31.10.2013 10:55 Uhr in Gesellschaft & Familie von Deutscher Bundestag
Österreichische Liberale fordern europäische Datenschutzinitiative
Kurzfassung: Österreichische Liberale fordern europäische DatenschutzinitiativeInterview mit der Zeitung "Das Parlament"Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung "Das Parlament" ...
[Deutscher Bundestag - 31.10.2013] Österreichische Liberale fordern europäische Datenschutzinitiative
Interview mit der Zeitung "Das Parlament"
Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung "Das Parlament" (Erscheinungstag: 4. November 2013)
Die Europäer müssen nach Ansicht der neuen österreichischen liberalen Partei NEOS für einen besseren Datenschutz enger zusammenarbeiten und gemeinsam aktiv werden. NEOS-Chef Matthias Strolz sagte der Wochenzeitung "Das Parlament" (Erscheinungstag 4. November), die jetzt bekannt gewordenen Bespitzelungen seien "unzulässig". Nationalstaaten hätten aber alleine keine Chance, effektiv dagegen vorzugehen. Strolz betonte: "Wenn man da keine europäische Verhandlungsmasse in die Waagschale werfen kann, lachen uns die Amerikaner aus."
Europa ist nach Überzeugung des Parteivorsitzenden auch industriepolitisch zur Zusammenarbeit verdammt. "Wenn wir es nicht schaffen, die europäische Integration voranzutreiben, dann werden die Treffen der großen Industrienationen in Zukunft ohne Europa stattfinden, auch ohne Deutschland. Da sitzen dann Indien, China, Russland, Brasilien, Indonesien und Mexiko mit am Tisch - und wir schauen in den Ausguss", sagte Strolz und fügte hinzu: "Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft."
Die Türkei, die in die Europäische Union strebt, ist aus Sicht des NEOS-Vorsitzenden "ein ganz wichtiger Nachbar". Es sei daher von beiderseitigem Interesse, die Beitrittsverhandlungen zu forcieren, allerdings ergebnisoffen. "In dem jetzigen Zustand wäre die EU nicht aufnahmefähig und die Türkei auch noch nicht reif." Strolz mahnte: "Aber wir sollten die Türkei als großes Land und stolze Kultur nicht immer wieder vor den Kopf stoßen. Dann wenden sie sich ab von Europa und wir hätten eine aufstrebende Volkswirtschaft als Partner verloren." NEOS wurde 2012 gegründet und schaffte unlängst überraschend den Sprung in das österreichische Parlament, den Nationalrat.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Strolz, Sie haben soeben mit einem Zusammenschluss liberaler Parteien einen überraschenden Wahlsieg errungen und sind mit 5,0 Prozent in den österreichischen Nationalrat eingezogen. Worauf führen den Erfolg von NEOS zurück?
Wir sind eine Bürgerbewegung, ein Kind des 21. Jahrhunderts mit social media und allem, was dazugehört und keine klassische Partei, die eine jahrzehntelange Geschichte aufzuweisen hat wie die FDP. Was den Menschen gefällt hier in Österreich ist unsere Authentizität, unsere Leidenschaft und Lebendigkeit. Wir haben die Grünen beerbt auf der Flanke einer Lifestylepartei. Von sich aus haben Parteien ja wenig Appeal. Man muss die Menschen abholen auf der emotionalen Seite. Die Piraten haben zukunftsweisende Themen aufgezeigt, aber denen hat es an Professionalität gefehlt. Wir kombinieren Professionalität mit Idealismus.
In Österreich regiert seit Jahren eine Große Koalition. Sie versprechen ein neues Österreich, was stört sie am alten?
Es gibt eine Lähmung des Landes. Dieses rot-schwarze Machtkartell, das in den Nachkriegsjahrzehnten hochfunktional war, ist heute kraftlos, ausgebrannt, leer und hochgradig korruptionsanfällig. Die sind nicht fähig, die Erneuerung des Landes voranzutreiben. Die Volksparteien brauchen einen externen Schock, und einen ersten pinken Schock haben wir geliefert. Wir haben uns im Februar 2012 mit 40 Leuten zu einer Klausur getroffen und geguckt, ob es hier genügend Energie gibt für eine Parteigründung. Wir hielten es nicht mehr aus auf den Zuschauerplätzen.
