10.01.2013 09:32 Uhr in Gesellschaft & Familie von FDP

RÖSLER-Interview für die "Nordsee-Zeitung

Kurzfassung: RÖSLER-Interview für die "Nordsee-Zeitung" Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Nordsee-Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Wir st ...
[FDP - 10.01.2013] RÖSLER-Interview für die "Nordsee-Zeitung"

Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Nordsee-Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Wir stellen Ihnen die gesamte Online-Version zur Verfügung. Die Fragen stellte ULRICH KRÖGER:
Frage: Bei den Vorschlägen zum Unwort des Jahres lag der Begriff "Anschlussverwendung" auf Platz zwei. Bereuen Sie diese Wortwahl?
RÖSLER: Vergessen Sie dieses Etikett. Ich habe deutlich gemacht, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt gut ist und dass die Bundesagentur für Arbeit alles tut, um den betroffenen Menschen eine neue Chance zu geben. Das war die Zielsetzung.
Frage: Aber man macht sich doch mit einer solchen Wortwahl nicht zum Sympathieträger?
RÖSLER: Entscheidend ist, dass jetzt schon 40 Prozent der Beschäftigten einen neuen Job gefunden haben.
Frage: Ihr Koalitionspartner stellt sich die bange Frage, ob Selbstzerfleischung zum Wesen des politischen Liberalismus zählt?
RÖSLER: Die CDU kann sicher sein, dass sich die ganze FDP voll auf einen Erfolg in Niedersachsen konzentriert. Dafür stehe ich, und dafür stehen gerade auch die Freunde in Niedersachsen. Hier ist die Übereinstimmung nicht nur politisch-inhaltlich groß. Hier ist die Beziehung zwischen CDU und FDP auch sehr persönlich geprägt durch das gute Verhältnis zwischen Ministerpräsident David McAllister und unserem Spitzenkandidaten Stefan Birkner.
Frage: Aber wenn sogar traditionell eher FDP-skeptische CSU-Leute Mitgefühl für Ihre Partei ausdrücken, muss die Not doch groß sein?
RÖSLER: Wir freuen uns, wenn andere Parteien es gut mit uns meinen. Aber um den Wahlkampf kümmern wir uns schon selbst.
Frage: Fakt ist: In diesem Jahr geht es für Ihre Partei um die nackte Existenz. Haben das viele in der FDP nicht begriffen?
RÖSLER: Wir ziehen jetzt an einem Strang in die richtige Richtung, den Erfolg in Niedersachsen. Die Wahl hier hat eine große Bedeutung erst mal für das Land. Das liegt mir persönlich am Herzen. Sie wissen ja, dass ich hier lange Zeit in Verantwortung war. Und dann hat diese Landtagswahl Auswirkungen auf den Bund. Ein schöner Erfolg von Schwarz-Gelb in Niedersachsen ist eine hervorragende Grundlage für weitere Erfolge bei der Landtagswahl in Bayern und dann im Bund.
Frage: Dirk Niebel zerreißt es beim Blick auf die Partei. Wie geht es Ihnen eigentlich dabei?
RÖSLER: Ich habe als Vorsitzender Verantwortung für die ganze Partei. Das gilt aber auch für alle anderen Mitglieder des Präsidiums. Wir sind in der Pflicht gegenüber den vielen tausend Mitgliedern in Niedersachsen, die jeden Tag im Wahlkampf stehen. Die für den Wiedereinzug ins Parlament und um die Regierungsverantwortung kämpfen. Ich glaube, dass mein Wahlkampf dabei hilft. Ich hoffe, das können auch alle anderen Parteifreunde von sich sagen.
Frage: Wie verdaut man das, wenn man von Parteifreunden öffentlich so angegangen wird?
RÖSLER: Die Reaktionen in der Partei waren sehr eindeutig. Ich habe jetzt den Rücken frei, mich voll auf den Wahlkampf in Niedersachsen zu konzentrieren und meine Freunde und Kollegen dort zu unterstützen. Fast alle, die da jetzt wieder antreten, haben mich viele Jahre begleitet. Das vergisst man nicht. Neben der Verantwortung als Parteivorsitzender fühle ich da auch eine persönliche Verantwortung für die FDP in Niedersachsen.
