sechs Millionen Arbeitslosen landen. Ein Großteil unserer Exporte geht in die EU. Wir haben gerade erst begonnen, Europa auf den Weg der soliden Finanzen zurückzubringen. Deswegen ist der Vorschlag der Opposition, mit Eurobonds das Schuldenmachen zu erleichtern, ein schwerer Fehler. Die Bundestagswahl ist daher nicht nur eine Richtungsentscheidung für Deutschland, sondern auch für Europa.
Frage: Gibt es nicht dennoch einen Punkt, an dem man sagen muss: Bis hierher und nicht weiter?
WESTERWELLE: Die Bundesregierung hat eine unbegrenzte gesamtschuldnerische Haftung für europäische Schulden erfolgreich abgewehrt. Jetzt muss europaweit das Subsidiaritätsprinzip wiederbelebt werden. Das bedeutet: Europa soll nur das regeln dürfen, was es regeln muss. Es soll sich aber nicht in Angelegenheiten einmischen, die von den Nationalstaaten viel besser erledigt werden können. Es ist bestimmt nicht die Aufgabe von Brüssel, einem mittelständischen Betrieb in Westfalen eine Frauenquote vorzuschreiben.

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Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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