07.12.2012 11:14 Uhr in Medien & Presse von FDP

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt" Berlin. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP, Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, gab der "Welt" (Freitag-Ausgabe) das ...
[FDP - 07.12.2012] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt"

Berlin. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP, Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, gab der "Welt" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte JOCHEN GAUGELE:
Frage: Frau Ministerin, Sie haben wieder und wieder an die Risiken eines neuen NPD-Verbotsverfahrens erinnert. Jetzt kommt es doch, die Länder haben sich zu einem neuen Anlauf in Karlsruhe entschlossen. Wie ist Ihnen zumute?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Innenminister wollen ein politisches Signal setzen - und blenden dabei ihre eigenen Zweifel aus. Ich habe schon verwundert zur Kenntnis genommen, dass aus Ländern von einer 50:50-Wahrscheinlichkeit gesprochen wird. Ich empfehle einen nüchternen Blick auf das rein Juristische. Entscheidend ist doch die Frage: Sind die Erfolgsaussichten deutlich besser als beim ersten Anlauf?
Frage: Sind sie das nicht?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Risiken sind seit dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens nicht unbedingt geringer geworden. Ich bin skeptisch, ob die Erfolgsaussichten gestiegen sind. Es reicht ja nicht, irgendwelche Hetzschriften zu sammeln, um die Verfassungsfeindlichkeit dieser Partei zu belegen. Vielmehr muss eine aggressive, aktiv kämpferische Haltung gegen unsere Verfassungsordnung nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass Mitglieder der NPD und ihre Anhänger die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv beseitigen wollen und nicht bei der Kritik stehen bleiben. Das ist eine Hürde, die genommen werden muss. Dies wäre zweifelsfrei der Fall, wenn man die NSU-Mordserie der NPD zurechnen könnte.
Frage: Das erste Verfahren ist gescheitert, weil etliche V-Leute des Verfassungsschutzes
in der Führungsebene der Partei waren.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Auch das V-Leute-Problem ist für mich noch nicht sicher ausgeräumt. Es sind im Lauf des Jahres wohl V-Leute abgeschaltet worden aber dass das gesamte Material von Informanten des Verfassungsschutzes unbeeinflusst ist, wollen nur wenige Länder garantieren. Ich weiß nicht, aus wie vielen Ländern überhaupt Material gekommen ist - und ob die Länder, die besonders laut ein neues Verbotsverfahren fordern, tatsächlich geliefert haben. Ich kann nur warnen: Der frühere Innenminister Schily ist in Karlsruhe kläglich gescheitert.
Frage: Sie empfehlen der Bundesregierung also, den Verbotsantrag der Länder nicht zu stützen.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Der Bundesinnenminister, der den besten Einblick in das Material hat, ist nach wie vor sehr skeptisch. Und ich teile diese Skepsis. Die Bundesregierung ist gut beraten, sich eine eigene Meinung zu bilden. Die Bundesregierung muss sich einem NPD-Verbotsantrag des Bundesrates nicht zwangsläufig anschließen. Im Übrigen gibt es auch im Bundestag große Zweifel. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon beim ersten Verbotsverfahren nicht mitgestimmt.
Frage: Die FDP stand damals ziemlich alleine da...
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Es geht darum, der Verantwortung gerecht zu werden, die man bei Parteienverboten hat. Niemand sollte sich fragen, ob er im Wahlkampf besser dasteht, wenn er einen NPD-Verbotsantrag unterstützt. Das wäre unverantwortlich. Im Übrigen sind auch in der Union und bei den Grünen kritische Stimmen laut geworden.
Frage: Der Kampf gegen den Rechtsextremismus könnte einfacher werden, wenn es die NPD nicht mehr gibt.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Nein. Unterstellt, das Verbotsverfahren wäre erfolgreich: Die rund 6000 NPD-Mitglieder können leicht in anderen rechtsextremistischen Organisationen unterkommen oder neue Gruppierungen ins Leben rufen. Laut Verfassungsschutzbericht sind über 22.000 Bürger in rechtsextremen Gruppierungen organisiert. In Nordrhein-Westfalen gründet sich bereits eine Formation, die sich Die Rechte nennt. Das Denken ist doch nicht weg, wenn man eine Partei verbietet. Mich treibt eines sehr um: Man macht ein neues NPD-Verbotsverfahren, weil man zeigen will, dass man alles tut gegen Rechtsextremismus. Und das ist fatal. Die Terrorzelle NSU hat zehn Jahre lang ungehindert gemordet. Kommen wir da weiter mit einem Verbot? Das ist doch kein Erfolg gegen den Rechtsextremismus! Eine Organisationshülle fällt weg - nicht mehr und nicht weniger.
Frage: Die NPD hat angekündigt, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
gegen ein Verbot zu klagen. Ein aussichtsreiches Unterfangen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Der Menschenrechtsgerichtshof hat sich mehrfach mit solchen Fragen befasst - und auch schon Parteienverbote in europäischen Staaten aufgehoben. Das wird eine sehr kritische zweite Prüfung, die wir bei unserer Entscheidung in Deutschland im Blick haben müssen.
