21.02.2013 12:10 Uhr in Gesellschaft & Familie von FDP

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Passauer Neue Presse

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Passauer Neue Presse" Die stellvertretende Vorsitzende der FDP, Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Passauer Neuen Presse ...
[FDP - 21.02.2013] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Passauer Neue Presse"

Die stellvertretende Vorsitzende der FDP, Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ANDREAS HERHOLZ:
Frage: Kritik und Enttäuschung bei den Opfern sexuellen Missbrauchs - wo bleibt die versprochene Hilfe von Bund und Ländern?
Leutheusser-Schnarrenberger: Also, der Runde Tisch hat einiges erreicht, aber wir sind noch nicht am Ziel. Positiv ist: Der Runde Tisch hat die Unkultur des Verschweigens und des Vertuschens beendet. Eine zentrale Frage war die Zusammenarbeit der Institutionen mit den Staatsanwaltschaften. Das ist verbessert worden durch die konkreten Leitlinien, ab wann und wie die Staatsanwaltschaft informiert und eingebunden werden muss. Und viele Opfer sexualisierter Gewalt erhalten materielle Hilfen der Kirchen, um Therapien machen zu können. Aber es fehlt ein Entschädigungsfond für die Opfer, die sexualisierte Gewalt in Familien erfahren mussten. Und ich verstehe nicht, dass die Länder mit Ausnahme Bayerns fadenscheinige Argumente vorschieben. Der Bund hat 50 Mio. Euro zur Verfügung gestellt und wir haben als Bund die Details und Organisationsfragen so ausgearbeitet, dass der Fond gleich an den Start gehen kann. Schwarze Peter-Spiele zwischen Bund und Ländern verstehen die Betroffenen nicht.
Frage: Auch die angekündigten gesetzlichen Änderungen lassen noch immer auf sich warten. Rückt das Thema jetzt wieder auf der politischen Tagesordnung nach unten?
Leutheusser-Schnarrenberger: Der Runde Tisch hat die gesellschaftliche Sensibilität für das Thema erhöht. Niemand kann es sich heute mehr erlauben, systematischen Missbrauch als einzelne "Fehltritte" verirrter Schäfchen abzutun. Jetzt geht es darum, den Opfern sexualisierter Gewalt in Familien zu helfen. Sie brauchen materielle Hilfen. Das Gesetz zur Stärkung der Opferrechte wird jetzt hoffentlich im Parlament verabschiedet.
Frage: Wo bleibt die angekündigte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche?
Leutheusser-Schnarrenberger: Die katholische Kirche hat durch unmittelbare Hilfen an den Betroffenen einen guten Anlauf genommen. Jetzt muss sie sich selbst beim Wort nehmen. Aufarbeitung bedeutet auch, die Personalakten Dritten zu öffnen, damit jahrzehntelanges Vertuschen unabhängig aufgearbeitet werden kann.
Frage: Sie fordern die doppelte Staatsbürgerschaft zu erleichtern. Wie weit wollen Sie mit Ihren Plänen gehen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Im Koalitionsvertrag haben wir gemeinsam verabredet, die sogenannte Optionslösung zu überprüfen. Jetzt zeigt die Realität, dass wir viel öfter doppelte Staatsbürgerschaften haben, als Manchem lieb ist. Außerdem ist es prinzipiell möglich, neben dem deutschen Pass die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der EU zu behalten. Rainer Brüderle und ich haben deshalb gesagt: Wenn sich gerade hoch qualifizierte und mobile Menschen von Deutschland abwenden, weil sie nicht zwei Staatsangehörigkeiten besitzen können, dann ist das ein Problem. Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaften befördert werden. Das zeigen die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern, die einen doppelten Pass besitzen.
Frage: Warum kommt der Vorstoß erst jetzt im Wahljahr? Wollen Sie sich die Tür zu einer Ampelkoalition offenhalten und bei SPD und Grünen punkten?
Leutheusser-Schnarrenberger: Also, ich bin Mitarchitektin der Münchner Koalition mit der CSU. Und da verhandeln wir gerade, damit wir erfolgreich bis zur Wahl 2013 weiterarbeiten können. Wie man sich so einen Quatsch ausdenken kann, das verstehe ich nicht. Die Koalitionsverhandlungen mit der Union im Herbst werden hart, weil wir als eigenständige Partei bei einer Neuauflage der schwarz-gelben Koalition mehr greifbare Ergebnisse in der Koalitionsverhandlung brauchen.
Frage: Die Union lehnt eine Reform strikt ab. Da landen die Pläne doch gleich wieder in der Schublade, oder?
Leutheusser-Schnarrenberger: Die FDP besteht auf dem Koalitionsvertrag, nach dem die sogenannte Optionsregelung auch materiell überprüft werden soll. Ich bin sicher, dass sich auch Innenminister Friedrich der Koalitionsvereinbarung verpflichtet fühlt.
Frage: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Ist es jetzt Zeit, die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vollständig aufzuheben?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja. Das Ergebnis ist historisch.
Frage: Wie weit wollen Sie beim Adoptionsrecht gehen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ich bin für eine große Lösung, die die Adoption mit heterosexuellen Paaren gleichstellt.
Frage: Ist das Ehegattensplitting noch verfassungskonform, wenn man den Karlsruher Entscheidungen zur Homo-Ehe folgt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Die Frage wird das Bundesverfassungsgericht demnächst sowieso beantworten. Die FDP will die volle Gleichstellung mit der Ehe und die Union muss ihre Haltung zu Lesben, Schwulen und Transgendern ganz grundsätzlich überdenken.
Frage: Die Grünen wollen einen Gesetzentwurf zur Reform des Adoptionsrechts einbringen. Wird die FDP die Pläne unterstützen, wenn die Union bei ihrem Widerstand bleibt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Die Grünen machen ihren Wahlkampf und bringen immer wieder Entwürfe ein. Das gehört zum politischen Geschäft. Ich kann nur sagen: Die FDP hat für Lesben, Schwule und Transgender im Beamten- und Steuerrecht in dieser Legislatur viel erreicht. Das liberale Engagement kann sich sehen lassen. Ich habe schon in meiner ersten Amtszeit erfolgreich für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgendern gestritten. Da stört mich das grüne Wahlkampfgetöse nicht.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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