Frage: Die immer wiederkehrenden Gerüchte, Sie hätten auch schon an Rücktritt gedacht, haben also keine Grundlage?
RÖSLER: Absolut nicht.
Frage: Kann es sein, dass die Probleme der FDP darin begründet sind, dass ihr ein inhaltlich klarer Kurs abhanden gekommen ist?
RÖSLER: Davon kann nun wirklich keine Rede sein. Wir treten für solide Haushalte und stabiles Geld ein. Wir wollen den Menschen die Freiräume erhalten, in denen sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Wir garantieren Bürgerrechte und setzen uns für gute Bildungschancen ein. In Niedersachsen hat es die CDU/FDP-Koalition im Dezember geschafft, 855 Millionen Euro Steuermehreinnahmen ausschließlich zur Senkung der Nettokreditaufnahme zu verwenden. Wenn Politiker sechs Wochen vor einer Wahl 855 Millionen Euro Steuermehreinnahmen zur Verfügung haben, ist die Versuchung für manch andere, gerade bei Rot-Grün, sehr groß, das Geld mit beiden Händen für Wahlversprechen auszugeben. Genau das hat die FDP nicht gemacht. Das ist ein klares Signal. Das unterscheidet uns von Rot-Grün im Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Die haben gerade gesagt: Bis 2020 werden wir die Schuldenbremse eh nicht einhalten. Das ist Verfassungsbruch mit Ansage, und da sieht man sehr gut den Unterschied zwischen Rot-Grün in NRW und Schwarz-Gelb in Niedersachsen. Nur die Wahl der FDP garantiert die Fortsetzung der erfolgreichen Koalition in Niedersachsen mit McAllister und Birkner.
Frage: Politikwissenschaftler und Kommentatoren werfen Ihnen Neoliberalismus und Klientelpolitik für Besserverdienende vor. Ist das nicht eine zu schmale Basis für eine Partei, die mit Männern wie Theodor Heuss und Karl-Hermann Flach einmal visionäre Denker vorzuweisen hatte. Männer, die der ganzen Gesellschaft etwas zu sagen hatten?
RÖSLER: Solche Vorwürfe gehen ins Leere. Ich habe in Stuttgart zu Dreikönig eine sehr grundsätzliche Rede zum Verhältnis von Freiheit und Sicherheit gehalten. Da habe ich mich auf Karl-Hermann Flach bezogen, der gesagt hat: "Wer nicht weiß, wovon er morgen leben soll, der ist nicht wirklich frei." Das ist große liberale Tradition, und der fühlt sich die ganze FDP, alle ihre Mitglieder, verpflichtet. Das ist eine Frage der Haltung. Rot-Grün setzt eher auf staatliches Handeln und glaubt, dass der Staat der Problemlöser Nummer eins ist. Wir wissen: Wenn der Staat Probleme lösen soll, braucht er meistens viel Geld - das bedeutet Steuern und Abgaben und/oder mehr Schulden, mehr Bürokratie und Bevormundung. Das ist dann ein Staat, der mit Freiheit nicht mehr viel zu tun hat. Eine Gesellschaft in Freiheit und Verantwortung - das bleibt unser Credo. Mit dieser Haltung treten wir in Niedersachsen und im Bund an. All die aktuellen politischen Themen - Haushaltskonsolidierung, gute Bildungspolitik - haben etwas mit diesem Grundthema zu tun.
Frage: Aber warum haben Ihnen Grüne und Piraten den Rang abgelaufen, wenn es um die Bürgerrechte und die Freiheit des Individuums geht?
