03.12.2012 09:25 Uhr in Gesellschaft & Familie von FDP

RÖSLER-Interview für das "Handelsblatt

Kurzfassung: RÖSLER-Interview für das "Handelsblatt" Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab dem "Handelsblatt" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ...
[FDP - 03.12.2012] RÖSLER-Interview für das "Handelsblatt"

Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab dem "Handelsblatt" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DR. MICHAEL INACKER, THOMAS SIGMUND und KLAUS STRATMANN:
Frage: Herr Minister, die CDU beginnt morgen ihren Parteitag. Der Wirtschaftsflügel der Partei hat kaum noch Relevanz, mit Armin Laschet soll ein bislang eher als Sozialpolitiker bekannt gewordener Politiker CDU-Vize für Wirtschaft werden. Das sind doch keine guten Vorzeichen für die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition...
RÖSLER: Die schwarz-gelbe Koalition ist eine Erfolgsgeschichte. Denn Deutschland geht es gut, in Europa sind wir Vorreiter. Der Wähler hat im kommenden Jahr die Alternative zwischen einer bürgerlichen Koalition und einer rot-grünen Linksregierung, die auf Umverteilung und immer neue Belastungen setzt. Voraussetzung für unseren gemeinsamen Erfolg ist, dass die Union auf dem eingeschlagenen Reformkurs der Koalition bleibt. Die wirtschaftliche Situation wird 2013 schwieriger. Tendenzen zur Sozialdemokratisierung kann sich dann niemand leisten.
Frage: ...die CDU als zweite SPD?
RÖSLER: Das zum Glück nicht. Aber Teile der Partei kämpfen immer wieder mit der Versuchung, Wohlfühlpolitik zu betreiben.
Frage: Wie das Betreuungsgeld der CSU?
RÖSLER: Die FDP hat sich an den Koalitionsvertrag gehalten. Vor allem ist es gelungen, Veränderungen zu erreichen, etwa beim Bildungssparen. Hier nutzen Eltern das Betreuungsgeld etwa für einen Sparvertrag zur Ausbildung ihrer Kinder. Dafür gibt es dann einen Bonus.
Frage: Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat schon angekündigt, dass im nächsten Koalitionsvertrag der gesetzliche Mindestlohn stehen wird...
RÖSLER: Ich schätze Ursula von der Leyen als hoch engagierte Kollegin. Bei aller Streitbarkeit muss aber gerade unsere Koalition die Leistungsträger, die Unternehmen und die Arbeitsplätze im Blick haben. Zunächst mal sollte es uns um die Erfüllung des jetzigen Koalitionsvertrages gehen und noch nicht um den nächsten. Wahlkampf kommt noch früh genug.
Frage: Betreuungsgeld, Mindestlohn oder Frauenquote, haben Sie sich das unter einer Wunschehe vorgestellt?
RÖSLER: Zugegeben - es ist nicht immer rund gelaufen. Leider mussten wir erkennen, wie sich die Union mal um mal von der bürgerlichen Mitte weg bewegen wollte. Da konnten wir uns nicht mit arrangieren. Die FDP bleibt das notwendige Korrektiv, damit Leistungs- und Chancengerechtigkeit, Freiheit und Bürgerrechte nicht unter die Räder geraten. Ohne uns hätte der linke Flügel der Union längst die Oberhand gewonnen.
Frage: Woran machen Sie das fest?
RÖSLER: Beispielsweise an der Rentenfrage. Könnte Ursula von der Leyen allein bestimmen, wären wir schon bei der Einheitsrente für jeden. Das ist mit der FDP nicht zu machen. Da war harte Überzeugungsarbeit nötig.
Frage: Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht, dass sich die Sozialpolitiker in der Union nicht wieder durchsetzen?
RÖSLER: Ihre Parteitagsbeschlüsse sind die eine Sache, unsere Regierungspolitik ist aber Teamarbeit. Wir mögen einige Fehler gemacht haben, an Standhaftigkeit, wenn es um ökonomische Vernunft geht, hat es bei der FDP nie gemangelt. Gerade wenn es in der Wirtschaft wieder rauer zugeht, wird das erkannt. Dann gewinnt die Realpolitik hoffentlich auch auf dem linken Flügel der Union wieder mehr Zuhörer.
Frage: Altkanzler Helmut Kohl hat 1994 der FDP mit einer Leihstimmenkampagne zum Einzug in den Bundestag geholfen. Gibt es für die Bundestagswahl 2013 bereits Pläne, eine solche Kampagne zu wiederholen?
RÖSLER: Das ist nicht unsere Absicht. Wir können gut mit Angela Merkel, aber sie ist die Lokomotive der Union. Wir wollen sehr selbstbewusst mit unseren liberalen Inhalten punkten. Wir brauchen keine Leih-Stimmen-Kampagne. Wir haben mit unserer Politik dafür gesorgt, dass wir erkennbar sind für diejenigen, die von der wirtschafts- und reformpolitischen Geradlinigkeit der Union immer weniger überzeugt sind.
