02.10.2013 11:41 Uhr in Gesellschaft & Familie von Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Jugendliche verbringen ihre Freizeit zunehmend bildungsorientiert
Kurzfassung: Jugendliche verbringen ihre Freizeit zunehmend bildungsorientiert Musik- und Sportunterricht oder ehrenamtliches Engagement spielen für immer mehr 16- und 17-Jährige eine Rolle Soziale Unterschiede ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 02.10.2013] Jugendliche verbringen ihre Freizeit zunehmend bildungsorientiert
Musik- und Sportunterricht oder ehrenamtliches Engagement spielen für immer mehr 16- und 17-Jährige eine Rolle
Soziale Unterschiede bleiben bestehen
Ausbau der Ganztagsschule erleichtert Zugang zu Angeboten
Musik, Sport, ehrenamtliches Engagement - die Teilnahme an so genannten bildungsorientierten Freizeitaktivitäten hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Dieser Trend zeigt sich sowohl bei Jugendlichen aus sozial besser gestellten als auch bei Jugendlichen aus sozial schlechter gestellten Familien. So lautet das Ergebnis einer im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) veröffentlichten Studie auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Während im Jahr 2001 erst 48 Prozent aller 16- bis 17-Jährigen an bildungsorientierten Aktivitäten teilnahmen, waren es im Jahr 2012 bereits 62 Prozent. "Dennoch sind die Unterschiede im Freizeitverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft noch genauso stark ausgeprägt wie vor zehn Jahren", sagt der Ökonom Adrian Hille, einer der Autoren. "Jugendliche aus sozial schwächeren Haushalten nutzen bildungsorientierte Angebote viel seltener als junge Menschen aus gut situierten Familien".
Für ihre Studie hatten die Forscher die Angaben von insgesamt 3551 Jugendlichen ausgewertet, die zwischen 2001 und 2012 im Sozio-oekonomischen Panel befragt worden waren.
Die SOEP-Daten zeigen: Während zwischen 2001 und 2004 nur etwa zehn Prozent der 16- bis 17-Jährigen musizierten, waren es zwischen 2009 und 2012 bereits knapp 18 Prozent. Noch stärker hat im gleichen Zeitraum das ehrenamtliche Engagement der 16- bis 17-Jährigen zugenommen (von 11 auf 22 Prozent). Darüber hinaus ist auch der Anteil der Jugendlichen, die Sport treiben, tanzen oder Theater spielen, gestiegen. Gleichzeitig verzeichnen die Forscher einen Abwärtstrend der sogenannten informellen Freizeitbeschäftigungen. So ist der Anteil derer, die täglich mit der besten Freundin oder dem besten Freund unterwegs sind, im Untersuchungszeitraum von 40 auf 25 Prozent zurückgegangen.
Nach wie vor gestalten vor allem Jugendliche aus höheren sozialen Schichten ihre Freizeit bildungsorientiert. Denn die Bildung der Eltern entscheidet maßgeblich darüber, ob Jugendliche außerhalb der Schule musizieren, Sport treiben oder sich ehrenamtlich engagieren. Kann die Mutter weder Abitur noch einen Universitätsabschluss vorweisen, haben ihre Kinder eine um 20 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität als andere. "Solche Jugendliche sind gleich mehrfach benachteiligt", betont der SOEP-Forscher Adrian Hille. "Denn ihre weniger günstigen Bildungsmöglichkeiten zu Hause, in der Schule und in der Freizeit verstärken sich gegenseitig."
Inwieweit bildungsorientierte Freizeitaktivitäten wichtig sind für die Entwicklung von Fähigkeiten sowie für die Berufs- und Studienwahl, ist noch unzureichend erforscht. Die SOEP-Daten zeigen jedoch: Jugendliche, die an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität teilnehmen, sind im Durchschnitt signifikant zufriedener mit ihrem Leben als andere Jugendliche. "Unsere Daten widerlegen eindeutig die weit verbreitete Ansicht, dass so genannte Helikopter-Eltern ihre Kinder durch ein zu ambitioniertes Freizeitprogramm überfordern würden", sagt Adrian Hille.
Damit die Bildungsungleichheit in der Freizeit der Jugendlichen reduziert werden kann, fordern die Forscher den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen. Darüber hinaus sollten bildungsorientierte Freizeitangebote verstärkt staatlich gefördert werden. Als Beispiel nennen sie das Programm "Jedem Kind ein Instrument" (JeKi), das es Kindern ermöglicht, ein Jahr lang kostenlos ein Instrument zu lernen. JeKi wurde 2007 in Nordrhein-Westfalen eingeführt und findet nun bundesweit Nachahmer.