RÖSLER: Die Partei der Freiheit und der Bürgerrechte ist eindeutig die FDP. Die Vorratsdatenspeicherung haben wir vor dem Bundesverfassungsgericht gestoppt. Und es ist unsere Bundesjustizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich jetzt weiter vehement mit allen Kollegen gegen einen neuen Anlauf zur Datenspeicherung in Deutschland stemmt. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat ACTA verhindert, dieses viel zu weit gehende internationale Abkommen gegen Produktpiraterie im Internet. Ich habe als Bundeswirtschaftsminister dazu beigetragen, auf internationaler Ebene eine freiheitsfeindliche staatliche Kontrolle des Internets abzuwehren. Wir kämpfen für geistiges Eigentum, damit die Kreativen in Deutschland auch künftig eine Chance haben. Also, das Thema Bürgerrechte im Sinne von Rechtsstaatlichkeit spielt für die FDP eine herausragende Rolle. Das gilt auch für die Frage eines NPD-Verbots, wie unser Justizminister in Hessen, Jörg-Uwe Hahn, gezeigt hat: Als einziges Land hat Hessen im Bundesrat einem Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens nicht zugestimmt. Man kann sich über ein NPD-Verbot sicherlich streiten, aber machen wir uns nichts vor: Extremismus muss man am Ende politisch bekämpfen. Dummheit kann man nicht verbieten.
Frage: Bereuen Sie es eigentlich manchmal im Stillen, dass Sie aus Niedersachsen nach Berlin gegangen sind?
RÖSLER: Nein, überhaupt nicht. Natürlich ist die Luft auf Bundesebene rauer als auf Landesebene - das lässt sich nicht bestreiten. Aber erstens ist Niedersachsen bei Stefan Birkner, bei Wirtschaftsminister Jörg Bode, bei Fraktionschef Christian Dürr und bei all unseren liberalen Freunden in guten Händen. Sie haben hier in den vergangenen vier Jahren hervorragende Politik gemacht. Zweitens ist das, was ich auf Bundesebene als Gesundheitsminister gemacht habe und was ich jetzt als Wirtschaftsminister umsetze, zwar fordernd, aber auch sehr spannend. Da kann man viel bewegen, und das ist ja das, was Politiker motiviert. Und dann komme ich ja aus Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen - das kann man in Berlin jeden Tag unter Beweis stellen.
Frage: Stimmt es, dass die FDP in Niedersachsen demnächst plakatieren wird: Wer McAllister will, muss FDP wählen?
RÖSLER: Nein, das werden wir sicher nicht aufs Plakat schreiben. Wir haben jetzt das Thema Schuldenabbau, das wir inhaltlich auf unseren Plakaten präsentieren. Und wir werben für Stefan Birkner, einen guten, hoch kompetenten Kandidaten. Und dass es zur Fortsetzung der soliden Regierungsarbeit dieser Koalition auf die Zweistimme für die FDP ankommt, weiß jeder.
Frage: Sie haben mal gesagt: Mit 45 ist Schluss mit der Politik. Nun werden Sie demnächst 40. Werden Sie überhaupt noch so lange durchhalten?
RÖSLER: Ich habe noch ein halbes Jahrzehnt in der Politik vor mir. Und darauf freue ich mich.
Frage: Warum wollen Sie das überhaupt?
RÖSLER: Wenn nicht diejenigen, die wie ich von der liberalen Idee überzeugt sind, für die Freiheit kämpfen, dann werden alle Staatsgläubigen die Oberhand gewinnen. Dann kämpft niemand mehr für die Idee der Freiheit. Freiheit, Verantwortung und Bürgerrechte - das sind die Themen meiner Partei, und für die stehe ich.
Frage: Was macht Philipp Rösler nach seinem 45. Geburtstag?
RÖSLER: Erst mal kämpfen wir für den Erfolg am 20. Januar - das ist entscheidend. Und jetzt kommt erst einmal mein 40. Geburtstag.
Frage: Gesetzt den Fall, es kommt im Herbst zu einer Neuauflage von Schwarz-Gelb in Berlin: Sitzt Dirk Niebel dann noch im Kabinett?
RÖSLER: Ich empfehle meiner Partei, alles zu tun, um in Niedersachsen erfolgreich zu sein. Dann schaffen wir auch eine Mehrheit für die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalitionen in Bayern und im Bund. Da ist noch einiges zu tun, und darauf konzentriere ich mich jetzt.
Frage: Gesetzt den Fall, es kommt nicht so: Wen sähen Sie dann gern als Ihren Nachfolger?
RÖSLER: Die Frage steht jetzt nicht an, sondern die Frage: Wie können wir die FDP zu einem Erfolg bringen?

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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