Frage: Was sagen Sie denen?
RÖSLER: Wahlenthaltung aus Enttäuschung ist keine Antwort. Wählt FDP, wenn ihr Rot-Grün verhindern wollt. Wählt FDP, wenn Ihr grüne Umerziehungspolitik verhindern wollt. Die Stimme für jede andere Partei als für die FDP, kann zu grüner Regierungsmacht führen. Uns geht es um Schwarz-Gelb, denn Rot-Grün ist eine Gefahr für Deutschland.
Frage: Was meinen Sie damit konkret?
RÖSLER: Wer Trittin und Steinbrück zusammen rechnet, kommt auf rund 40 Milliarden Euro an zusätzlicher Belastung für die Menschen. Rot-Grün wäre verheerend für die Zukunft Deutschlands. Deutschland steht vor der Herausforderung, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Rot-Grün hingegen würde mit einer linken Umverteilungspolitik das genaue Gegenteil erreichen, unser Land schwächen und damit Arbeitsplätze und Wohlstand aufs Spiel setzen. Auf dieser Basis halte ich eine Allianz mit Rot-Grün für ausgeschlossen.
Frage: Sieht das auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel so?
RÖSLER: Es mag zwar einige in der CDU geben, die den Grünen unter Jürgen Trittin sehr offen gegenüber sind. Bei Angela Merkel habe ich aber überhaupt keinen Anlass zum Zweifel. Die CDU wird mit dem verdienten Kanzler-Bonus von Angela Merkel viel auf die Waagschale legen.
Frage: Ziehen Sie als Spitzenkandidat für die FDP in den Wahlkampf?
RÖSLER: Unser Parteitag entscheidet das im kommenden Mai.
Frage: Sie als Parteivorsitzenden, Wirtschaftsminister und Vizekanzler erheben keinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur. Verstehen wir Sie da richtig?
RÖSLER: Die Diskussion darüber ist eindeutig verfrüht. Ich habe immer gesagt, dass ich Schritt für Schritt gehe.
Frage: Wissen Sie, warum Ihr Parteifreund Dirk Niebel, eine Doppelspitze der Liberalen für den Bundestagswahlkampf ins Spiel gebracht hat?
RÖSLER: Über persönliche Motive will ich nicht spekulieren. Klar ist aber: Die Debatte schadet der Partei und allen, die diese Debatte führen.
Frage: Mit welchen Themen wollen Sie die Wähler überzeugen? Es sind doch gerade die von Ihnen 2009 gewonnenen CDU-Wähler, die die FDP bis heute verloren hat.
RÖSLER: Die Zuspitzung der Schuldenkrise in Europa verlangt die Konsequenz, nun der Haushaltskonsolidierung oberste Priorität einzuräumen. Ein ausgeglichener Haushalt ist die Basis für solides Wachstum. Gleichzeitig vergessen wir aber die Entlastung nicht - die Abschaffung der Praxisgebühr und Absenkung des Rentenversicherungsbeitrags stehen dafür. Und wir stemmen uns gegen Steuererhöhungen.
Frage: Aber kann man mit Haushaltskonsolidierung Wahlen gewinnen, wenn jeder weiß, dass Griechenland einen ausgeglichenen Haushalt in den nächsten Jahren unmöglich macht?
RÖSLER: Mit Haushaltssolidität haben wir die Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewonnen und werden uns auch in Niedersachsen damit durchsetzen. Die Wähler wollen nicht, dass man ihnen Luftschlösser baut. Sie verlangen gerade jetzt Solidität und Seriosität - und sie haben recht.
Frage: Bei Griechenland bleiben Zweifel an der Aufrichtigkeit von Schwarz-Gelb - genauso wie bei der Energiepolitik. Ihre Regierung steht für einen massiven Anstieg der Energiepreise. Was tun Sie dagegen?
RÖSLER: Die planwirtschaftlichen Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sind das Grundproblem. Das jetzige EEG verursacht hohe Kosten. Zudem führt der übermäßige Ausbau der Erneuerbaren zwangsläufig zu staatlichen Eingriffen in anderen Bereichen, etwa bei den Netzen. Dieser Irrsinn muss ein Ende haben. Bei den Erneuerbaren brauchen wir mehr Markt und Wettbewerb. Die FDP hat dazu ein Modell vorgelegt. Jetzt liegt der Ball im Spielfeld der Union.
Frage: Das EEG gewährt Teilen der Industrie großzügige Ausnahmen. Sind die noch haltbar?