Sind Sie denn eine Protestpartei?
Nein, dazu sind wir viel zu konstruktiv und lösungsorientiert. Wir sind Anpacker und Umsetzer. Aber wir sind auch eine geballte Ladung an Emotion. Das galt in der Politik in Österreich lange als nahezu verwerflich, es gab einen Konsens, dass Emotion immer rechter Populismus bedeutet. Das stimmt nicht. Wir haben gezeigt, dass Emotion auch good vibrations bedeuten kann, positive Schwingungen. Wir sind ein Kind der Zuversicht.
In ihrem Parteiprogramm ist auch von sozialer und ökologischer Verantwortung die Rede, verfolgen Sie noch andere Ideen als die des Liberalismus?
Wir sind auch liberal, nicht nur liberal. Wir sind eine Zentrumsbewegung, wie es sie in Österreich bisher nicht gegeben hat. Wir haben einiges gemeinsam mit der Partei TOP 09 von Karel Schwarzenberg in Tschechien, mit den Grünliberalen in der Schweiz, mit den Liberalen in Belgien um den ehemaligen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt. Eines ist ganz wichtig: Man muss den Liberalismus immer wieder erden, sonst kommt er kühl und intellektuell daher und das braucht keiner. Wir haben unsere liberalen Ideen mit der Bürgerbewegung geerdet und beispielsweise mit dem Fokus auf das Bildungsthema. Am Anfang war der Gedanke, dass uns Eigenverantwortung wichtig ist und nicht, dass wir eine liberale Partei sein wollen.
In Deutschland hat sich inzwischen das Schlagwort neoliberal als Synonym für eine kaltherzige, antisoziale Politik durchgesetzt. Auch NEOS setzt auf die regulierenden Kräfte des Marktes. Sind Sie eine neoliberale Kraft?
Nein, damit haben wir nichts am Hut. Wir sind große Freunde der sozialen Marktwirtschaft mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit. Der Markt braucht aber auch einen entschlossenen Staat, sonst läuft er aus dem Ruder. Wir brauchen den Staat dort, wo wir Monopolbildungen haben, wir brauchen ihn dort, wo der Finanzmarkt seltsame Blüten treibt. Wir setzen auf Transparenz bei privaten Geschäften, auch Börsengeschäften und wollen die Finanztransaktionssteuer. Das ist für uns eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Der FDP in Deutschland wird eine zu große Nähe zur Wirtschaft vorgehalten, Lobbyismus und Klientelpolitik. Sie haben auch mächtige Freunde und Förderer in der Wirtschaft. Inwieweit bleibt da die politische Unabhängigkeit auf der Strecke?
Wir sind unabhängig, das war mir immer wichtig. Wir haben mit ganz wenig Geld diesen Wahlerfolg heimgefahren, wir haben das Budget von rund zwei Millionen Euro von über 2.000 Kleinspendern bekommen. Ja, wir haben auch einige Leute aus der Wirtschaft gewinnen können für größere Spenden, aber wir sind nicht abhängig und wir werden danach trachten, nie abhängig zu werden. Wenn wir die Unabhängigkeit aufgäben, hätten wir viel verloren.
Aber NEOS ist schon wirtschaftsnah.
Absolut. Die Wirtschaft ist wichtig. Wir sind große Fans des europäischen Lebensmodells. Das hat zu tun mit dem Sozialstaat. Es gibt nur eine Möglichkeit, den Sozialstaat zu retten, wenn wir die Sozialsysteme in den Griff bekommen. Dazu braucht es Sachverstand und eine funktionierende Wirtschaft. Wenn das nicht gut läuft, fahren wir gegen die Wand.
NEOS will ein vereintes Europa. Wie wichtig ist das für Sie?
Wir lieben Europa und werden bei der Europawahl 2014 mit aller Leidenschaft der antieuropäischen Stimmung, die nicht so schwach ausgeprägt ist in Österreich, etwas Positives entgegensetzen. Wenn wir es nicht schaffen, die europäische Integration voranzutreiben, dann werden die Treffen der großen Industrienationen in Zukunft ohne Europa stattfinden, auch ohne Deutschland. Da sitzen dann Indien, China, Russland, Brasilien, Indonesien und Mexiko mit am Tisch - und wir schauen in den Ausguss. Als ein Flickenteppich können wir auf dem Globus keine Rolle spielen. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft.
