30.12.2013 13:04 Uhr in Energie & Umwelt von Universität Wien
Neue Klimamodelle zeigen: Gletscher werden dramatisch zurückgehen, Georisiken zunehmen
Kurzfassung: Neue Klimamodelle zeigen: Gletscher werden dramatisch zurückgehen, Georisiken zunehmenAn dem CIRCLE-2 MOUNTain Projekt (Climate Impact Research Response Coordination for a Larger Europe) sind Wissen ...
[Universität Wien - 30.12.2013] Neue Klimamodelle zeigen: Gletscher werden dramatisch zurückgehen, Georisiken zunehmen
An dem CIRCLE-2 MOUNTain Projekt (Climate Impact Research
Response Coordination for a Larger Europe) sind WissenschafterInnen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, der Tschechischen Republik, Schweden, Kirgisien, Kasachstan, Usbekistan und den USA beteiligt.
"Ziel war es, das für den Alpenraum erfolgreich durchgeführte Downscaling-Verfahren für einzelne Regionen Zentralasiens anwendbar zu machen", erläutert Wolfgang Schöner, Projektpartner an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. Das Problem dabei war, dass in Kirgisien nur sehr eingeschränkt Zeitreihen von Niederschlags- und Lufttemperaturdaten zur Verfügung stehen. Auf Basis von globalen Analysedaten (1948-2012) und globalen Modelldaten (2001-2050) wurden statistische Downscaling-Methoden angewendet, um lokale Klimainformationen an ausgewählten meteorologischen Stationen zu berechnen.
Mit den so gewonnenen Klimadaten wurde ein glazial-hydrologisches Modell erstellt. "Mit dieser Datenbasis gelang es uns, die zukünftige Gletscherentwicklung anhand mehrerer Szenarien bis zum Jahr 2050 zu modellieren", erklärt Hermann Häusler vom Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien und Leiter des zweijährigen Forschungsprojekts. Mit den so gewonnenen Erkenntnissen ließ sich das zukünftige Gletscherverhalten und die damit verbundenen Prozesse und Risiken beurteilen. "Wir haben Vorschläge zur Reduzierung der durch die geologischen Veränderungen bedingten Risiken erarbeitet und diese mit den Betroffenen vor Ort diskutiert", so Diethard Leber, Post-Doc im Team von Hermann Häusler.
Von der Gefahr von Gletscherseen
Durch das zunehmende Schwinden der Gletscher im 21. Jahrhundert wird nach und nach Fläche eisfrei. Das wird zu erheblichen Umgestaltungen des Gletschervorfeldes führen. In übertieften Gletschersenken werden sich neue Gebirgsseen bilden, was das potentielle Risiko von Naturgefahren erheblich erhöhen wird. Eisabschmelzung werden Bergflanken, aber auch Hangfußlagen destabilisieren. Wenn riesige Geröll- und Gesteinsmassen in die nach dem Abschmelzen gebildeten Seen stürzen, können Flutwellen ausgelöst werden, die im darunterliegenden Tal zu enormen Zerstörungen führen können.
Von galoppierenden Gletschern und ausbrechenden Seen
In Zentralasien überwiegt generell ein Abschmelzen der Gletscher. Eine Ausnahme bildet das zentrale Tien-Shan-Gebirge in Kirgisien. Dort stoßen seit Jahrzehnten Gletscher immer wieder kilometerweit vor. Wieso das so ist, bleibt nach wie vor ein ungelöstes Rätsel. Im bis 7.000 m hoch gelegenen Projektgebiet im Grenzbereich Kirgisien - China - Kasachstan sind mehrfach "glacial surges", also ganz rasche Gletschervorstöße aufgetreten, die in der Literatur auch als "galoppierende Gletscher" beschrieben werden. Der jüngste "surge" erfolgte 1996 im nördlichen Inylchek-Tal.
Zeitreihenanalysen von Stereo-Luftbildern seit den 1940er-Jahren und Satellitenbilder bis zur Millenniumswende belegen zuerst ein Abschmelzen des nördlichen Inylchek-Gletschers, wodurch sich ein Gletschersee bis zu einer Länge von vier Kilometern ausbildete. Im Spätherbst des Jahres 1996 kam es zu einem über drei Kilometer weiten Vorstoß des Gletschers mit Geschwindigkeiten von bis zu 40 m pro Tag. Das vom Gletscher verdrängte Wasser hat schließlich einen tiefer gelegenen Talbereich überflutet.
"Es wäre interessant, die Ursachen derartiger rascher Gletschervorstöße weiter zu untersuchen, da sie in Zeiten der globalen Klimaerwärmung einen regional gegenläufigen Trend des Gletscherverhaltens anzeigen und die damit verbundenen Gletscherseeausbrüche ein erhöhtes Gefährdungspotential darstellen", erklärt Hermann Häusler.
Frühwarnsystem in Kirgisien
Die europäischen WissenschafterInnen sind in ständigem Informationsaustausch mit ihren KollegInnen vor Ort. Dort wird ein Frühwarnsystem eingerichtet, und es werden Folgestudien gemäß den Anforderungen des kirgisischen Katastrophenschutzministeriums implementiert.
Projektdaten
Ende 2013 wurde das durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geförderte, zweijährige Projekt erfolgreich abgeschlossen. Lead-Partner des transnationalen FP7 ERA-NET Projektes "Impact of climate change and related glacier hazards and mitigation strategies in the European Alps, Swedish Lapland and the Tien-Shan Mountains, Central Asia" war die Universität Wien unter Leitung von Hermann Häusler und Diethard Leber vom Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien.
