TU Berlin: Kurze Lust, längerer Frust

Kurzfassung: TU Berlin: Kurze Lust, längerer Frust Wie sich Emotionen in der Mensch-Technik-Interaktion verändernEs macht Spaß, ein technisches Gerät einfach und intuitiv zu bedienen. Jetzt aber fanden Wissens ...
[Technische Universität Berlin - 26.02.2014] TU Berlin: Kurze Lust, längerer Frust
Wie sich Emotionen in der Mensch-Technik-Interaktion verändern
Es macht Spaß, ein technisches Gerät einfach und intuitiv zu bedienen. Jetzt aber fanden Wissenschaftler der TU Berlin heraus: Die "gute Laune" ist nur von kurzer Dauer, äußerst flüchtig. Im Gegensatz dazu erweisen sich negative Emotionen, die bei der Mensch-Technik-Interaktion hervorgerufen werden, als stabiler. Zu diesen Ergebnissen kamen die Psychologen Nils Backhaus und Stefan Brandenburg vom TU-Fachgebiet Kognitionspsychologie und Kognitive Ergonomie. Bei ihren Experimenten untersuchten sie Emotionen und ihre Dynamik in der Mensch-Technik-Interaktion.
Der Zusammenhang von Emotionen und der Bedienbarkeit eines technischen Gerätes ist gut erforscht. Kaum berücksichtigt aber wurde bislang, dass der Mensch in die Interaktion mit einem technischen Artefakt nicht stimmungsneutral hineingeht, sondern sich bereits in einer irgendwie gearteten Gefühlslage befindet. "Uns interessierte, wie sich diese Emotionen im Verlauf einer weiteren Interaktion verändern", erklärt Stefan Brandenburg.
Für ihre Versuche mussten die Wissenschaftler erst einmal eine Stimmungslage künstlich erzeugen und zwar mit unterschiedlichen Wertigkeiten (Valenz): einer positiven und einer negativen. Hierbei beschritten Nils Backhaus und Stefan Brandenburg einen neuen Weg. Sie verwendeten eine Spielekonsole zur gezielten Erzeugung von Emotionen. Die Aufgabe für die Probanden bestand darin, einen Avatar in einem Kart beziehungsweise auf einem Motorbike über einen Parcours mit Hindernissen zu steuern. Für die eine Gruppe der Versuchspersonen wurde die Spielekonsole so präpariert, dass sie einfach zu bedienen und fehlertolerant war, sodass sich die Rennstrecke leicht bewältigen ließ. Bei der anderen Gruppe hatten die Psychologen die Bedienbarkeit der Spielekonsole viel komplexer gestaltet. Dadurch wurde es weitaus schwieriger, die Rennstrecke zu absolvieren. "In Kurven hineinzufahren war komplizierter, und ein Fahrfehler wurde sofort mit der Kollision mit einer Wand bestraft", erzählt Nils Backhaus. "Dementsprechend frustriert waren die Probanden der zweiten Gruppe nach der zehnminütigen Fahrt." Die erste Gruppe hingegen war freudig gestimmt.
Diese unterschiedlichen Gefühlslagen der beiden Gruppen hatten die Wissenschaftler nach dem Spiel anhand von Fragebögen erfasst und so experimentell nachweisen können, dass es möglich ist, mit einer interaktiven, bewegungsgesteuerten Spielekonsole gezielt positive und negative Gefühle hervorzurufen. "Das ist bislang noch nicht ausprobiert worden. Das war neu an unserem Experiment", sagt Stefan Brandenburg. Bisher seien Bilder, Fotos, Musik, Videos und Hörspiele eingesetzt worden, um Emotionen künstlich zu induzieren.
In diesen Stimmungen, die einen freudig, die anderen frustriert, begaben sich die Probanden in den zweiten Teil des Experiments - die Bedienung eines Tablets. Alle hatten die gleichen Aufgaben zu lösen: Es mussten ein Kontakt in ein Adressbuch und ein Termin in den Kalender eingetragen und die Helligkeit eingestellt werden. Ergebnis: Die gute Laune bei den positiv gestimmten Probanden sackte signifikant ab. Bei den bereits Frustrierten veränderte sich die Gefühlslage nicht. Sie verharrten in ihrer negativen Stimmung. "Interessant ist das Ergebnis auch insofern, als dass wir aus den langjährigen Forschungen am Fachgebiet zum Zusammenhang von Technik und Emotion wissen, dass es leichter ist, Menschen mit Technik zu frustrieren, als sie zu beflügeln", sagt Stefan Brandenburg.
Eine Erklärung für den Befund ist nach Ansicht der Wissenschaftler der Wechsel zu einer anderen Art von Herausforderung. "Denn war die erste Mensch-Technik-Interaktion ein relativ freies Spiel mit der Spielekonsole, musste im zweiten Teil des Versuchs eine offenbar wenig anregende, strukturierte Alltagsaufgabe gelöst werden. Diese an einen Arbeitskontext erinnernde Pflicht könnte die positive Stimmung der ersten Gruppe schnell neutralisiert haben", erläutert Nils Backhaus. "Die Fragilität positiver Emotionen mag dafür verantwortlich sein, dass der Einfluss von Emotionen generell unterschätzt wird. Aber Gefühle entscheiden über Akzeptanz, Nutzung und die Bewertung technischer Produkte." Der Nutzer würdigt nicht, dass Technik funktioniert. Das setzt er voraus. Entscheidend sei, so Stefan Brandenburg, dass die Benutzung eines technischen Gerätes positiv erlebt werde. "Und positive Emotionen, das hat die Forschung nachweisen können, verbessern die Informationsaufnahme. Ist der Mensch positiv gestimmt, ist er kreativer."
Auf der interdisziplinären Fachtagung "Mensch und Computer", der größten deutschsprachigen Tagung im Bereich der Mensch-Technik-Interaktion, erhielten Nils Backhaus und Stefan Brandenburg im vergangenen Jahr für ihre Arbeit den Best Paper Award.
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