Und die Türkei ist ein ganz wichtiger Nachbar. Es ist von beiderseitigem Interesse, dass wir die Beitrittsverhandlungen forcieren, allerdings ergebnisoffen. In dem jetzigen Zustand wäre die EU nicht aufnahmefähig und die Türkei auch noch nicht reif. Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas wie eine bevorzugte Partnerschaft dabei herauskommt. Aber wir sollten die Türkei als großes Land und stolze Kultur nicht immer wieder vor den Kopf stoßen. Dann wenden sie sich ab von Europa und wir hätten eine aufstrebende Volkswirtschaft als Partner verloren.
Inwiefern können liberale Parteien von der aktuellen Debatte über Datenschutz profitieren?
Das ist ein wichtiges Thema für liberale Parteien. Unser Credo lautet: gläserner Staat, nicht gläserner Bürger. Hier werden Bürgerrechte mit Füßen getreten, wir fordern ein Informationsfreiheitsgesetz. Die Bespitzelungen allerorten sind unzulässig. Auch hier haben die Nationalstaaten längst alleine keine Chance mehr. Wenn man da keine europäische Verhandlungsmasse in die Waagschale werfen kann, lachen uns die Amerikaner aus.
In den USA haben wir erlebt, wie die Tea-Party mit ihrem radikalliberalen Ansatz fast eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst hätte. Wie bewerten Sie das?
Die Tea-Party ist dogmatisch verengt, wir sind ergebnisorientiert. Die Tea-Party-Leute sind radikale Eiferer, da kann man nur den Kopf schütteln.
In Österreich wurde auch die FPÖ mal als liberale Partei gewertet, inzwischen gilt sie als rechtspopulistisch. Ist die Grenze zwischen liberal, nationalliberal und rechtsradikal schwammig?
Nein, das glaube ich nicht. Schwammig ist dieses links-rechts-Kontinuum, um Parteien einzuordnen. Parteien im 21. Jahrhundert sind oft sehr schillernde Phänomene, die mit links und rechts nicht mehr einzuordnen sind. Der liberale Gedanke ist spätestens in den 80er Jahren aus der FPÖ ausgezogen und ward seit damals nicht wieder gesehen.
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Interview mit der Zeitung "Das Parlament"
Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung "Das Parlament" (Erscheinungstag: 4. November 2013)
Die Europäer müssen nach Ansicht der neuen österreichischen liberalen Partei NEOS für einen besseren Datenschutz enger zusammenarbeiten und gemeinsam aktiv werden. NEOS-Chef Matthias Strolz sagte der Wochenzeitung "Das Parlament" (Erscheinungstag 4. November), die jetzt bekannt gewordenen Bespitzelungen seien "unzulässig". Nationalstaaten hätten aber alleine keine Chance, effektiv dagegen vorzugehen. Strolz betonte: "Wenn man da keine europäische Verhandlungsmasse in die Waagschale werfen kann, lachen uns die Amerikaner aus."
Europa ist nach Überzeugung des Parteivorsitzenden auch industriepolitisch zur Zusammenarbeit verdammt. "Wenn wir es nicht schaffen, die europäische Integration voranzutreiben, dann werden die Treffen der großen Industrienationen in Zukunft ohne Europa stattfinden, auch ohne Deutschland. Da sitzen dann Indien, China, Russland, Brasilien, Indonesien und Mexiko mit am Tisch - und wir schauen in den Ausguss", sagte Strolz und fügte hinzu: "Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft."
Die Türkei, die in die Europäische Union strebt, ist aus Sicht des NEOS-Vorsitzenden "ein ganz wichtiger Nachbar". Es sei daher von beiderseitigem Interesse, die Beitrittsverhandlungen zu forcieren, allerdings ergebnisoffen. "In dem jetzigen Zustand wäre die EU nicht aufnahmefähig und die Türkei auch noch nicht reif." Strolz mahnte: "Aber wir sollten die Türkei als großes Land und stolze Kultur nicht immer wieder vor den Kopf stoßen. Dann wenden sie sich ab von Europa und wir hätten eine aufstrebende Volkswirtschaft als Partner verloren." NEOS wurde 2012 gegründet und schaffte unlängst überraschend den Sprung in das österreichische Parlament, den Nationalrat.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Strolz, Sie haben soeben mit einem Zusammenschluss liberaler Parteien einen überraschenden Wahlsieg errungen und sind mit 5,0 Prozent in den österreichischen Nationalrat eingezogen. Worauf führen den Erfolg von NEOS zurück?
