26.10.2012 11:59 Uhr in Medien & Presse von FDP

BRÜDERLE-Interview für die "Rheinische Post

Kurzfassung: BRÜDERLE-Interview für die "Rheinische Post" Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE, gab der "Rheinischen Post" (Freitag-Ausgabe) das folgende Inter ...
[FDP - 26.10.2012] BRÜDERLE-Interview für die "Rheinische Post"

Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE, gab der "Rheinischen Post" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL BRÖCKER:
Frage: Herr Brüderle, aktuelle Umfragen sehen die FDP bei drei Prozent. Da war die Partei vor eineinhalb Jahren auch schon, als Guido Westerwelle abgelöst wurde. Wie lange hält die Partei diese Umfragen aus?
BRÜDERLE: Das ist nicht schön und wir wissen, dass die Lage schwierig ist. Aber es zählt die Umfrage am Wahltag. Und ich bin überzeugt, dass eine glaubwürdige und seriöse Arbeit an den Brot- und Butter-Themen wie soziale Marktwirtschaft, Bildung, Geldwertstabilität die FDP wieder nach oben bringt.
Frage: Das predigen Sie seit Jahren. Es zahlt sich offenbar nicht aus.
BRÜDERLE: Mit genau diesen Themen hat die FDP in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr starke Ergebnisse erzielt. Und es wird sich auszahlen, wenn das auch bei der Bundestagswahl unsere zentralen Themen sind. Dafür kämpfe ich.
Frage: Der Personalwechsel zu Philipp Rösler hat sich bisher nicht ausgezahlt.
BRÜDERLE: Ich bin sicher: Wir werden bis zur Bundestagswahl noch zulegen. Aber die FDP hat in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass sie am Wahltag trotz schlechter Umfragen gute Ergebnisse erzielen kann. Es geht also.
Frage: Genießt Philipp Rösler noch ausreichend Autorität in dieser Koalition?
BRÜDERLE: Ja. Der Koalitionspartner, allen voran Frau Merkel, schätzt Philipp Rösler. Und wir unterstützen ihn. Denn es gilt der alte Satz von Hans-Dietrich Genscher: Parteivorsitzende stützt oder stürzt man. Wir stützen Philipp Rösler.
Frage: Man hatte in den vergangenen Wochen nicht immer das Gefühl, dass Sie und Herr Rösler sich abstimmen.
BRÜDERLE: Das trügt. Wir stimmen uns ab.
Frage: Der Parteichef hat in einem Interview das Betreuungsgeld abgelehnt. Sie signalisieren nun Zustimmung…
BRÜDERLE: Ich habe das gesagt, was ich seit Wochen sage. Wir sind vertragstreu. Das Betreuungsgeld wurde vereinbart, über die genaue Ausgestaltung müssen wir reden. Aber es wurden auch andere Dinge im Koalitionsvertrag vereinbart, etwa ein Veto gegen einen flächendeckenden Mindestlohn und Haushaltskonsolidierung. Daran werden wir erinnern. Das Betreuungsgeld muss vernünftig ausgestaltet werden. Deshalb sind wir für
eine Bildungskomponente für Kinder.
Frage: Es ist offensichtlich, dass im Koalitionsausschuss ein Kuhhandel gemacht werden soll nach der Devise: "Ihr bekommt die Abschaffung der Praxisgebühr, wir das Betreuungsgeld". Gewinnt eine Koalition so Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung?
BRÜDERLE: So ist es nicht. Es gibt natürlich unterschiedliche Akzente und Interessen in einer Koalition. Aber wir werden über jedes Projekt einzeln diskutieren und entscheiden. Jeder Einzelpunkt muss in sich sachlich stimmig sein. Jeder Partner muss sich aber in der Koalition wiederfinden und ein Herzensanliegen nach Hause tragen können. Das ist kein
Kuhhandel, das ist in einer Demokratie der legitime Ausgleich von Interessen.
Frage: Die CSU will lieber die Krankenkassenbeiträge absenken als die Praxisgebühr abzuschaffen?
BRÜDERLE: Entscheidend ist, dass die Krankenkassen nicht zu Sparkassen werden. Es ist auch eine Kombination der beiden Vorschläge denkbar. Die Abschaffung der Praxisgebühr bringt je nach Berechnung 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Vorstellbar wäre eine Entlastung der Kassenpatienten um drei Milliarden Euro, in dem diese Koalition
gleichzeitig die Beiträge absenkt. Die Überschüsse in der Krankenversicherung sind groß genug, um eine solches Entlastungspaket vertreten zu können.
Frage: Ist der Koalitionsausschuss die letzte Chance für ein Signal der Handlungsfähigkeit dieser Koalition?
BRÜDERLE: Wir werden bis Weihnachten alle strittigen Fragen klären und dann die Vereinbarungen umsetzen. Wir werden die Zeit bis zur Bundestagswahl weiter gut nutzen.
Frage: Die Euro-Krise dominiert die politische Agenda. Griechenland soll mehr Zeit für die Reform bekommen. Dabei ist der Bericht der Troika noch gar nicht fertig. Ist die Prüfung eine Farce?
BRÜDERLE: Nein, es ist noch keine Entscheidung gefallen. Die Troika besteht aus unabhängigen Prüfern, die gewissenhaft arbeiten und einen ehrlichen Bericht vorlegen werden. Danach entscheiden wir.
Frage: Sie haben doch selbst schon angedeutet, dass es mehr Zeit geben kann.
BRÜDERLE: Entscheidend ist, dass Griechenland zunächst seine Reformen glaubhaft umsetzt. Und das muss die Troika erst einmal feststellen, bevor wir über veränderte Bedingungen reden. Wenn die griechische Regierung wesentliche von der Troika auferlegte Reformvorhaben beschließt und diese ernsthaft angeht, können wir
gegebenenfalls über einen überschaubaren Zeitaufschub für das Erreichen der Defizitziele reden.
Frage: Die Steuerverwaltung ist schwach, die Privatisierungen kommen nicht voran. Wieso sollen die Deutschen Griechenland trauen?
BRÜDERLE: Die Aufgabe, vor der die Griechen stehen, ist tatsächlich gewaltig. Die EU ist bereit zu helfen. Es wird diskutiert, europäische Beamte für eine bestimmte Zeit nach Athen zu entsenden, die dem Land beim Aufbau einer effizienten Steuerverwaltung helfen. Das finde ich richtig, denn nur durch gute Investitionsbedingungen können die
tiefgreifenden Probleme des Landes gelöst werden.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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