13.08.2014 09:58 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Löhne hätten in den letzten zehn Jahren deutlich stärker steigen können - besonders in der Industrie
Kurzfassung: Löhne hätten in den letzten zehn Jahren deutlich stärker steigen können - besonders in der Industrie - DIW-Studie vergleicht Entwicklung der Produktion mit der der Löhne und zeigt: Der Verteilung ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 13.08.2014] Löhne hätten in den letzten zehn Jahren deutlich stärker steigen können - besonders in der Industrie
- DIW-Studie vergleicht Entwicklung der Produktion mit der der Löhne und zeigt: Der Verteilungsspielraum wurde nicht ausgenutzt
- Löhne blieben im Schnitt um 0,3 Prozent pro Jahr zurück
- besonders in bedeutenden Industriezweigen wäre mehr möglich gewesen.
In vielen deutschen Wirtschaftsbranchen wären in den vergangenen zehn Jahren deutlich höhere Lohnsteigerungen möglich gewesen, besonders in der Industrie. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke hat die sektorale Lohnentwicklung - also die Lohnsteigerungen innerhalb verschiedener Branchen - untersucht und mit der Produktionsentwicklung dieser Sektoren verglichen. Das Ergebnis: Die Lohnsteigerungen blieben im Durchschnitt um 0,3 Prozent pro Jahr hinter dem zurück, was angesichts der Wirtschaftsleistung möglich gewesen wäre. Der Verteilungsspielraum wurde also nicht ausgeschöpft, die Arbeitgeber profitierten vom Zuwachs der Wirtschaftsleistung stärker als die Arbeitnehmer. "Besonders überrascht, dass für den unzureichenden Lohnanstieg vor allem bedeutende Industriezweige verantwortlich sind - Branchen, in denen bereits relativ hohe Löhne gezahlt werden und die Entgelte auch teils kräftig gestiegen sind. Noch stärker zugenommen hat allerdings die Bruttowertschöpfung. Es wären also noch deutlich höhere Lohnzuwächse möglich gewesen, ohne der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu schaden", erläutert Brenke.
Die Analyse zeigt, dass sich die Entwicklungen von Branche zu Branche stark unterscheiden: In einigen Wirtschaftssektoren stiegen die Löhne stärker, als dem Verteilungsspielraum angemessen gewesen wäre. "Das war etwa bei den Unternehmensdienstleistungen wie den freiberuflichen und technischen Diensten sowie in der Forschung und Entwicklung der Fall", so Brenke. Zuletzt hatten auch beim Handel die Löhne stärker als die Wirtschaftsleistung zugelegt. Überraschen dürfte viele, dass es nicht allen voran der Niedriglohnsektor war, in dem der Verteilungsspielraum nicht ausgeschöpft wurde: "Zwar gibt es Branchen mit einem niedrigen Lohnniveau, in denen die Produktionsentwicklung mehr Spielraum für Lohnanhebungen gelassen hätte - etwa das Gastgewerbe. Insgesamt hat sich aber im Dienstleistungssektor die Lohnentwicklung nahe am Verteilungsspielraum bewegt." Verantwortlich für die unzureichende Ausschöpfung ist vor allem das Produzierende Gewerbe, und hier vor allem der Fahrzeugbau, der Maschinenbau, andere Investitionsgüter produzierende Branchen, die Metallerzeugung sowie die chemische Industrie. In all diesen Zweigen haben die Löhne zwar zugenommen; gemessen an der Produktionsentwicklung hätten in der Industrie die Lohnanhebungen aber seit 2003 Jahr für Jahr um 0,8 Prozent höher ausfallen müssen. Die gesamtwirtschaftlich unzureichende Ausschöpfung des Verteilungsspielraumes ist rechnerisch fast ausschließlich - zu reichlich 90 Prozent - auf die zu schwache Lohnentwicklung in der Industrie zurückzuführen. Auch in der Bauwirtschaft stiegen die Löhne mit geringerem Tempo als die Wirtschaftsleistung.
