Weidende Tiere federn den Biodiversitätsverlust ab, den Düngung verursacht

Kurzfassung: Weidende Tiere federn den Biodiversitätsverlust ab, den Düngung verursachtDüngemittel führen weltweit in Wiesen- und Weideökosystemen zu einer Abnahme der Artenvielfalt. Schnell- und hochwüchsi ...
[Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) - 10.03.2014] Weidende Tiere federn den Biodiversitätsverlust ab, den Düngung verursacht
Düngemittel führen weltweit in Wiesen- und Weideökosystemen zu einer Abnahme der Artenvielfalt. Schnell- und hochwüchsige Kräuter und Gräser überleben dann auf Kosten aller anderen Pflanzen. Denn in gedüngten Wiesen- und Weideökosystemen stehen Nährstoffe praktisch unbeschränkt zur Verfügung, so dass sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Arten verschieben. Das gilt gemäss der im Wissenschaftsjournal "Nature" veröffentlichten Ergebnisse der Studie weltweit: Die Konkurrenz der Wurzeln um Nährstoffe wird durch das Ausbringen von Düngemitteln abgeschwächt oder sogar aufgehoben, es findet nur noch oberirdische Konkurrenz um Licht statt. Das Sonnenlicht wird dadurch zum limitierenden Faktor für das Pflanzenwachstum.
Pflanzenfressende Tiere können helfen
Durch Düngung werden vor allem schnell- und hochwüchsige Pflanzenarten gefördert. Auf der WSL-Forschungsfläche in der Val Müstair (Graubünden) ist das beispielsweise der Blaue Eisenhut, der weniger wüchsige Pflanzen beschattet, also von der Lichtquelle abschneidet und zum Absterben bringt. "Dadurch nimmt die Biodiversität dramatisch ab; ein weltweites Phänomen, das nicht nur Wiesen- und Weideökosysteme betrifft", sagt Anita Risch von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL. Verringert sich jedoch die Verfügbarkeit von Nährstoffen, was zum Beispiel in Trockenperioden passiert, können sich die hochwüchsigen Arten nicht an die veränderten Umweltbedingungen anpassen, kümmern oder gehen im Extremfall ein.
Pflanzenfressende Tiere (Herbivoren) können unter gewissen Bedingungen den Verlust an Biodiversität verlangsamen, wie die Studie zeigt. Wenn Tiere die hochwüchsigen Pflanzen abweiden, steht trotz hohem Nährstoffangebot weniger wüchsigen Pflanzenarten genügend Licht zur Verfügung, so dass die meisten von ihnen überleben und das Ökosystem stabilisieren können.
Ein internationales Forschungsnetzwerk
Verschiedene Forschungsteams erhoben im Rahmen des sogenannten "Nutrient Network" auf fünf Kontinenten Daten, beispielsweise in afrikanischen Savannen, der nordamerikanischen Prärie und hochalpinen Weiden. Dadurch sind nun global gültige Aussagen über den Einfluss von Nährstoffeintrag möglich. Zwei der fünf in Europa gelegenen Versuchsflächen liegen in der Schweiz. Anita Risch und Martin Schütz (WSL) erhoben ihre Daten in der Val Müstair, Yann Hautier vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich am Zugerberg. "Es ist für einen Wissenschafter sehr motivierend, wenn mehr als 70 Forscherteams mit Enthusiasmus an einem weltweiten Projekt zusammenarbeiten. Dies geschieht mit minimalem Aufwand für Koordination und Logistik", sagt Martin Schütz von der WSL.
Kasten / Box
In der Theorie konkurrieren zwei Pflanzenarten, die gemeinsam an demselben Ort wachsen, sowohl unterirdisch als auch oberirdisch um dieselben natürlicherweise beschränkten Güter: die Wurzeln im Boden um Wasser und Nährstoffe (vor allem Stickstoff und Phosphor) und die Sprosse über der Erdoberfläche um Licht. Während Licht zwar vom Menschen in künstlichen Systemen zum Beispiel im Gewächshaus mit Lichtquellen manipuliert werden kann, ist dies in natürlichen Ökosystemen nicht der Fall: Die Sonne sorgt für ziemlich konstante Lichtdosen. Ganz anderes gilt bezüglich Nährstoffen: Der Mensch greift global und in sämtlichen Ökosystemen in den Nährstoffkreislauf ein, ob absichtlich mit Dünger zur gezielten Produktivitätssteigerung von Nahrungs- und Futtermitteln oder unabsichtlich, indem Nährstoffe aus Landwirtschaft, Industrie und aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre gelangen, weltweit verfrachtet und wieder deponiert werden.

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