21.06.2013 10:35 Uhr in Medien & Presse von FDP

RÖSLER-Interview für "Focus Online

Kurzfassung: RÖSLER-Interview für "Focus Online"Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab "Focus Online" das folgende Interview. Die Fragen stellte MARTINA FIETZ:Frage: ...
[FDP - 21.06.2013] RÖSLER-Interview für "Focus Online"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab "Focus Online" das folgende Interview. Die Fragen stellte MARTINA FIETZ:
Frage: Hat sich Rolf Kleine, der neue Sprecher von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, bei Ihnen schon für seinen Facebook-Eintrag entschuldigt, in dem er die FDP mit dem nordvietnamesischen General Giáp in Verbindung brachte?
RÖSLER: Nein, hat er nicht.
Frage: Erwarten Sie das noch?
RÖSLER: Das ist halt eine Frage des Anstands.
Frage: Sie persönlich und die FDP als Ganzes müssen sich in letzter Zeit viel Häme und Spott bis hin zu Rassismus gefallen lassen. Wie sehr trifft Sie das?
RÖSLER: Manchmal ist die Schmerzgrenze wirklich überschritten. Ich finde das mehr als bedenklich. Doch die Häufung von Beleidigungen zeigt die verzweifelte Lage der SPD, die entgegen ihrer 150-jährigen Tradition so etwas zulässt. Das ist eine bedauerliche Entwicklung für eine ehemals große Volkspartei.
Frage: Sie machen also die verschiedenen Entgleisungen, die es gab, am politischen Gegner fest?
RÖSLER: Nehmen Sie das Beispiel vom Dreikönigstreffen dieses Jahr. Dort hat mich ein junger Mann, Mitglied der SPD, beschimpft und Vaterlandsverräter genannt. Während unseres Parteitags in Nürnberg hatten die Sozialdemokraten eine Internet-Seite geschaltet, auf der sie behaupteten, ich sei für einen Mindestlohn von vier Euro, das wäre genug.
Das führte zu einer ellenlangen Reihe von Leser-Reaktionen mit rassistischen Äußerungen, die ich nicht gern wiedergeben möchte. Das ging so weit, dass mir ein Schreiber - zugegeben, es war ein Grüner - die Mörder des rechtsterroristischen NSU auf den Hals gewünscht hat. Erst mit deutlicher Verzögerung hat die SPD sich bemüßigt gefühlt, diese Seite aus dem Netz zu nehmen. Das sind nur ein paar Beispiele von vielen. Eine wertebewusste Partei würde konsequent gegen solche Entwicklungen vorgehen.
Frage: Der Medienwissenschaftler Bolz hat formuliert, die heftigen Angriffe auf die FDP seien Folge der Sozialdemokratisierung der Politik, da die FDP die einzige Partei sei, die sich von einem linken Mainstream abhebe. Ist es schwer, ein Liberaler zu sein?
RÖSLER: Richtig ist: Alle Parteien bewegen sich nach links, und wir bleiben in der Mitte. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Das rechtfertigt allerdings nicht, mit Ressentiments zu spielen. Wenn wir andere Positionen haben, muss man sich damit inhaltlich auseinandersetzen.
Aber, wie heißt es so schön: Wer den Ball nicht spielen kann, spielt den Mann. Abgesehen davon: Es war nie einfach, ein Liberaler zu sein. Genau deshalb bin ich es. Denn es ist eine wunderbare Aufgabe, den Kampf für die Freiheit in einer Gesellschaft zu führen.
Frage: Tragen die sozialen Netzwerke dazu bei, dass die Menschen alle Zurückhaltung aufgeben?
RÖSLER: Ich finde es bedenklich, dass die Anonymität im Netz oftmals die letzten Schranken niederreißt. Zwar sind die Kommentare, die etwa unter den Einträgen stehen, nur ein Zerrbild, das man nicht auf die gesamte Gesellschaft hochrechnen kann. Aber es muss uns schon Sorge machen, dass rassistische und menschenverachtende Äußerungen auf diese Weise öffentlich werden und nicht im Hintergrund bleiben. Dadurch erhält das Thema eine neue Dimension.