In der gesamten Wirtschaft stieg die von den Arbeitnehmern erbrachte Bruttowertschöpfung zu jeweiligen Preisen zwischen 2003 und 2011 um jährlich fast 2,5 Prozent. Die Arbeitsentgelte (Bruttolöhne zuzüglich Sozialbeiträge der Arbeitgeber) nahmen hingegen um etwas mehr als 2,1 Prozent zu. "Die Differenz von rund 0,3 Prozent pro Jahr scheint zunächst klein. Auf Dauer ergibt sich dadurch aber eine erhebliche Umverteilung", so Brenke. Im verarbeitenden Gewerbe, also der Industrie, stieg die Produktion jahresdurchschnittlich um 2,6 Prozent, die Arbeitsentgelte aber lediglich um 1,8 Prozent.
Angesichts der sehr unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen rät Brenke den Gewerkschaften, sich bei ihren Lohnforderungen nicht an einem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ausrichten. "Pauschalforderungen etwa nach einem Plus von mindestens drei Prozent sind nicht sinnvoll, wenn beispielsweise eine Vier vor dem Komma im Fahrzeugbau, bei Teilen der Chemieindustrie oder im Maschinenbau obligatorisch sein sollte", so der Arbeitsmarktexperte. "Die Gewerkschaften sollten ihre Forderungen stärker an der mittelfristigen Entwicklung der einzelnen Branchen orientieren und versuchen, längere Laufzeiten der Tarifverträge auszuhandeln." Gesamtwirtschaftlich sei es wünschenswert, dass der Verteilungsspielraum ausgeschöpft wird. Das dürfte nur dann gelingen, wenn nicht - wie bisher - gerade in Branchen mit einer starken gewerkschaftlichen Vertretung die Löhne hinter den Produktionssteigerungen zurückbleiben. "Höhere Löhne dürften die Inlandsnachfrage ankurbeln. Von der stärkeren Inlandsnachfrage könnten deutsche und ausländische Unternehmen - etwa aus der Eurozone - profitieren, und die hohen deutschen Außenhandelsüberschüsse würden sinken. Bei einer vollständigen Ausschöpfung des Verteilungsspielraums wird die preisliche Wettbewerbsfähigkeit nicht geschwächt, sie verbessert sich nur nicht permanent wie in der Vergangenheit."
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Mohrenstraße 58
10117 Berlin
Deutschland
Telefon: +49 030/897 89 0
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- DIW-Studie vergleicht Entwicklung der Produktion mit der der Löhne und zeigt: Der Verteilungsspielraum wurde nicht ausgenutzt
- Löhne blieben im Schnitt um 0,3 Prozent pro Jahr zurück
- besonders in bedeutenden Industriezweigen wäre mehr möglich gewesen.
In vielen deutschen Wirtschaftsbranchen wären in den vergangenen zehn Jahren deutlich höhere Lohnsteigerungen möglich gewesen, besonders in der Industrie. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke hat die sektorale Lohnentwicklung - also die Lohnsteigerungen innerhalb verschiedener Branchen - untersucht und mit der Produktionsentwicklung dieser Sektoren verglichen. Das Ergebnis: Die Lohnsteigerungen blieben im Durchschnitt um 0,3 Prozent pro Jahr hinter dem zurück, was angesichts der Wirtschaftsleistung möglich gewesen wäre. Der Verteilungsspielraum wurde also nicht ausgeschöpft, die Arbeitgeber profitierten vom Zuwachs der Wirtschaftsleistung stärker als die Arbeitnehmer. "Besonders überrascht, dass für den unzureichenden Lohnanstieg vor allem bedeutende Industriezweige verantwortlich sind - Branchen, in denen bereits relativ hohe Löhne gezahlt werden und die Entgelte auch teils kräftig gestiegen sind. Noch stärker zugenommen hat allerdings die Bruttowertschöpfung. Es wären also noch deutlich höhere Lohnzuwächse möglich gewesen, ohne der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu schaden", erläutert Brenke.