Wir sind eine Bürgerbewegung, ein Kind des 21. Jahrhunderts mit social media und allem, was dazugehört und keine klassische Partei, die eine jahrzehntelange Geschichte aufzuweisen hat wie die FDP. Was den Menschen gefällt hier in Österreich ist unsere Authentizität, unsere Leidenschaft und Lebendigkeit. Wir haben die Grünen beerbt auf der Flanke einer Lifestylepartei. Von sich aus haben Parteien ja wenig Appeal. Man muss die Menschen abholen auf der emotionalen Seite. Die Piraten haben zukunftsweisende Themen aufgezeigt, aber denen hat es an Professionalität gefehlt. Wir kombinieren Professionalität mit Idealismus.
In Österreich regiert seit Jahren eine Große Koalition. Sie versprechen ein neues Österreich, was stört sie am alten?
Es gibt eine Lähmung des Landes. Dieses rot-schwarze Machtkartell, das in den Nachkriegsjahrzehnten hochfunktional war, ist heute kraftlos, ausgebrannt, leer und hochgradig korruptionsanfällig. Die sind nicht fähig, die Erneuerung des Landes voranzutreiben. Die Volksparteien brauchen einen externen Schock, und einen ersten pinken Schock haben wir geliefert. Wir haben uns im Februar 2012 mit 40 Leuten zu einer Klausur getroffen und geguckt, ob es hier genügend Energie gibt für eine Parteigründung. Wir hielten es nicht mehr aus auf den Zuschauerplätzen.
Sind Sie denn eine Protestpartei?
Nein, dazu sind wir viel zu konstruktiv und lösungsorientiert. Wir sind Anpacker und Umsetzer. Aber wir sind auch eine geballte Ladung an Emotion. Das galt in der Politik in Österreich lange als nahezu verwerflich, es gab einen Konsens, dass Emotion immer rechter Populismus bedeutet. Das stimmt nicht. Wir haben gezeigt, dass Emotion auch good vibrations bedeuten kann, positive Schwingungen. Wir sind ein Kind der Zuversicht.
In ihrem Parteiprogramm ist auch von sozialer und ökologischer Verantwortung die Rede, verfolgen Sie noch andere Ideen als die des Liberalismus?
Wir sind auch liberal, nicht nur liberal. Wir sind eine Zentrumsbewegung, wie es sie in Österreich bisher nicht gegeben hat. Wir haben einiges gemeinsam mit der Partei TOP 09 von Karel Schwarzenberg in Tschechien, mit den Grünliberalen in der Schweiz, mit den Liberalen in Belgien um den ehemaligen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt. Eines ist ganz wichtig: Man muss den Liberalismus immer wieder erden, sonst kommt er kühl und intellektuell daher und das braucht keiner. Wir haben unsere liberalen Ideen mit der Bürgerbewegung geerdet und beispielsweise mit dem Fokus auf das Bildungsthema. Am Anfang war der Gedanke, dass uns Eigenverantwortung wichtig ist und nicht, dass wir eine liberale Partei sein wollen.
In Deutschland hat sich inzwischen das Schlagwort neoliberal als Synonym für eine kaltherzige, antisoziale Politik durchgesetzt. Auch NEOS setzt auf die regulierenden Kräfte des Marktes. Sind Sie eine neoliberale Kraft?
Nein, damit haben wir nichts am Hut. Wir sind große Freunde der sozialen Marktwirtschaft mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit. Der Markt braucht aber auch einen entschlossenen Staat, sonst läuft er aus dem Ruder. Wir brauchen den Staat dort, wo wir Monopolbildungen haben, wir brauchen ihn dort, wo der Finanzmarkt seltsame Blüten treibt. Wir setzen auf Transparenz bei privaten Geschäften, auch Börsengeschäften und wollen die Finanztransaktionssteuer. Das ist für uns eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Der FDP in Deutschland wird eine zu große Nähe zur Wirtschaft vorgehalten, Lobbyismus und Klientelpolitik. Sie haben auch mächtige Freunde und Förderer in der Wirtschaft. Inwieweit bleibt da die politische Unabhängigkeit auf der Strecke?