Frage: Plädieren Sie für Restriktionen?
RÖSLER: Man muss die richtige Balance finden zwischen Freiheit und Verantwortung. Als Liberaler plädiere ich nicht für Verbote und gesetzliche Beschränkungen. Doch ist es wichtig, eine Debatte über unsere Werte zu führen. Wir müssen darüber reden, dass die Regeln des täglichen Umgangs miteinander auch im Internet gelten sollten.
Frage: Dienen Sie vielleicht deshalb als Ziel, weil Ihre eigene Partei Sie heftig attackiert und Ihre Führungsqualitäten in Frage gestellt hat?
RÖSLER: Das kann nicht die Erklärung sein. In allen Parteien werden harte Auseinandersetzungen geführt. Schauen Sie sich die liebevolle Beziehung von Herrn Steinbrück und Herrn Gabriel an.
Frage: Wie nachhaltig ist denn die Harmonie, die Sie jetzt in der Zusammenarbeit mit Rainer Brüderle demonstrieren?
RÖSLER: In den letzten Wochen und Monaten haben wir uns gegenseitig die Bälle zugespielt. Die inhaltliche Abstimmung funktioniert. Natürlich mussten wir uns erst sortieren und finden. Aber das ist geschehen. Wir sind uns völlig einig, was etwa die neuen Wohltaten der Union anbelangt.
Da ist in vielen Teilen der Wunsch der Vater des Gedankens. Hier ist die FDP gefordert, für Maß und Mitte zu sorgen.
Frage: Auch wenn es um die Energiewende geht, speziell um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), ist das Verhältnis zu Ihrem Koalitionspartner ja nicht ungetrübt.
RÖSLER: Auch da sprechen Rainer Brüderle und ich mit einer Stimme: Das EEG muss dringend reformiert werden. Dabei muss man auch über ein Moratorium reden, also über einen vorübergehenden Baustopp neuer Anlagen für erneuerbare Energien. Alles, was heute an Förderzusagen gemacht wird, gilt immerhin für die nächsten zwanzig Jahre. Deshalb wird jeder Tag, an dem man nicht zu einer grundlegenden Reform kommt, ein sehr teurer Tag, weil wir immer neuen Zubau haben bei der Fotovoltaik und der Onshore-Windenergie.
Frage: Das dürfte doch wieder zu einem Konflikt mit CDU-Umweltminister Altmaier führen.
RÖSLER: Es muss jedem in Deutschland klar sein: Wenn wir es ernst meinen mit der Energiepreisbremse, dann müssen wir an das EEG ran. Eine Strompreisbremse alleine wäre zwar ein Fortschritt, aber er reicht nicht.
Das EEG ist der hauptsächliche Kostentreiber. Die so genannte EEG-Umlage ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Noch gravierender sind die vielen Folgekosten, etwa, dass durch die Subventionen bei den erneuerbaren Energien konventionelle Kraftwerke plötzlich nicht mehr rentabel sind, so dass wir diese wieder subventionieren müssen. Diese Auseinandersetzung führe ich gern.
Frage: Anderes Streitthema: Glauben Sie ernsthaft, die deutsche Gesellschaft heißt mehrheitlich die doppelte Staatsbürgerschaft gut?
RÖSLER: Wenn Menschen mit Eltern anderer Nationalitäten beide Staatsbürgerschaften halten wollen, dann betrachte ich das als eine positive gesellschaftliche Entwicklung. Dem darf sich der Gesetzgeber nicht versperren.
Frage: Das dürfte mit der Union schwierig werden.
RÖSLER: Das Ja zur doppelten Staatsbürgerschaft ist Position der FDP. Je stärker wir werden, desto größer ist die Chance, dass wir dieses Ziel umsetzen können. Wir werden dafür kämpfen. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist zum einen eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit. Sie ist aber auch wirtschaftspolitisch zwingend. Denn ohne diese neue Form der Willkommenskultur gewinnen wir nicht ausreichend qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, die wir aber dringend brauchen.