Frage: Haben Sie allgemein den Eindruck, dass aus der Mordserie der NSU-Terroristen
die falschen Schlüsse gezogen werden?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Es ist äußerst zaghaft, was da im Moment passiert. Eine grundlegende Reform der Sicherheitsarchitektur bleibt für mich ganz oben auf der Agenda. Wir brauchen effektivere Strukturen. Dazu müssen wir Verfassungsschutzämter der Länder zusammenlegen - und den Militärischen Abschirmdienst auflösen. Genauso wichtig ist es, die Frühwarnsysteme in unserer Zivilgesellschaft zu verbessern. Wir müssen mehr tun im präventiven Bereich.
Frage: Nämlich was?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Aussteigerprogramme sind das wichtigste Beispiel. Es geht darum, möglichst viele Menschen herauszubrechen aus ihrem rechtsextremen Umfeld. Wir sollten die Strukturen vereinheitlichen und ein gemeinsames Exit-Programm von Bund und Ländern schaffen, das beispielsweise vom Bundeskriminalamt koordiniert wird. Darüber hinaus sollten wir uns vornehmen, im Bundeskanzleramt einen Staatsminister für Extremismusprävention einzurichten - genauso wie Frau Böhmer für Integration zuständig ist. Das ist vielleicht eine Aufgabe für die nächste Wahlperiode.
Frage: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, wie liberal ist Angela Merkel?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Frau Merkel führt eine konservative Partei, die die gesellschaftliche Realität zum Beispiel in den Ballungsräumen nicht richtig aufnimmt - und der SPD möglichst viele Themen wegnehmen will. Die jüngsten Parteitagsbeschlüsse schaffen Raum für die Liberalen. Mit der FDP wird es keinen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn geben - und auch keine Frauenquote in Unternehmen. Dafür wollen wir die steuerliche Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften beenden.
Frage: Ist vom Parteitag in Hannover ein schwarz-gelbes Signal ausgegangen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Bundeskanzlerin hat sich zum Bündnis aus CDU/CSU und FDP ausdrücklich bekannt und eine sehr selbstbewusste Bilanz der gemeinsamen Regierungsarbeit gezogen. Es ist aber auch deutlich geworden, dass die Union im Bundestagswahlkampf auf eigene Stärke setzen wird.
Frage: Was bedeutet das für die FDP?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die FDP wird mit einem eigenen Profil in den Wettbewerb mit allen anderen Parteien treten - auch mit der Union. Schon die Debatte über Schwarz-Grün zeigt, dass es einen Lagerwahlkampf nicht geben wird. Die FDP ist eine eigenständige Partei und muss aus eigener Kraft so viele Stimmen gewinnen, dass es zur Regierungsbeteiligung wieder reicht.
Frage: In welcher Konstellation?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Selbstverständlich mit der Union. Wir wollen die erfolgreiche Regierungspolitik fortsetzen. Die FDP hat ihr modernes Gesellschaftsbild auch in der Koalition mit der Union erfolgreich durchgesetzt. Wir müssen im Wahlkampf deutlich machen: Nur mit der FDP kann Rot-Grün verhindert werden.
Frage: Wie liberal ist Peer Steinbrück?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wer mit der Kavallerie die Schweiz überfallen möchte, kann ja von der Grundüberzeugung her kein Liberaler sein. (lacht) Steinbrück ist Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, die sich gerade überlegen, wie sie den Bürgern möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen können - obwohl die Steuereinnahmen sprudeln wie nie. Schnittmengen mit der FDP sind da nicht so richtig sichtbar.
Frage: Sie haben vor einigen Monaten erkennen lassen, dass Sie sich Steinbrück als Ampel-Kanzler vorstellen können. Gilt das noch?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die FDP ist gut beraten, in den Wahlkampf nicht mit Koalitionsspekulationen zu gehen.
Frage: Die Ampel scheint die einzige realistische Machtoption für die FDP zu sein.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: In den Umfragen wird noch viel in Bewegung geraten, wenn der Wahlkampf beginnt. Die FDP setzt auf Schwarz-Gelb.
Frage: Die FDP hat noch nicht einmal einen Spitzenkandidaten.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir haben einen Parteivorsitzenden, und das ist Philipp Rösler.
Frage: Und der ist automatisch Spitzenkandidat?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das war bei uns bisher immer so in der Partei. Alles, was an Spekulationen angestellt wird über den Vorsitzenden, schadet den Liberalen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, deutlich zu machen, dass die FDP regieren kann.
Frage: Wir halten fest: Sie sind gegen eine Doppelspitze.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ja. Ich halte die Debatte auch wirklich für daneben.
Frage: Was spricht für Philipp Rösler als Parteichef und Spitzenkandidat?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Er ist mit einem wirklich überzeugenden Wahlergebnis in das Amt gekommen. Das zeigt, dass die Partei hinter ihm steht. Er hat eine erfrischend andere Art, Politik zu machen. Er ist ein anderer Typ von Politiker - das wird auch im Wahlkampf ankommen.
Frage: Gilt das noch, wenn die Landtagswahl in Niedersachsen verloren geht?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir wollen in Niedersachsen gewinnen. Das gelingt nur, wenn wir als geschlossenes Team in das neue Jahr starten.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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