11.09.2013 09:18 Uhr in Medien & Presse von Bayerischer Rundfunk (BR)
Goethe oder Das Glück ist immer anderswo
Kurzfassung: Goethe oder Das Glück ist immer anderswoDer Dichterfürst als Prophet der Moderne Was sagt uns Goethe heute noch? War der wohl bedeutendste deutsche Schriftsteller ein Prophet unserer globalisierten, ...
[Bayerischer Rundfunk (BR) - 11.09.2013] Goethe oder Das Glück ist immer anderswo
Der Dichterfürst als Prophet der Moderne
Was sagt uns Goethe heute noch? War der wohl bedeutendste deutsche Schriftsteller ein Prophet unserer globalisierten, durchbeschleunigten Welt? Meinhard Prill zeigt in der Reihe "LIDO", wie der Dichterfürst mit seinem Faust den modernen Menschen von heute vorausgeahnt hat.
Am Epochenwechsel vom Rokoko zur Moderne war Johann Wolfgang Goethe seiner Zeit im Denken weit voraus. Wie weit, wird mitunter erst heute richtig klar. In seinem Hauptwerk "Faust" geht der Titelheld mit dem Teufel eine Wette ein, dass er nie mit dem Leben zufrieden sein wird, dass er nie "Verweile doch! Du bist so schön!" zum Augenblick sagen wird. Eben dieser "Faust" lässt sich nach Ansicht des Goethe-Forschers Michael Jaeger als Parabel lesen auf die globalisierte und beschleunigte Welt, in der die Umwelt ausgebeutet wird, die Menschen ihr ganzes Glück im Konsum suchen, immer schneller unzufrieden sind und unaufhörlich auf die Zukunft spekulieren.
"Goethe hat diese Welt, die sich ganz in den Dienst der modernen Produktion stellt, vorausgesehen. Ihm fehlte das Vertrauen, dass sich in diesem Prozess ein sinnvolles Geschehen verbirgt. Das macht ihn für uns heute so interessant, weil wir an einem Punkt angekommen sind, wo wir auch dieses Vertrauen verloren haben, dass Wachstum und Fortschritt einen Sinn verwirklichen."
(Michael Jaeger)
Hat Goethe also in seiner Hauptfigur die Mentalität des modernen Menschen, der ganz dem Prinzip des "Schneller-Höher-Weiter" verfallen ist, vorausgeahnt? Meinhard Prill forscht nach, wie tragfähig diese These ist. Er spürt in Weimar dem Alltag des Universalgenies vor dem Hintergrund seiner Zeit nach und spricht neben Michael Jaeger mit Rüdiger Safranski, der gerade eine neue Goethe-Biografie vorgelegt hat, und mit Dirk Müller, bekannt als "Mister Dax" an der Börse in Goethes Geburtsstadt Frankfurt am Main. Denn wenn Goethe heute "Faust" schreiben würde, käme er am gnadenlosen Konkurrenzkampf von Unternehmen und an computergestützten Aktienhandel im Nanosekundentakt sicher nicht vorbei.
"Goethe zeigt in der Figur des Faust ein Bewusstsein dafür, dass, je mehr man die Natur durch die Technik beherrscht, desto größer auch die Sorgen werden, dass etwas nicht funktionieren könnte. (…) Der Faust, der sich in dem Moment, in dem er Deiche baut, sorgt, ist der Faust, der bereits spürt, dass mit der technisch entwickelten Gesellschaft auch die Risikogesellschaft entsteht."
(Rüdiger Safranski)
"Im hochspekulativen Bereich ist das Verweilen tödlich. Dann gehört man dem Teufel."
(Dirk Müller)
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Der Dichterfürst als Prophet der Moderne
Was sagt uns Goethe heute noch? War der wohl bedeutendste deutsche Schriftsteller ein Prophet unserer globalisierten, durchbeschleunigten Welt? Meinhard Prill zeigt in der Reihe "LIDO", wie der Dichterfürst mit seinem Faust den modernen Menschen von heute vorausgeahnt hat.
Am Epochenwechsel vom Rokoko zur Moderne war Johann Wolfgang Goethe seiner Zeit im Denken weit voraus. Wie weit, wird mitunter erst heute richtig klar. In seinem Hauptwerk "Faust" geht der Titelheld mit dem Teufel eine Wette ein, dass er nie mit dem Leben zufrieden sein wird, dass er nie "Verweile doch! Du bist so schön!" zum Augenblick sagen wird. Eben dieser "Faust" lässt sich nach Ansicht des Goethe-Forschers Michael Jaeger als Parabel lesen auf die globalisierte und beschleunigte Welt, in der die Umwelt ausgebeutet wird, die Menschen ihr ganzes Glück im Konsum suchen, immer schneller unzufrieden sind und unaufhörlich auf die Zukunft spekulieren.
"Goethe hat diese Welt, die sich ganz in den Dienst der modernen Produktion stellt, vorausgesehen. Ihm fehlte das Vertrauen, dass sich in diesem Prozess ein sinnvolles Geschehen verbirgt. Das macht ihn für uns heute so interessant, weil wir an einem Punkt angekommen sind, wo wir auch dieses Vertrauen verloren haben, dass Wachstum und Fortschritt einen Sinn verwirklichen."
(Michael Jaeger)
Hat Goethe also in seiner Hauptfigur die Mentalität des modernen Menschen, der ganz dem Prinzip des "Schneller-Höher-Weiter" verfallen ist, vorausgeahnt? Meinhard Prill forscht nach, wie tragfähig diese These ist. Er spürt in Weimar dem Alltag des Universalgenies vor dem Hintergrund seiner Zeit nach und spricht neben Michael Jaeger mit Rüdiger Safranski, der gerade eine neue Goethe-Biografie vorgelegt hat, und mit Dirk Müller, bekannt als "Mister Dax" an der Börse in Goethes Geburtsstadt Frankfurt am Main. Denn wenn Goethe heute "Faust" schreiben würde, käme er am gnadenlosen Konkurrenzkampf von Unternehmen und an computergestützten Aktienhandel im Nanosekundentakt sicher nicht vorbei.
"Goethe zeigt in der Figur des Faust ein Bewusstsein dafür, dass, je mehr man die Natur durch die Technik beherrscht, desto größer auch die Sorgen werden, dass etwas nicht funktionieren könnte. (…) Der Faust, der sich in dem Moment, in dem er Deiche baut, sorgt, ist der Faust, der bereits spürt, dass mit der technisch entwickelten Gesellschaft auch die Risikogesellschaft entsteht."
(Rüdiger Safranski)
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