31.05.2013 10:00 Uhr in Medien & Presse von FDP

BRÜDERLE-Interview für das "Hamburger Abendblatt

Kurzfassung: BRÜDERLE-Interview für das "Hamburger Abendblatt" Berlin. Der Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, FDP-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion RAINER BRÜDERLE gab dem "Hamburg ...
[FDP - 31.05.2013] BRÜDERLE-Interview für das "Hamburger Abendblatt"

Berlin. Der Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, FDP-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion RAINER BRÜDERLE gab dem "Hamburger Abendblatt" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Dr. Christoph Rybarczyk und Bernd Röttger:
Frage: Herr Brüderle, im Wahlprogramm der FDP stand einmal unter der Rubrik Steuern: einfacher, niedriger, gerechter. Warum soll man die Liberalen noch wählen, wenn es diese Anreize nicht mehr gibt?
BRÜDERLE: Wir haben die Bürger bereits um 22 Milliarden Euro entlastet. Die Rentenbeiträge wurden gesenkt, das Kindergeld erhöht, die Praxisgebühr abgeschafft. Wir wollten noch bei der kalten Progression die Mitte stärker entlasten. Das hat Rot-Rot-Grün im Bundesrat blockiert.
Frage: Die Opposition macht Wahlkampf mit dem Versprechen, die Steuern für Spitzenverdiener zu erhöhen und Normalverdiener zu entlasten, angeblich 90 Prozent der Deutschen. Da ist Ihnen Konkurrenz erwachsen.
BRÜDERLE: Das ist nicht wahr und außerdem unredlich. Bei den Vorschlägen von Rot-Grün sind sie schon mit 3700 Euro Monatseinkommen dabei und werden stärker steuerlich belastet. Das ist ein Anschlag auf die Mitte. Selbst der Bäckermeister im Innenstadtbereich müsste nach den Plänen von Rot-Rot-Grün Vermögenssteuer und eine Vermögensabgabe zahlen. Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode den Solidarzuschlag auf die Einkommenssteuer schrittweise abschaffen, so dass er 2019 ganz weg ist. Der Soli verschwindet sowieso im allgemeinen Haushalt und ist keine Maßnahme mehr, um gezielt den Aufbau in den neuen Bundesländern zu finanzieren. Er ist ohnehin technisch befristet und muss abgeschafft werden. Das wollen wir in der nächsten Legislaturperiode anpacken. Außerdem werden wir darauf achten, dass im Haushalt die schwarze Null steht.
Frage: Glauben Sie, dass die Wähler das mit einer Stimme für die FDP honorieren?
BRÜDERLE: Die Bürger werden sich von Rot-Rot-Grün nicht veräppeln lassen. Jeder kann sich ausrechnen, wie Trittin, Gabriel und Steinbrück ihn zusätzlich belasten wollen. Die SPD vertritt schon lange nicht mehr die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. Und das Programm der Grünen besteht aus Steuern und Verboten. Die FDP wird ein gutes Ergebnis erzielen.
Frage: CDU und FDP geraten durch die sogenannte Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) stark unter Druck. FDP-Abgeordnete in den Ländern sind sogar schon zur AfD übergelaufen. Wie reagieren Sie darauf?
BRÜDERLE: Es gibt bei dieser Protestpartei auch viele Schnittmengen mit den Linken. Man muss die Sorgen vieler Menschen um die Stabilität der Währung ernst nehmen. Es reicht aber nicht, sich "Alternative" zu nennen, wenn man keine Antworten bietet. Der Weg zurück zur D-Mark wäre teuer und fatal für Deutschland. Die FDP kämpft deshalb für einen stabilen Euro. Deshalb sind wir für die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Deshalb haben wir klare Spielregeln für die Euroländer festgelegt. Und deshalb wollen wir die Schuldenbremse für ganz Europa.
Frage: Die Euro-Krise ist aber nur ausgesetzt, nicht beendet. Was, wenn Länder wie Spanien oder Frankreich gerettet werden müssen?
