03.10.2011 10:41 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Bayernpartei

Euro-Rettungsfonds: Vom Umgang mit Abweichlern

Bayernpartei kritisiert undemokratisches Verhalten im Bundestag
Kurzfassung: Die Bayernpartei kritisiert den Umgang mit denjenigen Bundestagsabgeordneten der Koalition, die gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms gestimmt haben. Dies sei ein Angriff auf die parlamentarische Demokratie und auf die Unabhängigkeit des Mandats.
[Bayernpartei - 03.10.2011] Da hat der Bundestag mit überbreiter Mehrheit ein Gesetz über den Rettungsfonds verabschiedet, das in der Bevölkerung weit umstrittener ist als unter den Parlamentariern. In Ordnung, es passiert in einer repräsentativen Demokratie nun einmal, dass Bürgerwille und Politikerwille auseinanderfallen.

Die Bayernpartei hat nie einen Zweifel daran gelassen, was sie vom aktuell verabschiedeten europäischen Umverteilungsmechanismus hält. Es ist aber derzeit nicht unsere Aufgabe, das mitzuentscheiden.

Der Kabarettist Django Asül hat es auf folgenden Nenner gebracht: "Demokratie ist, wenn Merkel für alle entscheidet."

Zur Entscheidung berufen war aber der Deutsche Bundestag, genauer gesagt dessen Abgeordnete. Wenn man sich das unwürdige Schauspiel um die Abweichler aus der Koalition anschaut, dann muss man sich aber fragen, welche Rolle diesen "gewählten Vertretern des Volkes" überhaupt noch zugedacht ist.

Wir meinen jetzt nicht den mittlerweilen kultverdächtigen Spruch Ronald Pofallas, der angeblich Wolfgang Bosbachs "Fresse nicht mehr sehen" kann. Das mag man vielleicht noch als Ausrutscher oder gar als erfrischende Ehrlichkeit in einem von diplomatischen Floskeln geprägten Politikalltag ansehen.

Ein viel größerer Skandal ist der Umgang mit den "Abweichlern", die ihr Stimmverhalten im Bundestag erklärt haben. Bundestagspräsident Norbert Lammert musste sich ernsthaft dafür verteidigen, dass er ihnen das Rederecht eingeräumt hat. Auch außerhalb philologischer Fakultäten dürfte bekannt sein, dass ein Parlament dem Wortsinne nach ein Ort ist, an dem geredet wird. Wie kann man einem Abgeordneten da verwehren, dass er seinen Kollegen und auch seinen Wählern erläutern will, warum er anders abgestimmt hat als die Partei, der er seine Wahl zu verdanken hat?

Natürlich, er könnte seine Position auch auf seiner Homepage darlegen, eine Pressemitteilung herausgeben oder sich sonst über die Medien erklären. Dann können wir uns das "Hohe Haus" in Berlin aber auch ganz sparen und die Fraktionsvorsitzenden geben das aus den Parteizentralen diktierte Abstimmungsverhalten per Telefon durch. Wenn so ein nerviger, querulatorischer Abgeordneter mit eigener Meinung eine ohnehin nicht ins Gewicht fallende Gegenstimme abgeben will, wird er das schon irgendwie kommunizieren.

Wenn aus dieser Episode des bundesdeutschen Parlamentarismus eine Lehre bleibt, dann ist es diejenige, dass man sich auch im höchsten politischen Gremium besser der Führungsspitze der Partei unterordnet.

Artikel 38 Abs. 1 des Grundgesetzes legt übrigens fest: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages (...) sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Es ist eine bittere Stunde der Demokratie, dass Django Asüls satirischer Spruch sehr viel näher an der Realität ist als die Verfassung.
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