Wir sind unabhängig, das war mir immer wichtig. Wir haben mit ganz wenig Geld diesen Wahlerfolg heimgefahren, wir haben das Budget von rund zwei Millionen Euro von über 2.000 Kleinspendern bekommen. Ja, wir haben auch einige Leute aus der Wirtschaft gewinnen können für größere Spenden, aber wir sind nicht abhängig und wir werden danach trachten, nie abhängig zu werden. Wenn wir die Unabhängigkeit aufgäben, hätten wir viel verloren.
Aber NEOS ist schon wirtschaftsnah.
Absolut. Die Wirtschaft ist wichtig. Wir sind große Fans des europäischen Lebensmodells. Das hat zu tun mit dem Sozialstaat. Es gibt nur eine Möglichkeit, den Sozialstaat zu retten, wenn wir die Sozialsysteme in den Griff bekommen. Dazu braucht es Sachverstand und eine funktionierende Wirtschaft. Wenn das nicht gut läuft, fahren wir gegen die Wand.
NEOS will ein vereintes Europa. Wie wichtig ist das für Sie?
Wir lieben Europa und werden bei der Europawahl 2014 mit aller Leidenschaft der antieuropäischen Stimmung, die nicht so schwach ausgeprägt ist in Österreich, etwas Positives entgegensetzen. Wenn wir es nicht schaffen, die europäische Integration voranzutreiben, dann werden die Treffen der großen Industrienationen in Zukunft ohne Europa stattfinden, auch ohne Deutschland. Da sitzen dann Indien, China, Russland, Brasilien, Indonesien und Mexiko mit am Tisch - und wir schauen in den Ausguss. Als ein Flickenteppich können wir auf dem Globus keine Rolle spielen. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft.
Und die Türkei ist ein ganz wichtiger Nachbar. Es ist von beiderseitigem Interesse, dass wir die Beitrittsverhandlungen forcieren, allerdings ergebnisoffen. In dem jetzigen Zustand wäre die EU nicht aufnahmefähig und die Türkei auch noch nicht reif. Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas wie eine bevorzugte Partnerschaft dabei herauskommt. Aber wir sollten die Türkei als großes Land und stolze Kultur nicht immer wieder vor den Kopf stoßen. Dann wenden sie sich ab von Europa und wir hätten eine aufstrebende Volkswirtschaft als Partner verloren.
Inwiefern können liberale Parteien von der aktuellen Debatte über Datenschutz profitieren?
Das ist ein wichtiges Thema für liberale Parteien. Unser Credo lautet: gläserner Staat, nicht gläserner Bürger. Hier werden Bürgerrechte mit Füßen getreten, wir fordern ein Informationsfreiheitsgesetz. Die Bespitzelungen allerorten sind unzulässig. Auch hier haben die Nationalstaaten längst alleine keine Chance mehr. Wenn man da keine europäische Verhandlungsmasse in die Waagschale werfen kann, lachen uns die Amerikaner aus.
In den USA haben wir erlebt, wie die Tea-Party mit ihrem radikalliberalen Ansatz fast eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst hätte. Wie bewerten Sie das?
Die Tea-Party ist dogmatisch verengt, wir sind ergebnisorientiert. Die Tea-Party-Leute sind radikale Eiferer, da kann man nur den Kopf schütteln.
In Österreich wurde auch die FPÖ mal als liberale Partei gewertet, inzwischen gilt sie als rechtspopulistisch. Ist die Grenze zwischen liberal, nationalliberal und rechtsradikal schwammig?
Nein, das glaube ich nicht. Schwammig ist dieses links-rechts-Kontinuum, um Parteien einzuordnen. Parteien im 21. Jahrhundert sind oft sehr schillernde Phänomene, die mit links und rechts nicht mehr einzuordnen sind. Der liberale Gedanke ist spätestens in den 80er Jahren aus der FPÖ ausgezogen und ward seit damals nicht wieder gesehen.
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