17.06.2013 12:02 Uhr in Gesellschaft & Familie von FDP

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt" Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Welt" (Montag-Ausgabe) das f ...
[FDP - 17.06.2013] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für "Die Welt"

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Welt" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte KARSTEN KAMMHOLZ:
Frage: Frau Ministerin, sind Sie in den vergangenen Jahren privat in die USA gereist?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Vor vielen Jahren war ich häufig in den USA, auf Hawaii, in Kalifornien, in New York natürlich. Aber das ist sehr, sehr lange her. Seit ich hauptamtlich in der Politik bin, waren alle meine USA-Reisen dienstlicher Natur.
Frage: Persönlich hatten Sie also noch keine Berührung mit der amerikanischen Online-Anmeldung vor der Einreise.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Nein, bisher nicht. Aber ich möchte es mal generell sagen: Ich habe mit all diesen Online-Programmen ein Problem. Ich mache auch kein Online-Banking, das bekenne ich ganz offen. Wenn ich sensible Daten preisgebe, kann ich nicht sicher einschätzen, ob diese Daten auch am richtigen Ort landen und nicht von unterwegs jemand mitliest. Ich bin da von Grund auf sehr kritisch.
Frage: Der Innenminister will die Registrierungspflicht für Reisende in die EU. Braucht Europa zur Terrorabwehr so ein System?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich habe sehr große Zweifel, ob wir die nächsten Datenfriedhöfe anlegen sollten. Wir sind aus deutscher Sicht auch sehr kritisch gegenüber dem europäischen Passagierdaten-Abkommen, das gerade erst in den zuständigen Ausschuss der EU-Parlaments zurückverwiesen worden ist. Nach unserer Verfassungslage ist es nicht zulässig, Passagierdaten über mehrere Jahre zu speichern. Bei uns wird eine Speicherung von sechs Monaten gerade noch so als verfassungsgemäß erachtet. Jetzt noch mit weiteren Daten einen drauf zu setzen, halte ich für hochproblematisch. Bei aller Notwendigkeit der inneren Sicherheit sollte unsere Politik nicht auf weitere millionenfache Daten setzen.
Frage: Kann man denn von den Vereinigten Staaten auch etwas in Sachen Terrorabwehr lernen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Amerikaner haben bei der Verwertbarkeit von Daten andere Regeln als wir. Rechtswidrig erworbene Daten dürfen dort nicht im Gerichtssaal verwenden. Das ist ein ganz strikter Grundsatz. Wir treffen in Deutschland in solchen Fällen eine Abwägung. Hier können wir durchaus von den Amerikanern lernen. Ich sehe aber nicht, dass uns die Amerikaner im Großen und Ganzen ein Vorbild sein können.
Frage: Warum nicht?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir haben in Europa eine Tradition des sensiblen Umgangs mit den Daten seiner Bürger. Damit liegen wir ganz gut. Der Blick auf konkrete Gefährdungen ist der deutlich bessere Ansatz als alles abzugreifen und dann zu sehen, ob eine Information verwertbar sein kann.
Frage: Der BND will die Internetüberwachung ausbauen. Was sagen Sie dazu?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Für mich ist so ein Vorhaben schwer nachvollziehbar. Ich will wissen, ob da mit neuem technischen Aufwand in einer anderen rechtlichen Dimension gearbeitet werden soll. Es gibt klare rechtliche Grundlagen für die Internetüberwachung. Es kann nicht sein, dass wir etwas erleben wie bei den sogenannten Staatstrojanern. Da hat sich die Technik vom Recht gelöst. So etwas untergräbt das Vertrauen in jede moderne Technik. Wir sehen dass die Menschen alarmiert sind über die Berichterstattung über die Überwachung der USA im Internet. Da kann doch die Antwort nicht sein, einfach die Überwachung durch die Deutschen machen zu lassen. Wir müssen dort ermitteln, wo es nötig ist und diejenigen in ihrer Privatsphäre schützen, die nicht in Verdacht sind.