Frage: Wie wollen Sie eigentlich für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb werben? Gerade nach der Veröffentlichung des Wahlprogramms von CDU und CSU haben Sie die darin enthaltenen Wohltaten ausdrücklich unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.
RÖSLER: Ich bleibe dabei: Stabile Haushalte gibt es nur mit der FDP. Jeder kann erkennen: Wir sind auf gutem Wege, was die Stabilisierung der Eurozone anbelangt. Die Menschen fragen sich aber in zunehmendem Maße, zu welchem Preis das geschieht. Wir Liberale wollen um jeden Preis eine Inflation verhindern. Gerade in Deutschland ist das ein Riesen-Thema. Die Frage nach stabilem Geld und nach der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank werden wir in den Mittelpunkt der Debatte rücken. Daneben steht für uns fest: Es darf keine weitere steuerliche Belastung der Bürger geben. Was Rot-Grün in Kombination plant ist ein Generalangriff auf die Mitte unserer Gesellschaft. Eine starke Mitte gibt es nur mir einer starken FDP in dieser Koalition.
Frage: Wenn Sie schon meinen, die Union auf steuerpolitischem Kurs halten zu müssen, wäre es doch nur konsequent, auch bei Rot-Grün als Korrektiv zu wirken, wenn nach der Bundestagswahl rechnerisch nur eine Dreierkonstellation möglich wird. Müssten Sie dann nicht in eine Ampel-Koalition eintreten?
RÖSLER: Definitiv nicht. Unsere Themen und unsere Werte sind überhaupt nicht in Einklang zu bringen mit roten und grünen Auffassungen. Eine Ampel ist für uns kein Thema.
Frage: Glauben Sie der SPD und den Grünen, dass sie sich nicht von der Linken tolerieren lassen, wenn es für Rot-Grün nicht reicht?
RÖSLER: Nein, das glaube ich nicht. SPD und Grüne widerlegen ihre Aussage ja ständig selbst. In jeder Bundesratssitzung arbeiten sie immer wieder aufs Neue mit der Linken zusammen. Das ist die Bundesebene. Ich habe noch im Ohr, wie Herr Gabriel erklärte, die SPD werde auf Bundesebene niemals mit der Linken gemeinsame Sache machen. Genau das tun sie, denn allein haben SPD und Grüne in der Länderkammer keine Mehrheit. Abgesehen davon sind die Avancen der Linken gegenüber der SPD unübersehbar. Ich warne
davor: Am Ende wählen SPD und Grüne das Modell Nordrhein-Westfalen. Sie werden sich dulden lassen, eine gewisse Zeit ins Land gehen lassen und dann Neuwahlen anstreben.
Frage: SPD und Grüne stellen die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt. Es dürfte schwer sein, dagegen zu argumentieren.
RÖSLER: Ich freue mich auf jede Gerechtigkeitsdebatte. Rot und Grün sprechen von Umverteilung, wenn sie Gerechtigkeit meinen. Ich spreche von Leistungsgerechtigkeit und Chancengerechtigkeit. Dazu gehört, dass sich Leistungsbereitschaft und -fähigkeit für die Menschen auch auszahlt. Es macht keinen Sinn, den Menschen über Steuern und Abgaben ihr Geld aus der Tasche zu ziehen, um es dann in mehr oder minder guten Programmen wieder auszugeben. Das hat noch nie funktioniert.
Frage: Graut Ihnen vor den kommenden Wahlkampf-Wochen?
RÖSLER: Nein, im Gegenteil: Ich freue mich darauf.
Frage: Und wenn es für Schwarz-Gelb reichen sollte, möchten Sie Wirtschaftsminister bleiben?
RÖSLER: Erst einmal geht es darum, dass es für Schwarz-Gelb reicht. Darauf konzentrieren wir uns.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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