Stichwort SOEP
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung mehrere tausend Menschen befragt. Zurzeit sind es etwa 30.000 Befragte in etwa 15.000 Haushalten. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Mohrenstraße 58
10117 Berlin
Deutschland
Telefon: +49 030/897 89 0
Telefax: +49 (030) 897 89-200
Mail: postmaster@diw.de
URL: http://www.diw.de
Musik- und Sportunterricht oder ehrenamtliches Engagement spielen für immer mehr 16- und 17-Jährige eine Rolle
Soziale Unterschiede bleiben bestehen
Ausbau der Ganztagsschule erleichtert Zugang zu Angeboten
Musik, Sport, ehrenamtliches Engagement - die Teilnahme an so genannten bildungsorientierten Freizeitaktivitäten hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Dieser Trend zeigt sich sowohl bei Jugendlichen aus sozial besser gestellten als auch bei Jugendlichen aus sozial schlechter gestellten Familien. So lautet das Ergebnis einer im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) veröffentlichten Studie auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Während im Jahr 2001 erst 48 Prozent aller 16- bis 17-Jährigen an bildungsorientierten Aktivitäten teilnahmen, waren es im Jahr 2012 bereits 62 Prozent. "Dennoch sind die Unterschiede im Freizeitverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft noch genauso stark ausgeprägt wie vor zehn Jahren", sagt der Ökonom Adrian Hille, einer der Autoren. "Jugendliche aus sozial schwächeren Haushalten nutzen bildungsorientierte Angebote viel seltener als junge Menschen aus gut situierten Familien".
Für ihre Studie hatten die Forscher die Angaben von insgesamt 3551 Jugendlichen ausgewertet, die zwischen 2001 und 2012 im Sozio-oekonomischen Panel befragt worden waren.
Die SOEP-Daten zeigen: Während zwischen 2001 und 2004 nur etwa zehn Prozent der 16- bis 17-Jährigen musizierten, waren es zwischen 2009 und 2012 bereits knapp 18 Prozent. Noch stärker hat im gleichen Zeitraum das ehrenamtliche Engagement der 16- bis 17-Jährigen zugenommen (von 11 auf 22 Prozent). Darüber hinaus ist auch der Anteil der Jugendlichen, die Sport treiben, tanzen oder Theater spielen, gestiegen. Gleichzeitig verzeichnen die Forscher einen Abwärtstrend der sogenannten informellen Freizeitbeschäftigungen. So ist der Anteil derer, die täglich mit der besten Freundin oder dem besten Freund unterwegs sind, im Untersuchungszeitraum von 40 auf 25 Prozent zurückgegangen.
Nach wie vor gestalten vor allem Jugendliche aus höheren sozialen Schichten ihre Freizeit bildungsorientiert. Denn die Bildung der Eltern entscheidet maßgeblich darüber, ob Jugendliche außerhalb der Schule musizieren, Sport treiben oder sich ehrenamtlich engagieren. Kann die Mutter weder Abitur noch einen Universitätsabschluss vorweisen, haben ihre Kinder eine um 20 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität als andere. "Solche Jugendliche sind gleich mehrfach benachteiligt", betont der SOEP-Forscher Adrian Hille. "Denn ihre weniger günstigen Bildungsmöglichkeiten zu Hause, in der Schule und in der Freizeit verstärken sich gegenseitig."
Inwieweit bildungsorientierte Freizeitaktivitäten wichtig sind für die Entwicklung von Fähigkeiten sowie für die Berufs- und Studienwahl, ist noch unzureichend erforscht. Die SOEP-Daten zeigen jedoch: Jugendliche, die an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität teilnehmen, sind im Durchschnitt signifikant zufriedener mit ihrem Leben als andere Jugendliche. "Unsere Daten widerlegen eindeutig die weit verbreitete Ansicht, dass so genannte Helikopter-Eltern ihre Kinder durch ein zu ambitioniertes Freizeitprogramm überfordern würden", sagt Adrian Hille.
Damit die Bildungsungleichheit in der Freizeit der Jugendlichen reduziert werden kann, fordern die Forscher den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen. Darüber hinaus sollten bildungsorientierte Freizeitangebote verstärkt staatlich gefördert werden. Als Beispiel nennen sie das Programm "Jedem Kind ein Instrument" (JeKi), das es Kindern ermöglicht, ein Jahr lang kostenlos ein Instrument zu lernen. JeKi wurde 2007 in Nordrhein-Westfalen eingeführt und findet nun bundesweit Nachahmer.
Stichwort SOEP
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt und wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung mehrere tausend Menschen befragt. Zurzeit sind es etwa 30.000 Befragte in etwa 15.000 Haushalten. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
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, 10117 Berlin, Deutschland
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