LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Nürnberger Nachrichten

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Nürnberger Nachrichten" Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab den "Nürnberg ...
[Freie Demokratische Partei (FDP) - 26.08.2013] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Nürnberger Nachrichten"

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab den "Nürnberger Nachrichten" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Sharon Chaffin:
Frage: Frau Ministerin, eine Freundin war mit ihrer demenzkranken Mutter kürzlich in einer Psychiatrie und ließ sich ihren Ärger über die Ärzte kaum anmerken, aus Angst davor, wie Gustl Mollath zu enden. Ist die Furcht berechtigt?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Nein, auch wenn man seine Meinung vielleicht konträr zu einem Fachmann aus dem Bereich Psychiatrie kundtut, gilt man nicht sofort als medizinisch auffällig und behandlungsbedürftig. Das Beispiel zeigt aber, dass bei den Bürgern eine Verunsicherung da ist.
Frage: Nämlich die Angst davor, weggesperrt zu werden.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ja, eine Verunsicherung, die unser Rechtssystembetrifft. Der Fall Mollath hat Fragen aufgeworfen, etwa danach, in welchen Abständen eine Unterbringung in der Psychiatrie überprüft wird oder diese aus Schutzgründen überhaupt nötig ist. Die Menschen wollen sicher gehen, dass - falls sie einmal in eine Psychiatrie kommen - sie auch die Chance haben, wieder entlassen zu werden.
Frage: Momentan zweifeln daran nicht wenige.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das wissen wir. Deshalb möchte ich den Maßregelvollzug, der für Täter gilt, die aufgrund einer Krankheit als schuldunfähig eingestuft sind, auf den Prüfstand stellen. Hier müssen wir uns das Gesamtsystem ansehen. Die Gründe für eine attestierte Gefährlichkeit müssen konkreter dargelegt werden. Das ist bisher eher schwach formuliert. Außerdem muss künftig geregelt sein, dass Patienten in Psychiatrien häufiger begutachtet werden als das bisher der Fall ist, nämlich nach vier Monaten und nicht erst nach einem Jahr.
Frage: Freunde und Familie können auf solche Überprüfungen hinweisen. Was ist mit Patienten, die allein sind?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Der Gefahr, dass diese vergessen werden, wollen wir mit unseren Reformen entgegenwirken. Die regelmäßigen Neubeurteilungen müssen im Strafgesetzbuch festgelegt sein und für jeden gelten, unabhängig davon, ob er einen Unterstützerkreis hat, der sich darum kümmert - wie Gustl Mollath.
Frage: Bislang findet sich im Gesetz noch nicht einmal eine generelle Befristung.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Genau, auch das wollen wir jetzt ändern. Es darf nicht sein, dass eine Unterbringung in der Psychiatrie immer und von vornherein auf Dauer angelegt ist. Natürlich wird es in besonders schwierigen Fällen auch weiterhin zu langfristigen Aufenthalten kommen - aber dann sind diese mindestens doppelt abgesichert und begründet.
Frage: Prognosen in der Psychiatrie sind immer schwer zu stellen, wie die jüngste Geiselnahme in Ingolstadt zeigt.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Natürlich, wir haben es in diesem Bereich mit einem großen Spannungsfeld zu tun. Bei Herrn Mollath sagen wir: Mensch, war das nicht zu lang? Bei dem psychiatrisch kranken Geiselnehmer sagen wir hingegen: Der hätte doch längst eingewiesen werden müssen.
Frage: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warnt bereits davor, mit Blick aufMollath bei der Einweisung in Psychiatrien zu zögerlich vorzugehen.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich warne davor, das Problem kleinzureden. Wir brauchen eine Reform an Haupt und Gliedern. Die Menschen erwarten zu Recht präzise Entscheidungen der Justiz. Man darf bei der Diskussion nicht auf Einzelfälle schauen, sondern muss die Bandbreite sehen. Vor schnellen Entscheidungen warne ich, jeder Fallist anders. Auch um das besser beurteilen zu können, halte ich eine Änderung der Gesetze für nötig.
Frage: Wenn es zu den von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen kommt und alle Patienten in den Kliniken überprüft werden, wie viele weitere Mollaths werden sich dann finden?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das kann man nicht einschätzen. Es sind immer individuelle Umstände, und bei Herrn Mollath war es so besonders, dass es einen Untersuchungsausschuss gegeben hat.
Frage: Die Eckpunkte liegen in Ihrem Ministerium. Wann kommen sie ins Parlament?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir arbeiten mit Experten daran. Deshalb bin ich überzeugt, dass in der nächsten Legislaturperiode dazu ein Gesetz verabschiedet wird.
Frage: Wenn die FDP dann noch in der Regierung sitzt.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Für unseren Vorschlag zur Reform der psychiatrischen Unterbringung erfahre ich Zustimmung aus allen politischen Lagern. Das Thema wird die Debatten weiter bestimmen, unabhängig vom Wahltermin.
Frage: Apropos Wahltermin. Wenn man die Äußerungen Ihrer bayerischen Kollegin über Gustl Mollath seit dem Sommer hört, könnte man meinen, sie sei seiner Unterbringung immer skeptisch gegenübergestanden. In den Monaten zuvor klang das anders.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich bewerte nicht, was Landesminister alles sagen. Man muss es positiv benennen, dass Mollath in einem ziemlich späten Stadium auch die Unterstützung aus dem bayerischen Justizministerium erfahren hat, so dass es zu dem Wiederaufnahmeverfahren kommen konnte, Gustl Mollath entlassen wurde und man jetzt neu im Verfahren ist.
Frage: Könnte Mollath am Ende Schadensersatz erhalten?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wenn er zu Unrecht eingesperrt worden ist, steht ihm das auf jeden Fall zu.

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Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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