Frage: Kennen Sie die konkreten Pläne des BND bereits?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich kenne sie nicht. Ich weiß auch nicht, ob das Vorhaben im Haushalt verankert ist. Es geht ja offenbar um 100 Millionen Euro. Der Haushalt des BND ist in Teilen als geheim eingestuft und wird wohl auch nicht offen im Haushaltsausschuss beraten.
Frage: Am Dienstag kommt US-Präsident Obama nach Berlin. Werden Sie mit ihm sprechen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das weiß ich noch nicht. Aber wenn es die Gelegenheit gibt, mit ihm zu sprechen, möchte ich ihm von unserer Besorgnis über das NSA-Spähprogramm berichten. Wir brauchen jetzt ganz klare Transparenz von den USA. Bisher dringt nur Bruchstückhaftes nach außen. Die Bürger müssen wissen, woran sie sind. Nur dann können sie verstehen, warum manche Programme offenbar notwendig sind.
Frage: Wie aufklärungswillig verhält sich die US-Regierung?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir haben Fragen eingereicht, aber noch keine Rückmeldung aus dem US-Justizministerium. Vielleicht bekommen wir beim Besuch des US-Präsidenten mehr Informationen.
Frage: Erwarten Sie neue Erkenntnisse von Obama?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich weiß nicht, wie viel Gewicht er diesem Thema einräumt. Mal abwarten, was er mitbringt. Ich denke, dass unsere Freundschaft es erträgt, dass wir kritisch mit den Amerikanern sprechen können.
Frage: Innenminister Friedrich hat die USA vor deutschen Beschimpfungen in Schutz genommen. Fühlen Sie sich von seiner Kritik angesprochen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Überhaupt nicht. Ich beschimpfe doch niemanden. Meine Aufgabe als Politikerin in Deutschland ist, für Aufklärung zu sorgen und dann eine rechtliche Bewertung vorzunehmen. Würde ich das nicht tun, müsste ich wegen Unterlassung beschimpft werden.
Frage: Die EU hat den Weg für eine transatlantische Freihandelszone freigemacht. Jetzt müssen die USA sich bewegen. Was versprechen Sie sich?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wenn wir ein Freihandelsabkommen schließen, gründen wir den größten Markt der Welt. Das kann uns Dynamik in Wachstum und Wettbewerb bringen. Die Verhandlungen hierfür bieten uns die Chance, auch zu differenzierten Lösungen zu kommen, wo es notwendig wird. Das kann bei Fragen des geistigen Eigentums, des Verbraucher- und Datenschutzes sein. Das Ziel ist klar: Wir wollen das Abkommen. Auch deswegen ist Obamas Besuch ein wichtiges Signal.
Frage: Verbraucherministerin Aigner hat Bedenken angemeldet. Worauf muss die Bundesregierung bei dem Abkommen achten?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Verbraucherministerin hat sich grundsätzlich positiv zu dem Projekt geäußert. Dass der Verbrauchschutz dabei nicht unter die Räder kommen darf, ist selbstverständlich. Es wäre aber komplett falsch, wegen der deutschen Filmförderung oder der Buchpreisbindung gar keine Gespräche zu führen. Wir wollen sie gerade erhalten und werden natürlich unsere Besonderheiten in die Gespräche einbringen. Aber natürlich werden wir unsere europäischen Besonderheiten in die Gespräche einbringen.
Frage: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, wie geht es Rainer Brüderle nach seinem Sturz?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Er hat die Operation gut überstanden und ist auf dem Weg der Besserung. Ich habe ihm eine SMS mit meinen Genesungswünschen geschickt.
Frage: Wie schmerzlich ist sein Ausfall für die FDP?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Es tut mir sehr leid für ihn. Er ist so hoch motiviert. Aber er wird im Wahlkampf voll dabei sein. Jetzt wird er mit kritischem Blick den Vorwahlkampf betrachten.
Frage: Was nicht schlecht sein muss.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Absolut. Wenn er genesen ist, wird er mit neuem Schwung in den Wahlkampf ziehen. Wir werden jetzt alles tun, ihn zu entlasten, damit er schnell gesund wird.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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