BRÜDERLE: Wir haben eine Währungsunion ohne politische Union. Deutschland hat unter Rot-Grün das erste Mal die Defizitgrenze gerissen. Die Architektur der Verträge von Maastricht wurde zerstört. Jetzt bauen wir sie neu. Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM gibt uns mehr Mitsprache. Wenn Staaten Hilfe brauchen, dann gibt es ohne unsere Stimme kein Geld. Solidarität ja, aber mit der Verpflichtung, dass der Empfänger die Ursache seiner Misere abstellt. Auch Frankreich muss Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in der Steuerpolitik machen, um seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Jetzt kommt denen der tolle Gedanke, dass man Investitionsausgaben nicht ins Defizit hereinrechnet. Vielleicht kommen die morgen auf die Idee und wollen die Bildungsausgaben nicht beim Defizit berücksichtigen. Die Regeln in der Euro-Rettung müssen aber eingehalten werden!
Frage: Eine Regel in Deutschland ist die Fraktionsdisziplin. Einige FDP-Abgeordnete waren Abweichler und haben den Kurs der eigenen Bundesregierung nicht unterstützt.
BRÜDERLE: Die FDP-Fraktion hat bei allen Abstimmungen große Geschlossenheit gezeigt. Aber wir sind keine Kaderpartei. Bei uns wird offen diskutiert. Die FDP hat als einzige Partei eine Mitgliederbefragung zum Thema Euro-Stabilisierung gemacht. Das Votum war eindeutig für den Kurs der Parteiführung. Es ist aber auch klar, dass schwache Länder den deutschen Haushalt nicht als Selbstbedienungsladen sehen können. Nur kann man mit der Rückkehr zur D-Mark, die einige wollen, die Probleme nicht lösen. Wir wollen aber in der Europäischen Zentralbank die Stimmrechte verändern, um Deutschland mehr Einfluss zu geben.
Frage: Sehen Sie Ihre Verdienste auch beim Koalitionspartner CDU/CSU und von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausreichend gewürdigt?
BRÜDERLE: Die Koalition arbeitet gut und erfolgreich zusammen. Sonst stünde Deutschland auch nicht so gut da. Ich stelle mich nicht an die Klagemauer. Die Union wäre ohne die FDP eine andere. Wir korrigieren zur Mitte hin. Wir sind doch das Upgrade der CDU.
Frage: Dafür schlucken Sie auch unliebsame Maßnahmen wie das Betreuungsgeld?
BRÜDERLE: Das war im Koalitionsvertrag vereinbart. Die FDP ist vertragstreu. Die Praxisgebühr wäre ohne die FDP nicht abgeschafft worden, und den Bundespräsidenten Joachim Gauck gibt es nur wegen der FDP.
Frage: Hat Parteichef Philipp Rösler da ein Vabanquespiel veranstaltet, weil Frau Merkel Gauck nicht wollte, die FDP aber darauf bestand, mit SPD und Grünen Gauck durchzusetzen?
BRÜDERLE: Nein. Wir haben eine dezidierte Diskussion geführt und uns für eine Persönlichkeit ausgesprochen, die ihren Lebensweg unter den Begriff der Freiheit gestellt hat. Ich finde, Gauck macht seine Arbeit sehr gut.
Frage: Nachgeben müssen Sie als Koalitionspartner demnächst bei der Frauenquote, die die CDU jetzt als feste Quote sogar in künftige Wahlprogramme schreiben will. Warum sträubt sich die FDP bei diesem Thema?
BRÜDERLE: Weite Teile der Union halten eine feste Frauenquote auch nicht für die Lösung. 18 Millionen berufstätigen Frauen ist mit einer Quote auf dem Papier doch weniger geholfen als mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Frage: In einem Land wie Norwegen ist die Wirtschaft wegen der Frauenquote aber auch nicht langsamer gewachsen.
BRÜDERLE: Auch unserem Land würden mehr Frauen in Führungspositionen gut tun. Es geht nur um den richtigen Weg dorthin. Als Liberaler setze ich nicht auf Quoten und Zwänge, sondern auf Chancen und Angebote.
Frage: Und was passiert mit der FDP, wenn es nach der Bundestagswahl nicht für Schwarz-Gelb reicht und Frau Merkel mit Jürgen Trittin von den Grünen eine Koalition bildet?
BRÜDERLE: Das wird nicht passieren. Die christlich-liberale Koalition wird bestätigt werden, weil sie erfolgreich arbeitet und weil die Menschen Rot-Rot-Grün nicht wollen. Das wird eine klare Richtungswahl.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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