Die Analyse zeigt, dass sich die Entwicklungen von Branche zu Branche stark unterscheiden: In einigen Wirtschaftssektoren stiegen die Löhne stärker, als dem Verteilungsspielraum angemessen gewesen wäre. "Das war etwa bei den Unternehmensdienstleistungen wie den freiberuflichen und technischen Diensten sowie in der Forschung und Entwicklung der Fall", so Brenke. Zuletzt hatten auch beim Handel die Löhne stärker als die Wirtschaftsleistung zugelegt. Überraschen dürfte viele, dass es nicht allen voran der Niedriglohnsektor war, in dem der Verteilungsspielraum nicht ausgeschöpft wurde: "Zwar gibt es Branchen mit einem niedrigen Lohnniveau, in denen die Produktionsentwicklung mehr Spielraum für Lohnanhebungen gelassen hätte - etwa das Gastgewerbe. Insgesamt hat sich aber im Dienstleistungssektor die Lohnentwicklung nahe am Verteilungsspielraum bewegt." Verantwortlich für die unzureichende Ausschöpfung ist vor allem das Produzierende Gewerbe, und hier vor allem der Fahrzeugbau, der Maschinenbau, andere Investitionsgüter produzierende Branchen, die Metallerzeugung sowie die chemische Industrie. In all diesen Zweigen haben die Löhne zwar zugenommen; gemessen an der Produktionsentwicklung hätten in der Industrie die Lohnanhebungen aber seit 2003 Jahr für Jahr um 0,8 Prozent höher ausfallen müssen. Die gesamtwirtschaftlich unzureichende Ausschöpfung des Verteilungsspielraumes ist rechnerisch fast ausschließlich - zu reichlich 90 Prozent - auf die zu schwache Lohnentwicklung in der Industrie zurückzuführen. Auch in der Bauwirtschaft stiegen die Löhne mit geringerem Tempo als die Wirtschaftsleistung.
In der gesamten Wirtschaft stieg die von den Arbeitnehmern erbrachte Bruttowertschöpfung zu jeweiligen Preisen zwischen 2003 und 2011 um jährlich fast 2,5 Prozent. Die Arbeitsentgelte (Bruttolöhne zuzüglich Sozialbeiträge der Arbeitgeber) nahmen hingegen um etwas mehr als 2,1 Prozent zu. "Die Differenz von rund 0,3 Prozent pro Jahr scheint zunächst klein. Auf Dauer ergibt sich dadurch aber eine erhebliche Umverteilung", so Brenke. Im verarbeitenden Gewerbe, also der Industrie, stieg die Produktion jahresdurchschnittlich um 2,6 Prozent, die Arbeitsentgelte aber lediglich um 1,8 Prozent.
Angesichts der sehr unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen rät Brenke den Gewerkschaften, sich bei ihren Lohnforderungen nicht an einem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ausrichten. "Pauschalforderungen etwa nach einem Plus von mindestens drei Prozent sind nicht sinnvoll, wenn beispielsweise eine Vier vor dem Komma im Fahrzeugbau, bei Teilen der Chemieindustrie oder im Maschinenbau obligatorisch sein sollte", so der Arbeitsmarktexperte. "Die Gewerkschaften sollten ihre Forderungen stärker an der mittelfristigen Entwicklung der einzelnen Branchen orientieren und versuchen, längere Laufzeiten der Tarifverträge auszuhandeln." Gesamtwirtschaftlich sei es wünschenswert, dass der Verteilungsspielraum ausgeschöpft wird. Das dürfte nur dann gelingen, wenn nicht - wie bisher - gerade in Branchen mit einer starken gewerkschaftlichen Vertretung die Löhne hinter den Produktionssteigerungen zurückbleiben. "Höhere Löhne dürften die Inlandsnachfrage ankurbeln. Von der stärkeren Inlandsnachfrage könnten deutsche und ausländische Unternehmen - etwa aus der Eurozone - profitieren, und die hohen deutschen Außenhandelsüberschüsse würden sinken. Bei einer vollständigen Ausschöpfung des Verteilungsspielraums wird die preisliche Wettbewerbsfähigkeit nicht geschwächt, sie verbessert sich nur nicht permanent wie in der Vergangenheit."
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