Wissenschaftlicher Kontakt
Ao. Univ.-Prof. Dr. Hermann Häusler
Department für Umweltgeowissenschaften
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14 (UZA II)
T +43-1-4277-534 07
hermann.haeusler@univie.ac.at
Rückfragehinweis
Mag. Veronika Schallhart
Pressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
1090 Wien, Universitätsring 1
T +43-1-4277-175 30
M +43-664-602 77-175 30
veronika.schallhart@univie.ac.at
An dem CIRCLE-2 MOUNTain Projekt (Climate Impact Research
Response Coordination for a Larger Europe) sind WissenschafterInnen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, der Tschechischen Republik, Schweden, Kirgisien, Kasachstan, Usbekistan und den USA beteiligt.
"Ziel war es, das für den Alpenraum erfolgreich durchgeführte Downscaling-Verfahren für einzelne Regionen Zentralasiens anwendbar zu machen", erläutert Wolfgang Schöner, Projektpartner an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. Das Problem dabei war, dass in Kirgisien nur sehr eingeschränkt Zeitreihen von Niederschlags- und Lufttemperaturdaten zur Verfügung stehen. Auf Basis von globalen Analysedaten (1948-2012) und globalen Modelldaten (2001-2050) wurden statistische Downscaling-Methoden angewendet, um lokale Klimainformationen an ausgewählten meteorologischen Stationen zu berechnen.
Mit den so gewonnenen Klimadaten wurde ein glazial-hydrologisches Modell erstellt. "Mit dieser Datenbasis gelang es uns, die zukünftige Gletscherentwicklung anhand mehrerer Szenarien bis zum Jahr 2050 zu modellieren", erklärt Hermann Häusler vom Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien und Leiter des zweijährigen Forschungsprojekts. Mit den so gewonnenen Erkenntnissen ließ sich das zukünftige Gletscherverhalten und die damit verbundenen Prozesse und Risiken beurteilen. "Wir haben Vorschläge zur Reduzierung der durch die geologischen Veränderungen bedingten Risiken erarbeitet und diese mit den Betroffenen vor Ort diskutiert", so Diethard Leber, Post-Doc im Team von Hermann Häusler.
Von der Gefahr von Gletscherseen
Durch das zunehmende Schwinden der Gletscher im 21. Jahrhundert wird nach und nach Fläche eisfrei. Das wird zu erheblichen Umgestaltungen des Gletschervorfeldes führen. In übertieften Gletschersenken werden sich neue Gebirgsseen bilden, was das potentielle Risiko von Naturgefahren erheblich erhöhen wird. Eisabschmelzung werden Bergflanken, aber auch Hangfußlagen destabilisieren. Wenn riesige Geröll- und Gesteinsmassen in die nach dem Abschmelzen gebildeten Seen stürzen, können Flutwellen ausgelöst werden, die im darunterliegenden Tal zu enormen Zerstörungen führen können.
Von galoppierenden Gletschern und ausbrechenden Seen
In Zentralasien überwiegt generell ein Abschmelzen der Gletscher. Eine Ausnahme bildet das zentrale Tien-Shan-Gebirge in Kirgisien. Dort stoßen seit Jahrzehnten Gletscher immer wieder kilometerweit vor. Wieso das so ist, bleibt nach wie vor ein ungelöstes Rätsel. Im bis 7.000 m hoch gelegenen Projektgebiet im Grenzbereich Kirgisien - China - Kasachstan sind mehrfach "glacial surges", also ganz rasche Gletschervorstöße aufgetreten, die in der Literatur auch als "galoppierende Gletscher" beschrieben werden. Der jüngste "surge" erfolgte 1996 im nördlichen Inylchek-Tal.
Zeitreihenanalysen von Stereo-Luftbildern seit den 1940er-Jahren und Satellitenbilder bis zur Millenniumswende belegen zuerst ein Abschmelzen des nördlichen Inylchek-Gletschers, wodurch sich ein Gletschersee bis zu einer Länge von vier Kilometern ausbildete. Im Spätherbst des Jahres 1996 kam es zu einem über drei Kilometer weiten Vorstoß des Gletschers mit Geschwindigkeiten von bis zu 40 m pro Tag. Das vom Gletscher verdrängte Wasser hat schließlich einen tiefer gelegenen Talbereich überflutet.
"Es wäre interessant, die Ursachen derartiger rascher Gletschervorstöße weiter zu untersuchen, da sie in Zeiten der globalen Klimaerwärmung einen regional gegenläufigen Trend des Gletscherverhaltens anzeigen und die damit verbundenen Gletscherseeausbrüche ein erhöhtes Gefährdungspotential darstellen", erklärt Hermann Häusler.
Frühwarnsystem in Kirgisien
Die europäischen WissenschafterInnen sind in ständigem Informationsaustausch mit ihren KollegInnen vor Ort. Dort wird ein Frühwarnsystem eingerichtet, und es werden Folgestudien gemäß den Anforderungen des kirgisischen Katastrophenschutzministeriums implementiert.
Projektdaten
Ende 2013 wurde das durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geförderte, zweijährige Projekt erfolgreich abgeschlossen. Lead-Partner des transnationalen FP7 ERA-NET Projektes "Impact of climate change and related glacier hazards and mitigation strategies in the European Alps, Swedish Lapland and the Tien-Shan Mountains, Central Asia" war die Universität Wien unter Leitung von Hermann Häusler und Diethard Leber vom Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien.
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