RÖSLER: Es geht darum, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und damit Arbeitsplätze zu erhalten. Andere Länder in Europa gestehen offen ein, dass es falsch war, die Industrie zu vernachlässigen und allein auf Dienstleistungen zu setzen. Deutschland wird um seinen starken Industriestandort beneidet. Dabei muss es bleiben. Bei den Ausnahmen wird man allenfalls schauen müssen, ob es an der einen oder anderen Stelle Trittbrettfahrer gibt. Mein Ministerkollege Peter Altmaier hat angekündigt, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.
Frage: Die Energiepolitik entfernt sich ja nun immer weiter von ordnungspolitischen Grundsätzen. Beim Thema EADS verhält sich das nicht anders. Wie erklären Sie das?
RÖSLER: Bei EADS geht es darum, die Balance zwischen Deutschland und Frankreich zu sichern. Frankreich setzt auf seinen staatlichen Anteil. Aus nachvollziehbaren Gründen kommt deshalb ein einseitiger Verzicht Deutschlands nicht in Betracht. Ein solcher Schritt ginge zu Lasten unserer Interessen.
Frage: Ihre Partei will Staatseinfluss reduzieren, Sie führen Ludwig Erhards Ministerium - und jetzt ein Staateinstieg? Das passt doch nicht...
RÖSLER: Grundsätzlich ist es besser, wenn sich der Staat aus Unternehmen raus hält. Bei EADS aber mussten wir abwägen. Denn die französische Regierung hat letztlich nicht ausgeschlossen, dass sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht, wenn Daimler seinen Anteil verkauft. Wir haben uns dafür entschieden, die Augenhöhe mit unseren französischen Partnern sicherzustellen. Allerdings haben wir uns bewusst dazu entschieden, über die KfW nur mittelbar Einfluss zu nehmen.
Frage: Was versprechen Sie sich davon, Einfluss auf ein Unternehmen wie EADS nehmen zu können?
RÖSLER: Als Bundeswirtschaftsminister trage ich auch die Verantwortung für Fragen der Technologie. Hier liegt die Zukunft. Moderne Technologien und Innovationen sind die Grundlage für künftigen Wohlstand. Bei EADS ist deshalb auch entscheidend, wo die Forschungsstandorte sind. Von diesen Standorten profitiert unser Mittelstand. Denn viele Aufträge im Bereich Luft- und Raumfahrt gehen an innovative und forschungsstarke mittelständische Unternehmen.
Frage: Sollen Frankreich und Deutschland auf Dauer als Anteilseigner engagiert bleiben?
RÖSLER: Der französische Präsident Hollande hat angekündigt, die Kapitalbeteiligungen zu überprüfen und gegebenenfalls den Aktionärspakt neu zu definieren. Es wäre dabei wünschenswert, wenn beide Länder ihre jeweiligen Anteile und damit den staatlichen Einfluss reduzieren.
Frage: Jetzt sieht es ja so, dass die Amerikaner BAE Systems kaufen können. Indem die Bundesregierung sich gegen die Fusion von EADS und BAE gesperrt hat, hat sie die Position von EADS im internationalen Wettbewerb geschwächt. War das richtig?
RÖSLER: Wir haben immer betont, dass ein solcher Zusammenschluss aus Sicht des Unternehmens sinnvoll sein kann, aber wesentliche Fragen waren ungeklärt. Das haben auch die Marktreaktionen gezeigt. Es gab eine Diskussion über die unterschiedlichen Staatsanteile. Letztlich ist eine Einigung nicht zustande gekommen. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern.
Frage: Welche Rolle hat EADS-Chef Tom Enders bei der geplatzten Fusion gespielt? Ist er der Politik gegenüber zu fordernd aufgetreten?
RÖSLER: Mit Tom Enders bin ich regelmäßig im Gespräch. Ich schätze seinen Rat sehr. Ja, er hat einen eigenen Kopf. Manche verwirrt das. Ich hingegen glaube, dass es eine Voraussetzung ist, um einen Luft- und Raumfahrtkonzern im internationalen Wettbewerb erfolgreich aufzustellen.
Frage: Zum Schluss: Die nächste große Bewährungsprobe steht für Sie bei der Landtagswahl in Niedersachsen an. Bleiben Sie Parteivorsitzender, wenn die FDP an der 5-Prozent-Hürde scheitert?
RÖSLER: Die Wahl wird ein Erfolg, davon bin ich fest überzeugt. In Niedersachsen hat die FDP maßgeblich dazu beigetragen, dass das Land beim Schuldenabbau, bei Wachstum und Innovationspolitik so gut da steht. Es gibt in Niedersachsen nur zwei Alternativen: Schwarz-Gelb oder Rot-Grün. Wer die Fortsetzung der erfolgreichen Koalition und ihrer Regierungsarbeit will, muss FDP wählen.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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